Heiligenhaus. Sozialkompetenz stärken, Gefühle kennen lernen, sich gegen Mobbing wehren: Ein Projekt bringt Heiligenhauser Schülern das bei und noch viel mehr.

Konzentriert schauen die Achtklässler auf die Bühne, dann auf die Übersichtsbögen auf ihren Beinen. Stifte schreiben, es wird gemurmelt. Die Aufgabe, die die Heiligenhauser Gesamtschüler zu bewältigen haben, ist gar nicht so einfach: Während ein Klassenkamerad auf der Bühne ein Gefühl pantomimisch darstellt, muss der Rest der Klasse raten, um welches es sich wohl handelt.

Langsam geht ein Junge ein paar Meter, dreht sich dabei immer wieder um und schaut über die Schulter: „Ich habe misstrauisch angekreuzt“, meldet sich ein Mitschüler nach Beendigung der kleinen Vorführung – aber das ist leider falsch. „Ich hatte mir „ängstlich“ ausgesucht“, klärt der Vorführende auf, und erntet dafür auch viel positive Kommentare: Gut die Hälfte der momentanen Zuschauer hat erkannt, was er meinte.

Deeskalationstraining soll soziale Kompetenzen stärken

Erkan Öztürk ist Anti-Gewalt-Trainer und Erzieher und ist mit viel Begeisterung dabei, wenn es darum geht, Kindern Sozialkompetenzen zu vermitteln.
Erkan Öztürk ist Anti-Gewalt-Trainer und Erzieher und ist mit viel Begeisterung dabei, wenn es darum geht, Kindern Sozialkompetenzen zu vermitteln. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Angeleitet werden die Achtklässler von Anti-Gewalt-Trainer und Erzieher Erkan Öztürk, der das dreitägige Training gemeinsam mit seiner Kollegin Denitsa Koleva leitet. „Wir machen Kooperationsübungen, Vertrauensübungen und Übungen zur Deeskalation von brenzligen Situationen“, erklärt Öztürk, der vom Zentrum für Konfrontative Pädagogik von Andreas Sandvoß in Mühlheim kommt. „Besonders gut angekommen ist zum Beispiel eine Übung, bei der in der Mitte des Raumes ein Seil gespannt wird. Aufgabe der Jugendlichen ist es, als Gruppe das Seil zu überwinden. Sobald es einer berührt, müssen alle wieder zurück und von vorne beginnen.“ Sich helfen, einen gemeinsamen Plan entwickeln – das ist zwingend notwendig, um Erfolg zu haben. „Die Schüler haben Bock, ein Team zu werden, lernen aber auch ihre eigenen Grenzen besser kennen“, freut sich Öztürk über Fortschritte.

Visuelle Darstellung von Gefühlen ist für Teenager eine echte Herausforderung

Im Moment werden noch weitere Gefühle dargestellt: Titus geht „einsam“ durch den Raum, mit übergestülpter Kapuze und den Händen in den Taschen, Simon führt mit entsprechender Miene vor, wie „eklig“ das nicht vorhandene Etwas vor ihm ist. „In diesem Alter ist es eine große Leistung, Gefühle vor einer Gruppe darzustellen“ honoriert Schul-Sozialpädagoge Martin Rogge die Leistung der Schüler.

Allen weiterführenden Schulen wurde die Teilnahme an diesem Projekt vom Fachbereich Jugend der Stadt Heiligenhaus vorgeschlagen, wie Melanie Rohde erklärt: „Wir konnten dafür Projektgelder des LVR, des Landschaftsverbands Rheinland, abrufen, es geht um Wertevermittlung, Demokratiebildung und Prävention sozialisierter Gewalt. Für die Mädchen der teilnehmenden Klasse gibt es in dem dreitägigen Projekt auch noch ein separates Selbstbehauptungstraining“. Auch die Heiligenhauser Realschule hat bereits an dem Projekt teilgenommen. „Wir streben an, zukünftig auch eine größere Veranstaltung zu diesem Themenkomplex auf die Beine zu stellen, an der Fachkräfte teilnehmen können“, blickt Melanie Rohde in die Zukunft. Froh ist sie darüber, dass die Trainings aber schon in diesem Jahr „genau da ankommen, wo sie sollen“ – die Jugendlichen werden gestärkt und können sich hoffentlich auf Gefühle wie „stark“ und „glücklich“ konzentrieren. https://www.waz.de/staedte/velbert/article227940649.ece