Heiligenhaus. Nicht nur im Ruhrgebiet, auch in Heiligenhaus: Die Nachfrage nach Pachtgärten ist extrem angestiegen, so auch beim Kleingartenverein Gohr e.V.
Ein kleines Mädchen vergräbt mit erdverschmierten Händen eine Kartoffel im Beet, während die Oma glücklich lächelnd daneben steht, ein Hund döst in der Sonne, im Teich quaken die Frösche, über den Jägerzaun hinweg unterhalten sich zwei Rentner, von weitem ertönt aus der einen Ecke ein Rasenmäher, aus der anderen die Liga Live-Fußballkonferenz auf WDR 2: So in etwa könnte sich ein Samstagnachmittag auch in der Kleingartenanlage Gohr direkt am Panoramaradweg zutragen. Eine Idylle, die von manchen als Spießbürgertum angesehen wird.
Regeln und Vorschriften
„Es ist einfach schön, hierher zu kommen ins Grüne, die Menschen zu treffen, zu quatschen, Feste miteinander zu feiern“, schwärmt dagegen Marcel Lysien. Mit gerade mal 22 Jahren ist der angehende Immobilienkaufmann seit vier Jahren Vorsitzender des Vereins: „Natürlich gibt es hier Regeln und Vorgaben, an die man sich halten muss, schließlich leben hier auf 92 Parzellen die Menschen Zaun an Zaun eng beieinander und ein Kleingarten soll natürlich vor allem Erholung bringen.“
Normalerweise nur geringe Nachfrage
Normalerweise gibt es nur vereinzelte Anfragen nach einem freien Garten, seit Beginn der Corona-Pandemie waren es bereits rund 30. „Wir haben tatsächlich Gärten, die frei geworden sind oder frei werden, aber zur Zeit des Lockdowns gab es ja gar nicht die Möglichkeit zusammenkommen, die Anlage zu zeigen oder Verträge zu schließen“ bedauert es Marcel Lysien, „jetzt mit den Lockerungen konnten wir das alles nachholen und sind gerade bei der Neuverpachtung von vier Gärten.“
Interessenten springen ab
Im Hinblick auf die riesige Nachfrage hört sich das erstmal so an, als sei die Chance auf eine der zwischen 250 und 500 qm Flächen nahezu chancenlos. Dem sei aber nicht so, weiß Marcel Lysien. „Man muss davon ausgehen, dass Leute wieder abspringen. Viele denken gar nicht daran, dass eine Abstandssumme von etwa 2000 bis 3500 Euro gezahlt werden muss, die Pacht kostet jährlich zwischen 250 und 500 Euro. Manchen gefällt dann genau die eine freie Parzelle nicht oder es passt einfach nicht mit den unmittelbaren Nachbarn.“
Tiere sind erlaubt, Kinder willkommen
Dazu kommen feste Modalitäten: Pächter müssen dem Verein beitreten, Spielgeräte wie fest installierte Klettergerüste oder große Swimmingpools dürfen nicht aufgebaut werden, der Garten muss zu ähnlichen Teilen in Rasenfläche, Obst-, Gemüse- oder Blumenbeetfläche und Bebauung aufgeteilt sein, es gibt klare Ruhezeiten.
Allerdings: Tiere sind erlaubt und Kinder willkommen und erwünscht. „Wir achten bei der Verpachtung von Parzellen sehr genau darauf, dass das auch wirklich passt. Wir haben zum Beispiel einen Bereich, der nur an Rentner verpachtet ist und wir packen auch nicht zwei Hundebesitzer direkt nebeneinander. Bislang leben wir hier alle problemlos zusammen“, freut sich der Vorsitzende, der mit 22 Jahren mit Abstand jüngstes Vereinsmitglied ist.
Anlage im Verjüngungsprozess
Der größte Teil der derzeit 111 Mitglieder ist ab 40 Jahren aufwärts. Allerdings, so betont es Marcel Lysien, befände sich der Verein im stetigen Verjüngungsprozess, zudem der engagierte junge Mann nicht nur durch sein Alter kräftig beisteuert. „Ich versuche alles ein wenig zu modernisieren, wir haben jetzt fast alles digitalisiert und das Vereinsheim möchte ich auch unbedingt ansprechender gestalten. Wir freuen uns sehr über Anfragen junger Familien.“