Heiligenhaus. . Drei Referenten sagten Moderator Peter Ihle ab. Daher sprach er dann über die Entwicklung der Heiligenhauser Schlossindustrie – mit Erfolg.
Peter Ihle staunte, dass bei Dauerregen und Sturm so viele Besucher wie noch nie ins VHS-Erzählcafé kamen. „Ich hatte für den heutigen Tag drei Personen, die gerne was erzählen wollten, aber dann waren sie doch nicht bereit. Also habe ich gedacht, ich trage was vor zum Thema der Entwicklung der Heiligenhauser Schlossindustrie nach Fertigstellung der Reichsbahnstrecke Wupper-Ruhr.“
Doch bevor der ehemalige Heiligenhauser Bürgermeister auf die Bahn zu sprechen kam, ging er ins Mittelalter zurück, als die Mönche des Klosters in Werden die Gegend um Heiligenhaus beschrieben. „Es passierte so gut wie nix, viel Wald, und jeder Bauernhof hatte viele Kinder, die kriegten alle einen Kotten. Die wurden schließlich so klein, das man davon nicht leben konnte. Also legte man sich Webstühle zu und machte Stoffe. 1888 verschwand der letzte Weber, die gingen nach Kettwig oder Elberfeld.“
Weitverbreitete Annahme ist falsch
Ihle erzählte weiter vom bergischen Kellner in Angermund, also dem Wirtschaftsverwalter, der dem Kurfürsten Jan Wellem riet, die Landwehr in Heiligenhaus an Interessenten stückweise in Erbpacht zu veräußern. Es siedelten sich Metallarbeiter von außerhalb an, vornehmlich aus dem Norden sowie Baden und Württemberg. „Es stimmt also nicht, dass nur in Kotten nebenher Schlösser gefertigt wurden“, rückte Ihle eine weit verbreitete Annahme zurecht.
Es wurde nach Bodenschätzen – etwa Bleierze, Brauneisen, Alaun oder Kohle – gegraben, aber sie waren nicht so ergiebig wie erhofft. Im 19. Jahrhundert wurden immer mehr Betriebe gegründet. Peter Ihle zählte viele Namen auf; Firmen, die man heute noch kennt und solche, die selbst heimatgeschichtlich interessierten Heiligenhausern nichts mehr sagen. „Einer der bekanntesten ist Kiekert, 1857 von Arnold Kiekert mit vier Gesellen gegründet, die zunächst nur Möbelbeschläge herstellten. Später rüstete ,AKS’ fast alle deutschen Reisezugwaggons mit Schlössern und Beschlägen aus, ebenso Luxushotels oder die Nationalbank von Kopenhagen.“
Schlechte Verkehrsanbindung war ein großes Problem
Mit der Dampfmaschine begann die industrielle Produktion, wobei Ihle nicht sagen konnte, ob die erste bei der Firma Ruhrmann oder Strenger in Betrieb genommen wurde. Ein großes Problem für die Heiligenhauser Wirtschaft war die schlechte Verkehrsanbindung. Velbert hatte bereits 1889 seinen Bahnanschluss nach Wuppertal-Vohwinkel. „Die Vertreter fuhren nur bis dort und kauften dann nur bei Velberter Herstellern.“
Große Bedeutung für Heiligenhaus hatte die Trennung von Velbert. „Die Velberter hatten sich mit dem Bau ihres Rathauses übernommen und wollten Heiligenhaus abstoßen“, beschrieb Ihle den Grund für die Abspaltung, die zum 1. April 1897 vollzogen wurde. „Bis dahin wurden alle Heiligenhauser Schlösser und Beschläge als Velberter Erzeugnisse vermarktet.“
Ihle verwies darauf, dass die Heiligenhauser Firmen ihren Wohlstand dem Umstand verdanken, dass man sich den Wünschen der Architekten und Schreiner angepasst hatte.
>> UNTERNEHMEN BEZAHLTEN DEN BAHNANSCHLUSS
- 29 Jahre dauerte es, bis die Staatsbahnlinie von Vohwinkel bis an die Ruhr fertiggestellt wurde.
- Im Ersten Weltkrieg wurde der Bau von Velbert nach Kettwig ganz eingestellt. In den 20er Jahren hatte die neugegründete Reichsbahn kein Geld zum Weiterbau.
- Der Heiligenhauser Bürgermeister Ludwig Scheiper setzte sich für den Weiterbau ein, die fehlenden Mittel für die Vollendung der Strecke kamen von Heiligenhauser Unternehmen.