Hattingen. Hochwasser in Hattingen: Seit zwei Wochen ist die Lage angespannt – Blick auf die Situation und in die Geschichte. Und viele aktuelle Fotos.
Es regnet und regnet und regnet. Und der Ruhr-Pegel steigt – und steigt! Am Donnerstag aktuell etwa wieder über die 5,70-Meter-Marke. Ja, Hochwasser hat es in Hattingen schon öfter gegeben, immer mal wieder stand es Oberkante Unterlippe. Das Besondere ist diesmal, dass sich die angespannte Situation am Fluss seit inzwischen zwei Wochen hinzieht.
Dauerregen: Ruhrpegel in Hattingen über 5,60 Meter
Das Wasser fließt dieser Tage an abschüssigen Straßen über die Kanalisation hinweg, es schießt den Isenberg herunter über die Straße in die Ruhrwiesen. Menschen an der Königsteiner Straße leben in Habachtstellung, die auf dem Campingplatz an der Tippelstraße sowieso. Donnerstagvormittag ging es erstmals wieder an die 5,70-Meter-Marke. Richtig ist, dass die Lage schwierig ist – richtig ist aber auch, dass es schon viel schlimmere, dramatischere Situationen gab.
Jahrhundert-Hochwasser 2021
Vor allem natürlich im Juli 2021, als die Ruhr beim Jahrhundert-Hochwasser quasi in ihrem eigenen Wasser versinkt. Bis auf 6,99 Meter ist der Pegel binnen einer Nacht in die Höhe geschnellt, Bäche im ganzen Stadtgebiet treten schnell über ihre Ufer, werden zu reißenden Gewässern, die Brücken und wichtige Rohrverbindungen zerstören. Menschen an der Schleusenstraße werden mit Booten aus ihren Wohnungen geholt, andere in Winz-Baak müssen ihr Haus verlassen, weil die Statik nicht sicher ist. Es ist der höchste vom Ruhrverband gemessene Pegel, der erst Ende der 1960er-Jahre die zuverlässige Messung übernommen hat.
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Hattingen ist im Ruhrgebiet die mit am schwersten getroffene Stadt, die Schäden schnellen in Millionenhöhen, lassen sich gar nicht genau zusammenrechnen, weil viele Probleme auf privatem Grund entstanden sind. Und nicht jeder ist gegen Elementarschäden versichert. Noch heute ist nicht alles restlos aufgearbeitet.
Möhne-Katastrophe 1943
Meterhoch stehen in Hattingen die Fluten – die Katastrophe trifft die Menschen im Schlaf, mitten im Krieg: Britische Lancaster-Bomber haben die Möhne-Talsperre angegriffen und mit hüpfenden Bomben zerstört. Mehr als 130 Millionen Kubikmeter Wasser strömen ins Tal. 9,46 Meter hoch steht der Ruhr-Pegel am Vormittag des 17. Mai 1943, besagen damalige Quellen. Es ist der höchste Wasserstand, der je in Hattingen verzeichnet wurde. Bei der Badeanstalt Stolle zum Beispiel, an der das Flussbett bei normalem Durchfluss etwa 35 Meter breit ist, wächst die Ruhr auf mehrere Hundert Meter an.
Eklig ist das Wasser, lehmbraun, voller Tierkadaver, Baumteile, Sträucher und Balken – aber eben auch voller Häuserteile und Telegrafenmasten. Die Bürger sind ebenso fasziniert wie schockiert.
Die 2000er-Jahre
Bis zum Jahrhundert-Hochwasser liegt die höchste Pegelmessung des Ruhrverbands aus dem Jahr 2007 bei 6,18 Metern. Das Wasser schlägt an der Königsteiner Straße gegen Kellerfenster, die Situation ist angespannt wie selten zuvor.
Am 14. November 2010 geht es noch einmal bis auf 6,06 Meter hoch, am 15. Januar 2011 bis auf 5,87 Meter.
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Die Neunziger-Jahre
Wasser und Frost im Wechsel: Zum Jahreswechsel erreicht die Ruhr am 1. Januar 1994 einen bis dato neuen Rekord mit 6,04 Metern – es fehlt nicht viel zur Überflutung der Isenbergstraße. Das Kuriose: Nur wenige Wochen später im Februar sorgt massiver Dauerfrost dafür, dass der Fluss von einer geschlossenen Eisdecke überzogen ist. Was zur Folge hat, dass viele ihre Schlittschuhe auspacken und entgegen aller Empfehlungen und Erlaubnisse aufs Eis gehen.
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Erinnerungs-Stele
Seit dem Sommer 2018 erinnert eine im Jahr 1966 erschaffene Stele an der Ruhrbrücke nahe der Straße „Am Wallbaum“ an drei besondere Hochwassermarken: eben die Möhne-Katastrophe am 16. und 17. Mai 1943 – und darüber hinaus an die Hochwasser wegen Starkregen und Schmelzwasser in den Jahren 1890 (8,60 Meter) und 1909 (7,97 Meter).
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