Heiligenhaus. Viele Jahre Rätselraten um das Haus Selbeck in Heiligenhaus, nun wurde der Neubau zwangsversteigert. Stadt erhielt den Zuschlag und hat das vor.

Für einen neutralen Beobachter war es relativ unspektakulär, was sich am Montagmorgen im Saal 3 des Amtsgerichts Velbert ereignet hat: Die Zwangsversteigerung des Neubaus Haus Selbeck an der Rügenstraße stand an, einige Zuschauerinnen und Zuschauer waren gekommen, Anwohner wie auch mögliche Bieter. Am Ende konnte die Stadt das Gebäude relativ unspektakulär für 4,6 Millionen Euro erwerben – doch wer die Geschichte dahinter kennt, dem stockte einige Male der Atem.

Eine leidige Geschichte könnte nun ein Ende haben: Der einst als Beatmungs-WG für Kinder und Jugendliche gedachte Neubau im Wohngebiet Grün-Selbeck ist nun im Besitz der Stadt Heiligenhaus. 4,6 Millionen Euro bot Kämmerer Björn Kerkmann – und erhielt nach 30 Minuten Bietzeit den Zuschlag. Doch bis zum dritten Mal das Gebot verkündet wurde, schauten die Rechtspflegerin, die Stadt und auch die Kreissparkasse Düsseldorf als Gläubiger mehrfach ins Publikum.

Ehemaliger Eigentümer der Heiligenhauser Immobilie auch vor Ort

Dort saß nämlich auch Eigentümer Bernd Franke, gemeinsam mit Ehefrau Anna, die 2017 noch große Pläne hatten mit dem Haus Selbeck; und auch 2021 verkündete Franke gegenüber unserer Zeitung, dass er bald plane, die Beatmungs-WG an den Start zu bringen. Wie er das machen wollte, bleibt ein Rätsel – wie hoch das Haus schon da verschuldet war, las Rechtspflegerin Pudill zu Beginn der Zwangsversteigerung vor.

Haus 1 und die Tiefgarage sind zu 97 Prozent, Haus 2 nur zu 87 Prozent fertiggestellt.
Haus 1 und die Tiefgarage sind zu 97 Prozent, Haus 2 nur zu 87 Prozent fertiggestellt. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Zu den drei Millionen Grundschuld gegenüber der Kreissparkasse kamen weitere 4,3 Millionen, dann weitere zwei Millionen dazu. Knapp 200.000 Euro belaufen sich jeweils Bauhandwerkersicherheitshypotheken für ein Velberter und ein Wuppertaler Unternehmen. Hier noch 1800 Euro, dort 27.000 Euro, insgesamt verliest die Rechtspflegerin acht Posten. Dass der Eigentümer auch vor Ort sei, darauf wies die Kreissparkasse die Rechtspflegerin hin, „aber er will sich offensichtlich nicht äußern“, blickt diese ins Publikum und schaute auf die nebeneinandersitzenden Frankes. Diese reagierten nicht.

Was die Stadt Heiligenhaus mit dem Haus Selbeck vor hat

So ging es also um 9.49 Uhr mit der offiziellen Versteigerung los, 30 Minuten hatten von da an alle Anwesenden Zeit, ihr Gebot abzugeben. Souverän führte die Rechtspflegerin durch das Verfahren („Das Wetter ist schön, verzichten Sie also auf Spielchen, Ihr Gebot erst kurz vor Ende der Bietzeit abzugeben, sonst sitzen wir hier alle ewig“). Mit 4,6 Millionen Euro gab Kämmerer Kerkmann für die Stadt dann das erste Gebot ab; es sollte das Einzige bleiben. Immer mal wieder schauten die Anwesenden auch auf Franke, der dort im intensiven Austausch mit Frank Behrendt, Geschäftsführer des Domizil Wohlfühlens, war.

Somit ist die Stadt nun Eigentümerin. Was damit nun geschehen soll? „Zunächst ist es städtebaulich wichtig, dass dieser Schandfleck Geschichte ist. So ein leerstehendes Gebäude in einem Neubaugebiet ist einfach nicht schön“, berichtet Björn Kerkmann. „Ich bin froh, dass dieses Kapitel nach Jahren nun geschlossen werden kann.“ Nun werde die Stadt prüfen, wie das Gebäude genutzt wird. So gebe es mehrere Interessenten, „wir können uns hier ein integratives Quartier vorstellen mit einer Mischnutzung.“ Wichtig, betont Kerkmann, sei, die Politik miteinzubinden und eine „bestmögliche Akzeptanz der Anwohnerschaft“ zu erreichen.

„Wir müssen aber auch unserer Pflicht nachkommen“, ergänzt Kerkmann direkt in dem Zusammenhang, „ja, ein Teil wird sicher auch für Wohnen für Geflüchtete genutzt werden.“ Anwohner hatten sich im Frühjahr an die örtlichen Medien gewandt; sie stehen dieser Option skeptisch gegenüber. Die Stadt hat das Gebäude im Übrigen lastenfrei erworben – heißt, alle Gläubiger gehen leer aus.

>>> Hintergründe

  • Bei dem Haus Selbeck an der Rügenstraße 1-3 handelt es sich um zwei Häuser mit Tiefgarage mit 25 Stellplätzen. Die Appartements sind jeweils um die 30 Quadratmeter groß mit Bad. Es gibt einen Eingangsbereich mit Empfang, Raum für eine Cafeteria, Gemeinschaftsküchen in jeder Etage, zwei Besucherappartements, Sanitäranlagen in jeder Etage, gemeinschaftliches Pflegebad in jedem Haus.
  • Baubeginn war 2017. Haus 1 und die Tiefgarage sind mit 97 Prozent weitestgehend fertiggestellt, Haus 2 bedarf noch der Fertigstellung (ca. zu 87 Prozent fertig). Eine Baugenehmigung muss neu beantragt werden. Laut Gutachten hat das Haus einen marktangepassten Sachwert von 7.976.000 Euro minus Wertminderung wegen noch zu erbringender Fertigstellung von 1.283.000 Euro und entspricht einem Verkehrswert in Höhe von 6.693.000 Euro.