Hattingen/Essen. Eine Schülerin aus Hattingen erzählt ihrem Lehrer von sexuellen Übergriffen. Der mutmaßliche Täter ist ihr Stiefvater. Der bestreitet.
Dazu gehörte ganz viel Mut: Vor knapp anderthalb Jahren hat eine Schülerin aus Hattingen ihren Klassenlehrer um ein vertrauliches Gespräch gebeten. Was sie anschließend erzählte, war auch für den Pädagogen ein Schock. Es ging um sexuellen Missbrauch in der Familie. Seit vergangener Woche steht der Stiefvater der damals 14-Jährigen in Essen vor dem Landgericht – und bestreitet alles.
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Die Schülerin war nach den Sommerferien 2022 neu an die Schule gekommen. „Sie war offen, freundlich, respektvoll“, sagte ihr Klassenlehrer den Richtern. Auch die Noten hätten gestimmt. Die erste Englischarbeit war eine Eins-minus, die Beteiligung im Unterricht war vorbildlich. Bis zum 31. Oktober.
„Wollte sie nicht verschrecken“
Das war der Tag, als sie ihren Lehrer ins Vertrauen zog. „Ich halte es zu Hause nicht mehr aus.“ So oder so ähnlich soll sich die Schülerin damals ausgedrückt haben. Dabei soll von sexuellen Übergriffen die Rede gewesen sein, die sich immer weiter gesteigert hätten. Ins Detail sei die damals 14-Jährige aber noch nicht gegangen. „Ich habe auch nicht nachgefragt“, so der Lehrer bei seiner Zeugenaussage. „Ich wollte sie nicht verschrecken.“
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Sein Rat: Die Schülerin solle unbedingt ihre Mutter ins Vertrauen ziehen, die sich zum damaligen Zeitpunkt bereits von ihrem Partner getrennt hatte. Trotzdem wohnten beide weiterhin im selben Haus: der Angeklagte im Keller, Mutter und Tochter oben.
Selbst Anzeige erstattet
Laut Anklage soll der Stiefvater die Schülerin immer wieder unter verschiedenen Vorwänden nach unten gelockt haben. Dabei soll es zum Teil zu massiven sexuellen Übergriffen gekommen sein.
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Die 14-Jährige war wenige Wochen nach dem Gespräch mit ihrem Klassenlehrer zur Polizei gegangen. Kurz darauf war sie nicht mehr wiederzuerkennen.
Massive Fehlzeiten in der Schule
Nach Angaben ihres Lehrers kam es zu enormen Fehlzeiten – weit mehr als 200 Stunden pro Halbjahr. Und wenn sie mal da war, hat sie sich angeblich komplett zurückgezogen. „Sie hat im Sportunterricht nur noch im Geräteraum gesessen und vor sich hingedöst.“ Die Beteiligung im Unterricht sei auf „Null“ gesunken. Die Noten brachen komplett ein. „Stand heute würde sie die Schule ohne Abschluss verlassen.“ Auf dem Zeugnis würden fast nur Fünfen stehen.
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Gleichzeitig sei die Jugendliche immer gereizter und aggressiver geworden. „Beim kleinsten Anstoß ist sie sofort wütend geworden“, so ihr Lehrer. Das habe sogar zu Konflikten mit ihren Freundinnen geführt. „Die Frage, die sie immer beschäftigt hat, war: Warum passiert mir das?“
Gemeinsames Haus verlassen
Der Angeklagte hat das gemeinsame Haus in Hattingen inzwischen verlassen und wohnt in einer anderen Stadt. Zum Prozessauftakt hatte er den Richtern diesen Satz gesagt: „Es ist nichts passiert.“ Warum ihn seine Stieftochter so schwer belaste, könne er sich nicht erklären.
Der Prozess wird fortgesetzt.