Hattingen/Essen. Ein psychisch kranker Mann aus Hattingen prügelt auf seine Nachbarin ein. Jetzt wurde er am Landgericht freigesprochen. Die Gründe der Richter.
Er war kein angenehmer Mieter, das steht fest. Aus seiner Wohnung dröhnte immer wieder laute Musik. Jeden Tag kehrte der psychisch schwer kranke Mann aus Hattingen mit rund zehn Flaschen Bier zurück. Trotzdem hatte man sich offenbar irgendwie arrangiert. Bis zum Neujahrstag 2021.
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Damals war der 28-Jährige mit einem Alu-Besenstiel auf seine Nachbarin losgegangen. „Die hatte Superkräfte“, hatte er einer Psychiaterin später gesagt. Von ihr habe er sich bedroht gefühlt. „Die wollte in meine Wohnung kommen. Das geht doch nicht.“
Unverständliche Sätze
In Wahrheit hatte die Nachbarin damals ganz friedlich mit ihrer Familie zusammengesessen. Als es klopfte und sie die Tür öffnete, brabbelte der 28-Jährige unverständliche Sätze und schlug dann plötzlich zu – direkt auf die Stirn. Die Folgen: Schwellungen, Schmerzen und Angst.
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Die Staatsanwaltschaft hatte die Tat als gefährliche Körperverletzung eingestuft. Im Prozess am Essener Landgericht musste außerdem geprüft werden, ob der Angeklagte auf unbestimmte Zeit in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen werden muss – zum Schutz der Allgemeinheit. Passiert ist am Ende jedoch nichts.
„Ich hatte Angst“
Die Richter haben den 28-Jährigen freigesprochen. Er gilt wegen seiner schweren Erkrankung als komplett schuldunfähig. Für eine Unterbringung in der Psychiatrie war die Tat laut Urteil nicht „erheblich“ genug, um ihm unbefristet die Freiheit zu nehmen.
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Der Angeklagte selbst hatte sich an den Schlag mit dem Alu-Besenstiel vor Gericht nicht mehr erinnern können. „Ich hatte einfach nur Angst“, hatte er den Richtern gesagt. Tatsächlich hatte damals nicht nur die Nachbarin, sondern auch er selbst die Polizei gerufen.
„Komisches Zeug im Kopf“
In dem Hattinger Mehrfamilienhaus wohnt er heute natürlich nicht mehr. Er ist in einer Einrichtung für betreutes Wohnen untergekommen – was ihm offenbar sehr guttut. „Ich bin eigentlich überhaupt nicht aggressiv“, sagte er den Richtern. „Nur wenn ich Alkohol trinke.“ Das habe er nach einer Entgiftung nun jedoch komplett aufgegeben. Was ein Betreuer auch bestätigt hat.
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Auch die Wahnvorstellungen gehören offenbar der Vergangenheit an. „Früher war immer so komisches Zeug in meinem Kopf“, hatte der Hattinger den Richtern gesagt. „So Geister.“ Seit er Medikamente bekomme, gehe es ihm viel besser. Der 28-Jährige hatte sich sogar um Praktika bemüht. Das hatte sich allerdings jedes Mal sofort wieder erledigt. Er war offenbar nie pünktlich.
Schwerer Unfall
So richtig kommt der Angeklagte im Alltag allerdings wohl immer noch nicht klar. Der Prozess hatte eigentlich schon im Oktober vergangenen Jahres beginnen sollen, war dann jedoch bis in den Februar verschoben worden. Der 28-Jährige hatte als Fußgänger im Straßenverkehr einen schweren Unfall erlitten und sich beide Knöchel gebrochen. An normales Gehen war danach erst einmal nicht mehr zu denken.