Hattingen. Die Pläne für den Moschee-Neubau in Hattingen liegen vor. Jetzt gibt es klare Forderungen an Ditib-Gemeinde und den Vorstand zum Hamas-Angriff.
„Jahrhundert-Projekt!“ – „Zeichen für die Welt-Offenheit der Gesellschaft!“ – „Außergewöhnlich und historisch bedeutendes Bauwerk!“ Ja, dem Moschee-Neubau der Ditib-Gemeinde Hattingen an der Martin-Luther-Straße wird mit Freude entgegengeblickt. Doch es gibt auch Forderungen an den Vorstand.
+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++
Weil Vorstandsmitglied Metin Kaya erkrankt war, stellte Baudezernent Jens Hendrix jetzt die konkreten Pläne und erste optische Eindrücke des geplanten Bauwerks vor. Es wird nicht nur die Moschee gebaut, sondern ein Gemeindezentrum, inklusive Jugendlokal, Teestube und Mehrzweckraum. Der Gebetsraum für die Männer bietet 180 Personen Platz, die Empore für die Frauen 100 Personen. Das Gebäude mit Kuppel wird 15 Meter hoch, hinzu kommt ein Minarett (23 Meter hoch), das weder begehbar noch mit einer Lautsprecheranlage ausgestattet sei, so die Planung.
Zum Vergleich: Die katholische Kirche St. Peter und Paul ist 58 Meter hoch, das evangelische Pendant St. Georg 56 Meter.
Hattingens Dezernent spricht von „sachlicher Bauweise“
„Die Moschee soll so gebaut werden, dass sie als Moschee erkannt wird“, so Hendrix. Der Dezernent spricht von einer „sachlichen Bauweise“, gerade im Vergleich zur „osmanischen Bauweise“, die es in den ersten Plänen vor zehn Jahren gab. Die Zufahrt erfolgt über die Martin-Luther-Straße, es gibt ein doppelstöckiges Parkdeck mit 40 Pkw-Stellplätzen sowie 32 Abstell-Möglichkeiten für Fahrräder.
Eine Baugenehmigung sei noch nicht erteilt, erklärt Jens Hendrix, „das liegt an formalen Dingen, die noch abgearbeitet werden müssen“. Weil sich der Bau an dem orientiere, was in der näheren Umgebung vorhanden ist, wird kein Bebauungsplan aufgestellt – es gibt auch keine politische Entscheidung darüber.
>>> Lesen Sie auch:
- Altenheime in Hattingen streichen Senior von der Warteliste
- Müllgebühren in Hattingen: Kosten steigen 2024 massiv an
- 15 Mio Miese: Hattingens Kassenkredite auf einem Allzeittief
- Rewe in Hattingen: Baustart Anfang 2024, jetzt wird gerodet
- Hattingen: Statt Restaurant unvergessliches Dinner im Bulli
>>> Mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel
Das gefällt nicht jeder Ratspartei, vor allem Gilbert Gratzel (FDP) hält eine reine Kenntnisnahme für „politisch unzureichend“. Er sei überzeugt, dass es bei einer Abstimmung eine „übergroße Mehrheit“ gegeben hätte – es gehe ihm dabei nicht um die architektonische Teilhabe, sondern „um eine breite soziale und kulturelle Einordnung und um eine Diskussion über das Verständnis unserer Stadtgesellschaft“. Die Legitimität wachse nicht durch Kenntnisnahmen, „sondern durch Austausch und Verständnis“.
Auch Michael Hötger (Grüne, „Großartig“), Ugur Ince (SPD, „Passt super in unser Stadtbild“) und Gerhard Nörenberg (CDU, „Wird unser Stadtbild prägen“) begrüßen den Bau der Moschee.
Klare Stellungnahme „zu den Werten unseres Staates“ gefordert
Was Gilbert Gratzel indes fehlt: Klarheit vom Vorstand der Hattinger Ditib-Gemeinde mit Blick auf den „brutalen, menschenverachtenden Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel“, wie er es ausdrückt. Der Liberale führt aus: „Die Mitglieder der Ditib-Gemeinde in Hattingen sind gut integriert und akzeptiert. Es gibt keine sichtbaren Probleme. Ich bitte aber den Vorstand um klare Worte und eine klare Stellungnahme zu den Werten unseres Staates und zu den barbarischen Geschehnissen in Israel. Das ist dringend notwendig. Das ist auch zugleich der Lackmus-Test für eine breite gesellschaftliche Akzeptanz des Moschee-Neubaus. Es geht nicht um Baurecht – es geht um unsere Stadtgesellschaft.“
>>> Folgen Sie unserer Redaktion auf Facebook – hier finden Sie uns
Sozialdemokrat Ince, selbst Muslim, sagt ganz klar: „Was in Israel passiert, verurteile ich aufs Schärfste. Ich bin mir aber auch bewusst, dass es für Muslime sehr belastend ist, denn sie müssen sich immer distanzieren.“ Er empfiehlt, die türkische Gemeinde zu besuchen. Denn: „Das Letzte, was jetzt passieren darf, ist, dass man sich noch mehr spaltet. Eines der größten Probleme, die wir haben, ist der Antisemitismus, aber der Antisemitismus ist nicht nur muslimisch. Den gibt es leider in allen gesellschaftlichen Schienen dieser Welt. Umso wichtiger ist es, dass wir die Gesprächsfäden nicht unterbrechen.“
Hendrix: Keine Beschallung des öffentlichen Raumes vorgesehen
Christdemokrat Gerhard Nörenberg thematisiert den Muezzin-Ruf: „Der soll nur innerhalb des Gebäudes erfolgen. In anderen Städten hat man auch so begonnen und letztendlich ist der Ruf dann doch erfolgt. Bis heute fehlen hier eindeutige und verbindliche Aussagen.“ Baudezernent Hendrix stellt klar, dass „laut Aussage der Ditib keinerlei Beschallung des öffentlichen Raums vorgesehen“ sei.
Auch Nörenberg schließt sich zudem der Gratzel-Forderung an: „Wir können erwarten, dass sich die Moschee-Gemeinde klar und eindeutig von Antisemitismus distanziert.“
+++ Kennen Sie unseren Familien-Newsletter? Hier anmelden – und Freizeit-Tipps und vieles mehr erhalten +++
„Ich bin sehr froh, dass wir alle hinter der Moschee stehen“, meint Bürgermeister Dirk Glaser. „Wir haben gemeinsam vereinbart, dass diese neue Mosche ein offenes Haus sein soll, ein offenes Haus sein muss – nicht nur für Muslime, auch für Christen, für Juden und für andere. Wir sind eine bunte Gesellschaft – und wir müssen diese bunte Gesellschaft weiter ausbauen auf Basis des Grundgesetzes.“