Hattingen. Wer queer ist, kämpft gesellschaftlich oft immer noch gegen Anfeindungen. In Hattingen gibt es für junge LSBTIQs jetzt einen Treff. Ein Besuch.

Heute wird gegrillt. Vegane Würstchen kommen auf den Rost im Garten des Jugendtreffs Welper, im Innern der Einrichtung schnibbeln Luke, Lea und die anderen hier Gemüse und putzen Salat. Und anschließend wird gemeinsam gegessen, getrunken – vor allen aber rege miteinander gequatscht. Denn das ist das Wichtigste bei diesem Treff für junge Lesben, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie queere Menschen (LSBTIQs): der Austausch untereinander. In geschützter Atmosphäre.

„Jeder achte Mensch ist queer“, so Nele Schmidt, Leiterin des LSBTIQ-Treffs in Hattingen

Jeder achte Mensch ist queer“, sagt Nele Schmidt., duale Studentin im Bereich Soziale Arbeit, die diesen Treff zusammen mit Dennis Siever (38) von der Abteilung Jugendförderung bei der Stadt leitet. Aber queere Menschen akzeptiert würden von weiten Teilen der Gesellschaft leider noch lange nicht, so die 25-Jährige.

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Diese Erfahrungen haben auch Luke und Lea (beide 17) gemacht, die ihre wahren Namen nicht in der Zeitung lesen möchten – aus Sorge vor möglichen Anfeindungen.

Luke fühlt sich schon lange fremd im eigenen Körper

Über die neuesten Entwicklungen in Lukes Leben unterhalten sie sich hier und heute. In Kürze beginnt für den Hattinger eine so genannte gegengeschlechtliche Hormonbehandlung. Denn Luke fühlt sich schon lange fremd im eigenen Körper, lehnt sein ihm bei der Geburt zugewiesenes Geschlecht „weiblich“ ab. Er fühlt sich als Junge – und will entsprechend leben.

Eine junge Frau grillt vegane Würstchen im Garten des Jugendtreffs Hattingen-Welper. Im Innern findet einmal im Monat ein Treff für junge Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle und Queer’s statt, an dem auch sie teilnimmt.
Eine junge Frau grillt vegane Würstchen im Garten des Jugendtreffs Hattingen-Welper. Im Innern findet einmal im Monat ein Treff für junge Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle und Queer’s statt, an dem auch sie teilnimmt. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Aber genau das ist im Alltag eine Herausforderung. Beim Friseur etwa, nennt er ein Beispiel, habe er schon öfter gesagt, er wolle einen Jungen-Haarschnitt „doch jedes Mal habe ich wieder eine Mädchenfrisur verpasst bekommen“.

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Es sind dies die harmloseren Erfahrungen, die Luke als Transsexueller in dieser Gesellschaft macht. In denen er spürt, dass zu vielen noch das Verständnis fehlt für Menschen wie ihn, sie gar ablehnend reagieren. Weshalb er nun mit Lea gerade darüber diskutiert, ob man bei einem Date sofort sagen solle, dass man trans sei – „oder doch besser erst mal warten...?“

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Lea fühlt sich sexuell von Mädchen angezogen

Lea, die sich sexuell von Mädchen angezogen fühlt, sagt derweil: Dass sie lesbisch sei, wisse nur ein kleiner ausgewählter Personenkreis. Weil sie nicht irgendeinen Spruch „reingekloppt“ bekommen wolle. Und schon gar nicht zur möglichen Zielscheibe werden wolle von Gewalt, Feindseligkeit, Diskriminierung. Und Fiona, 13, und Melanie, 14 (die nur für die Zeitung so heißen) lassen durchklingen, sie hätten bei einem offenen Bekenntnis zu ihrer Homosexualität Sorge, schikaniert zu werden von einzelnen oder mehreren in ihrer Schule, oder im Bekanntenkreis.

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Treff „Life is queer, my dear“

Der Treff für junge Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle und Queers (LSBTIQs) im Jugendtreff Welper ist der erste dieser Art in Hattingen. Er hat das Motto: „Life is queer, my dear­“.

Entsprungen ist das Angebot einer Anregung des Kinder- und Jugendparlamentes. Anfang 2022 dann hat die städtische Jugendförderung es in Kooperation mit dem Kinder- und Jugendtreff Welper ins Leben gerufen­.

Der LSBTIQ-Treff findet an jedem ersten Monat eines Monats in den Räumen des Jugendtreffs an der Hunsebeck 18 in Welper statt – das nächste Mal aufgrund der Sommerferien aber erst am 7. August von 17 bis 20 Uhr. Eine Altersbeschränkung gibt es nicht.

Der LSBTIQ-Treff im Jugendzentrum an der Hunsebeck ist daher eine wichtige Anlaufstelle für sie alle geworden. Ein so genannter Safe Space (deutsch: sicherer Raum) in dem sie sich über ihre Erfahrungen miteinander austauschen und sich gegenseitig dazu ermutigen, selbstbewusst ihren Weg zu gehen. „Es braucht diese Gruppe, das gibt mir ein besseres Gefühl“, sagt Luke. Und um ihn herum gibt es ein zustimmendes Nicken.

Luke wünscht sich, „so akzeptiert zu werden, wie ich bin“

Was sie sich wünschen für die Zukunft? „Dass in den Schulen mehr informiert wird über queere Menschen“, sagt Lea. „Dass ich so akzeptiert werde, wie ich bin“, sagt Luke. Und Nele Schmidt sagt: „Die schönste Reaktion für einen LSBTIQ-Menschen wäre es, wenn sein Queersein gar keine Reaktion mehr hervorriefe.“