Hattingen. Ein Lieferantenwechsel bei ihrer Krankenkasse stellte Nicole Beinhoff vor große Probleme: Ihr vierjähriger Sohn braucht aufgrund einer Krankheit Spezialwindeln. Der neue Anbieter hat jedoch nur Erwachsenen-Windeln im Programm - und machte der Mutter einen merkwürdigen Vorschlag.

Ostereier wird Lukas völlig unbeschwert suchen können. Vom Hickhack der vergangenen Wochen, die für seine Mutter sehr belastend waren, hat der Vierjährige nichts mitbekommen. Er spielt begeistert, macht Dinge, die Kinder seines Alters tun, sitzt gern auch vor seinem Aquarium und sieht den Fischen zu und ist ganz Kind – wie es sein sollte. Bis auf eine Einschränkung, die eine Krankheit macht: Der Junge muss noch Spezial-Windeln tragen. Die musste sich seine Mutter zuletzt selbst besorgen, weil der Lieferant der Krankenkasse gewechselt hat.

Lukas braucht zehn Windeln am Tag

Vier Liter trinkt der Vierjährige am Tag. Eine Menge Flüssigkeit, die den Körper wieder verlassen muss. In der Kita wird der junge Mann, der es von Körpergröße und Gewicht mit einem kleinen Grundschüler aufnehmen kann, immer wieder erinnert und zum Gang auf die Toilette angehalten. Ist er vertieft ins Spiel, vergisst er das auch schon mal. Und irgendwann muss auch Zeit sein zum Kindsein, sagt seine Mutter Nicole Beinhoff.

Zehn Windeln braucht sie am Tag, allein nachts drei. Muss ihren Schlaf mehrmals unterbrechen. Inzwischen kann sie wieder lachen. „Vier Pakete sind per Express eingetroffen“ am Mittwoch, wie ihr Bezirksgeschäftsführer Markus Wystub von der Barmer Ersatzkasse versprochen hat. Vorher aber war Hängen im Schacht und Stress.

Die 31-Jährige weiß sich zu helfen, setzt sich ein, hakt nach, fordert, was ihr ­angemessen scheint. Und die Lieferung des neuen BEK-Vertragspartners erfüllte ihrer Ansicht nach die Voraussetzungen nicht.

Ungewöhnlicher Vorschlag des Windel-Lieferanten

Deshalb macht sie das Problem öffentlich – „weil auch andere es haben“. Und damit vielleicht nicht so gut zurechtkommen wie die Hattingerin, die in der Reha-Klinik arbeitet und auch dort Hilfe bekam.

Der neue Anbieter hatte nur Produkte für Erwachsene im Programm. Habe empfohlen, die Sache mit Klebeband passend zu machen, so Beinhoff.

„Das geht gar nicht“, sagt auch Markus Wystub von der Barmer vor Ort. Solche Bemerkungen sind ihm auch von anderer Stelle zugetragen worden. Er hat ein offenes Ohr für Kunden, verspricht gemeinsam mit ihnen nach individuellen Lösungen zu suchen. Schließlich will die Gesundheitskasse sie behalten. Und zufriedenstellen.

Das Problem, so der Bezirksgeschäftsführer: „Die Kassen sind gehalten, Rabattverträge mit Anbietern auszuhandeln.“ Dass dieser für den Hattinger Bereich gewechselt wurde, liegt daran, dass nach den gesetzlichen Vorgaben der Vertrag neu ausgeschrieben werden musste. „Das haben wir getan.“ Ein neuer Anbieter bekam zum 1. März den Zuschlag und übernahm die Versorgung. In Nachbarstädten kann das schon wieder ganz anders aussehen.

Adäquate Versorgung müsse sicher gestellt sein

„Das dauert, bis sich das eingespielt hat“, weiß Wystub. Schickt aber hinterher: „Das kann nicht das Problem des Kunden sein.“ Auch der neue Vertragspartner sei verpflichtet, eine adäquate Versorgung sicherzustellen. Das hat er in diesem Fall jetzt getan. Da die eigene Produktpalette nichts Geeignetes für Lukas vorhält, bekommt er weiter das gewohnte, teurere Produkt, das seine Mutter sich in den letzten Wochen selbst in der Apotheke besorgt hatte. Kunden müssten, so Wystub, auch preisgünstigere Produkte testen und andere Präparate ausprobieren. Klappt es nicht, „versuchen wir es nach Möglichkeit individuell zu lösen“.