Hattingen/Oberhausen/Essen. Der Kalaschnikow-Angriff auf einen Zeitungsboten in Hattingen hat auch bei den Nachbarn Spuren hinterlassen. So lief die Prozess-Fortsetzung.

Es war drei Minuten nach drei, als das Paar von der Sprockhöveler Straße in Holthausen aus dem Schlaf geschreckt wurde. Schüsse zerrissen die Nacht. „Bestimmt ein Jäger“, sagte der Mann noch beschwichtigend und wollte sich wieder umdrehen. Doch dann folgte eine ganze Salve – wie aus einer Maschinenpistole. „Wir hatten einen riesengroßen Schutzengel“, sagte seine Frau am Mittwoch als Zeugin vor dem Essener Schwurgericht.

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Dort muss sich seit Anfang September ein Mann aus Oberhausen verantworten, der in der Nacht auf den 11. März dieses Jahres immer wieder auf einen Zeitungsboten geschossen haben soll. Dass der 34-Jährige überlebt hat, gleicht einem Wunder.

„Dachte, da wird ein Reh gejagt“

Einer der Schüsse war damals auch in das Haus in der Nähe der Einmündung „Am Schellenberg“ eingeschlagen. „Ich bin aufgestanden und habe aus jedem Fenster geguckt“, sagte die 33-Jährige den Richtern. „Ich dachte immer noch, da wird irgendein Reh gejagt.“

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Im Wohnzimmer war sie sogar auf die Couch geklettert, um besser nach draußen gucken zu können. „Dann hat es plötzlich richtig gescheppert.“ Außerdem will sie einen hellen Schein wahrgenommen haben. „Unser Nachbar hat uns kurz darauf geschrieben, ob bei uns alles in Ordnung sei.“

Einschlag genau über dem Fenster

Was genau passiert ist, hatte ihr Mann erst am nächsten Tag festgestellt. Nur 30 Zentimeter über dem Fensterrahmen war ein Projektil eingeschlagen. Es hatte die Schieferschindel durchschlagen und war anschließend noch rund 1,60 durch Unterverkleidung und Dämmwolle geschossen. Bis es in einer Dachlatte steckenblieb. Und zwar genau in dem Moment, als seine Frau auf dem Sofa stand und nach draußen guckte.

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Der Einschlag ist sogar auf den Aufzeichnungen einer Überwachungskamera zu sehen, die nach einem früheren Einbruch installiert worden war. Die Bilder zeigen, wie eine der Schindeln plötzlich splittert.

Nach der Festnahme war die Angst vorbei

Auch danach kam das Paar nicht sofort zur Ruhe. „Wir wussten ja nicht, was genau passiert ist“, sagte die 33-Jährige im Prozess. „Ob da noch jemand vor unserer Haustür herumlungert.“ Das sei eine ganz komische Situation gewesen – vor allem abends, wenn es dunkel wurde. Erst als man von der Festnahme erfahren habe, war die Angst vorbei.

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Der Angeklagte aus Oberhausen soll auf einer Wiese in der Nähe Schussübungen mit einer Kalaschnikow gemacht haben. Als der Zeitungsbote auftauchte, fühlte er sich laut Anklage entdeckt und wollte den 34-Jährigen erschießen. Der Bote konnte mit seinem Auto gerade noch rechtzeitig fliehen. Er wurde an Hand und Arm getroffen. Die Anklage lautet auf Mordversuch.

Der Prozess wird fortgesetzt.