Hattingen. Sie ist Betriebsrätin am Evangelischen Krankenhaus Hattingen – und sie will nicht „patientennah putzen“. Jetzt gibt es einen Termin vor Gericht.

Das ist kurios: Eine Reinigungskraft des Evangelischen Krankenhauses (EvK) Hattingen, die auch betriebsrätin iust, will keinen Kontakt zu Kranken haben. Jetzt ist ein Kammertermin vor dem Arbeitsgericht angesetzt.

Mit einer ungewöhnlichen Klage sieht sich das Evangelische Krankenhaus in Hattingen konfrontiert: Eine Reinigungskraft (54) fordert vor dem Arbeitsgericht Hagen, nur dort zum Putzen eingesetzt zu werden, wo keine Patienten sind (Az.: 3 Ca 1780/23). Was den Fall kompliziert macht: Sie ist auch Betriebsrätin.

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Eigentlich hätte sie Anfang nächsten Monats einen Grund zum Feiern gehabt. Jubiläum, 25 Jahre im EvK. Doch große Freude wird bei der Reinigungskraft wohl nicht aufkommen. Denn sie wurde innerhalb des Krankenhauses versetzt und soll nun dort für Sauberkeit sorgen, wo sie auch mit Kranken in Kontakt kommt. Zum Beispiel in belegten Patientenzimmern. Dagegen wehrt sich die Raumpflegerin jetzt vor Gericht, weil sie „nicht patientennah“ putzen will.

Anwalt aus Hattingen erklärt die Situation

Was zunächst eher kurios klingt, hat einen ernsten Hintergrund, erklärt ihr Anwalt aus Hattingen, der ungenannt bleiben möchte. Die häusliche Situation seiner Mandantin sei äußerst schwierig. Mehrere Familienmitglieder seien schwer krank - und das schon seit Jahren. Deshalb könne sie es psychisch nicht verkraften, nun auch noch am Arbeitsplatz mit diesem Thema belastet zu werden. Die Klägerin legt ein Attest ihres Hausarztes vor, das ihr diese Problematik bescheinigt.

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Doch wie soll das in der Praxis funktionieren? „Das wird für alle Beteiligten schwierig“, positioniert sich die Rechtsvertreterin des Evangelischen Krankenhauses beim Gütetermin vor dem Arbeitsgericht. Wo genau die Klägerin zu putzen habe, bestimme nach wie vor nur der Arbeitgeber, das sei durch sein Direktionsrecht gedeckt, heißt es von dort. „Es ist schließlich ein Krankenhaus. Und dort kann man ohne Patientenkontakt einfach nicht arbeiten.“

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Das sieht die Gegenseite ganz anders. Die Klägerin habe bereits bei ihrer Einstellung im Jahr 1999 gegenüber ihrem Arbeitgeber deutlich gemacht, dass sie ein Problem damit habe, Zimmer reinigen zu müssen, die mit Patienten belegt sind. Dies sei damals stillschweigend akzeptiert worden. 25 Jahre lang sei sie deshalb zum Saubermachen in der Eingangshalle eingesetzt worden. Nun solle das plötzlich nicht mehr so sein, „weil neue Arbeitskräfte billiger sind“, behauptet der Prozessvertreter der Klägerin.

EvK Hattingen prüft ein Entgegenkommen

Das Evangelische Krankenhaus prüft derzeit, ob man der Reinigungskraft nicht doch noch entgegenkommen könnte: Möglich wäre, sie nach Dienstschluss in der Endoskopie einzusetzen. Ihre Arbeitszeit wäre dann allerdings von 17 bis 21 Uhr. Aber auch damit hätte die Klägerin Probleme, da in ihrem Haushalt noch ein Kind lebt. Für den Anwalt scheint ohnehin klar, dass hinter der Versetzung ganz andere Gründe stecken würden: Es gebe zwei Betriebsrätinnen, die noch Altverträge hätten und dem EvK inzwischen wohl zu teuer seien. Beweisen ließe sich das aber nicht, allenfalls vermuten.

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Eine berufliche Trennung käme das Klinikum teuer zu stehen: Das monatliche Einkommen der Klägerin als Teilzeitkraft beträgt 1.200 Euro. Nach 25 Jahren Betriebszugehörigkeit wäre eine Regelabfindung von gut 15.000 Euro fällig. Als Mitglied des Betriebsrats ist die Klägerin zudem ordentlich unkündbar - wenn sie trotzdem ginge, müsste sich das obendrein auch noch finanziell für sie auszahlen, so ihr Anwalt.

Arbeitsgerichtsdirektor Jürgen Schlösser hat einen Kammertermin für den 27. März angesetzt.

+++ Ergänzung am 27. März: Der Kammer-Termin wurde kurzfristig auf den 24. April verschoben. +++