Hattingen. Hattingen hat eine neue Unterkunft für Geflüchtete. Die Bilder, wie die Menschen dort leben und warum die Stadt auf Millionen sitzen bleibt.

Bis zu 75 Geflüchtete haben in Hattingen jetzt eine neue Unterkunft. Auf den Millionenkosten bleibt die Stadt sitzen. Und kaum ist die Erweiterung eingeweiht, gilt es schon wieder, 300 weitere Wohnmöglichkeiten für Geflüchtete zu finden, denn die zentrale Unterbringung sei eigentlich nicht gewünscht, erläutert Bürgermeister Dirk Glaser.

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Die Container-Wohnanlage, die hier nach der ersten Flüchtlingswelle 2015/2016 errichtet worden war, wurde jetzt um zwei doppelstöckige Containergebäude erweitert, von denen eines bereits bezugsfertig ist. Darin gibt es in jedem der beiden Geschosse sechs Wohneinheiten mit je zwei Zimmern, in denen bis zu acht Menschen leben können. Noch einmal 16 Wohneinheiten werden in Kürze bezugsfertig sein. Die ersten 46 Menschen sind bereits in die neuen Wohncontainer an der Werksstraße eingezogen.

In Einheiten mit zwei Zimmern wohnen in der Flüchtlingsunterkunft in Hattingen bis zu acht Personen.
In Einheiten mit zwei Zimmern wohnen in der Flüchtlingsunterkunft in Hattingen bis zu acht Personen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Der Linoleumboden ist maigrün, die Wände leuchten weiß. Doppelstockbetten aus Metall, Metallspinde und zwei Kühlschränke je Zimmer - diese haben etwa 16 Quadratmeter Wohnfläche - machen die spartanische Ausstattung aus. Zwischen den beiden Zimmern der Wohneinheiten liegt die Küche sowie ein Gemeinschaftsbad. Etwa 45 Quadratmeter für acht Personen, die sich dann auch noch fremd sind, seien alles andere als luxuriös.

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Die Situation berge auch einiges an Konfliktpotential, erläutert Bürgermeister Dirk Glaser. 16 Nationen, 16 Sprachen lebten hier in der Flüchtlingsunterkunft, aber bewährt habe sich, dass es rund um die Uhr einen Sicherheitsdienst gibt.

Täglich bekommt Objektleiter Dirk Hagemann morgens einen Bericht, interveniert werde sofort, wenn jemand die Spielregeln nicht respektiert, Mitbewohner stört. Einen besonderen Schutz bekommen in der Einrichtung Frauen und Kinder, ist Dirk Glaser wichtig.

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Die Räume sind spartanisch mit dem Nötigsten eingerichtet.
Die Räume sind spartanisch mit dem Nötigsten eingerichtet. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer
Alle Bewohner der Flüchtlingsunterkünfte müssen Regeln befolgen und zum Beispiel selbst für Ordnung sorgen.
Alle Bewohner der Flüchtlingsunterkünfte müssen Regeln befolgen und zum Beispiel selbst für Ordnung sorgen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Die Menschen leben hier für sehr lange. Hier ist ihr Lebensmittelpunkt, von hier aus geht es in Kindergärten und Schulen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Einkaufen und zu Erledigungen. Die „eigenen“ vier Wände müssen auch von den Bewohnern selbst sauber gehalten werden, das werde auch regelmäßig kontrolliert. „Wir investieren hier das Geld der Steuerzahler. Es ist uns wichtig, dass damit verantwortungsvoll umgegangen wird“, betont Hagemann.

Hattingen bleibt auf Kosten sitzen

Matthias Tacke, Leiter des Fachbereiches Schule und Sport und Leiter des Dezernats III (Soziales, Wohnen, Kinder, Jugend und Familie), weist auf die weiteren Aufgaben hin, die auf die Stadt zukommen, darunter das Bereitstellen von Kindergarten- und Schulplätzen. 50 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 0 und 17 Jahren gilt es, in Tageseinrichtungen und Schulen unterzubringen.

Auf diesen Kosten und auch auf den Kosten für die Errichtung der Gebäude und der Infrastruktur – die Wohncontainer werden mit Bio-Gas geheizt – blieben die Kommunen sitzen. Der Pro-Kopf-Zuschuss in Höhe von 875 Euro sei nur für die Lebenshaltung gedacht, aber auch dieser Betrag reiche nicht, so Tacke.

Bürgermeister Glaser appelliert an die Politik: „Wir nehmen das Asylrecht sehr ernst und nehmen die Menschen gerne bei uns auf. Aber das kann in dem Umfang so nicht weitergehen. Hauptamtliche und Ehrenamtliche, ohne die all das gar nicht möglich wäre, sind am Ende ihrer Kräfte.“

„Die Menschen wünschen sich bald eigene Wohnungen. Dazu gehört aber, dass man vorher gelernt hat, wie man mit Wertsachen und Eigentum umzugehen hat.“ Selbst einzukaufen, das Essen zuzubereiten, zu lernen, sobald man Integrationskurse besucht, unterstützen die Selbständigkeit. Die Sprache zu lernen, Bildung zu erwerben, für ein eigenes Einkommen zu sorgen und ein Leben in der Gesellschaft zu führen – das ermögliche Integration, und dieser Prozess beginne am ersten Tag, erläutert der Objektmanager.

Damit die Stadt ihren Verpflichtungen nach Aufnahme weiterer Flüchtlinge überhaupt nachkommen konnte, hat die Witten übergangsweise die für Hattingen bestimmten Menschen aufgenommen. Jetzt konnten sie mit einer kleinen Verspätung nach Hattingen umziehen.

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Draußen spielen Kinder, zahllose Fahrräder stehen ordentlich in den Ständern. Die Schaukeln hängen still, hier ein Bobbycar, dort ein Roller, und auch die Spielplatzgeräte und die Tischtennisplatte sind wegen des Winterwetters nicht in Benutzung. Das Außengelände werde noch gestaltet, erläutert Birgit Sieber von der Gebäudewirtschaft, wenn alles fertig ist, habe die Erweiterung der Flüchtlingsunterkunft 4,5 Millionen Euro gekostet.

Das Außengelände der Unterkunft an der Werksstraße soll noch neu gestaltet werden.
Das Außengelände der Unterkunft an der Werksstraße soll noch neu gestaltet werden. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer
Auf zwei Etagen wohnen die Geflüchteten in den Containerbauten auf engstem Raum.
Auf zwei Etagen wohnen die Geflüchteten in den Containerbauten auf engstem Raum. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer