Hattingen. Eine Pflegerin hat 20.000 Euro vom Bankkonto einer 88 Jahre alten Demenzkranken aus Hattingen abgehoben. Jetzt landete der Fall vor Gericht.

Die stolze Summe von ungefähr 20.000 Euro verschwindet innerhalb von zwei Monaten vom Konto einer damals 88 Jahre alten dementen Dame. Dafür musste sich jetzt eine 28-jährige Pflegekraft vor Gericht verantworten, der Betrug und Untreue vorgeworfen wurde. Als Zeuginnen erschienen die beiden Enkelinnen, denen die massiven Abhebungen vom Konto im Sommer 2021 aufgefallen waren.

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Sehr gut betucht ist die Oma, die damals noch in ihrer eigenen Wohnung in Hattingen lebte. Sie verfügt über mehrere Renten von insgesamt fast 4000 Euro und hatte einen ebenfalls wohlhabenden Lebensgefährten. Da sich die Familie nicht sonderlich um die alte Dame kümmerte, kam die angeklagte Pflegekraft N. über einen Pflegedienst an die Betreuung. Schon bald entwickelte sich ein eher familiäres, sehr enges Verhältnis zwischen der 28- und der 88-Jährigen.

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„Die beiden Senioren legten immer Wert darauf, dass genügend Bargeld im Haus vorhanden war“, erklärte der Anwalt der Angeklagten. Aus dem Grunde wurde N. schon bald damit beauftragt, Geld vom Konto abzuholen, das sie auch abgegeben hat“, erklärte der Anwalt. Dem Gericht lag sogar ein Foto vor, das die Seniorin beim Geldabheben mit der Angeklagten zeigt. Die Abfolge war allerdings so erstaunlich schnell hintereinander wie die Höhe der Beträge. „Zum Teil wurden an mehreren Tagen hintereinander 1000 Euro vom Konto geholt“, stellte Richter Johannes Kimmeskamp fest.

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Außerdem gab es noch einen auffallend hohen Betrag von 6000 Euro. „Den hatte die Seniorin meiner Mandantin gegeben, damit sie sich ein Auto finanzieren kann“, erklärt der Anwalt. Als Gegenleistung bliebt die Pflegekraft auch öfter deutlich über ihre Arbeitszeit hinaus bei der alten Dame, besuchte sie sogar privat. „Sie war im Grunde ein Familienmitglied.“

Immer wieder habe die 88-Jährige gesagt, was sie doch für ein Schatz ist, sie sei im Grunde wie eine Tochter für sie. Dass Großzügigkeit bei der Oma groß geschrieben wurde, bestätigten auch die beiden Enkelinnen, die die Angeklagte nur ein- zweimal kurz gesehen hatten.

Enkelinnen stellten die Abbuchungen fest

Bei einem Besuch der Enkelinnen im September 2021 kam die Sprache darauf, dass die Hilfe für die Oma eingekauft und eine Summe zwischen 100 und 200 Euro ausgegeben hatte. Die Großmutter aber erzählte, dass die Pflegerin lediglich zwei Teile für sie gekauft hatte. Das machte die Enkelinnen stutzig und sie durchforsteten die Kontoauszüge der Oma. Dabei stellten sie fest, dass in den vorangegangenen zwei Monaten – die Pflegekraft war erst drei Monate mit der Betreuung beauftragt – diese hohen Summen abgehoben wurden. Vor Gericht sagte eine Enkelin aus, dass da ja auch 6000 Euro vom Konto abgehoben wurden, damit die Angeklagte ein Auto finanzieren konnte. Das war auch ihr zu Ohren gekommen.

Strafmaß bei Betrug und Untreue

Zum Strafmaß: Derjenige, der sich wegen Betrugs strafbar macht, muss mit einer Strafe von bis zu fünf Jahren rechnen. Es kann allerdings auch eine Geldstrafe verhängt werden.

In besonders schweren Fällen kann das Strafmaß sogar erhöht werden. Dann sind zwischen sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe möglich. Eine Geldstrafe ist dann nicht mehr vorgesehen.

Ähnlich sieht es bei Untreue aus: Auch die kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet werden – oder alternativ mit einer Geldstrafe.

Einen Beweis, dass die Angeklagte ohne Einverständnis Geld vom Konto der Seniorin abgehoben hat, konnte das Schöffengericht in der langen Beweisaufnahme der Verhandlung aber nicht belegen. Die Staatsanwältin forderte daher auch einen Freispruch, weil es zwischen den beiden Frauen ein Vertrauensverhältnis gegeben habe und die Zeuginnen zum Tatzeitpunkt auch nicht vor Ort waren. Außerdem wies sie auf das Foto hin, auf dem die beiden Frauen gemeinsam beim Geldabheben zu sehen sind. „Auch das bewerte ich als Vertrauensbeweis“, sagte sie.

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„Dem kann ich mich nur anschließen“, erklärte der Verteidiger. „Tatsächlich hat es einen faden Beigeschmack“, räumte er ein. „Dass das alles nicht zur Freude der Angehörigen ist, kann ich nachvollziehen.“ Auch das Schöffengericht kam zu keinem anderen Schluss als die Angeklagte freizusprechen. „Wir können hier Manipulation nicht feststellen“, erklärte Richter Kimmeskamp. „Wenn jemand sein Geld so ausgeben möchte, dann ist er in seiner Entscheidung frei.“