Essen. Die Sparkassen rechnen mit einem weiteren harten Jahr. „Das Schlimmste liegt leider noch nicht hinter uns“, sagt Sparkassen-Präsidentin Buchholz.
Die Sparkassen in NRW erwarten ein weiteres Krisenjahr. „Das Schlimmste liegt leider noch nicht hinter uns. Wir werden in eine Rezession hineinlaufen“, sagt Liane Buchholz, die Präsidentin des Sparkassenverbands Westfalen-Lippe, zu dem zahlreiche kommunale Finanzinstitute aus dem Ruhrgebiet gehören, etwa die Sparkassen in Bochum, Bottrop, Dortmund, Gelsenkirchen, Gladbeck, Herne, Hattingen und Witten. „Die hohe Inflation frisst bei vielen Menschen das Ersparte auf“, gibt Buchholz im Gespräch mit unserer Redaktion zu bedenken. „Haushalte mit niedrigen Einkommen können kaum noch Geld zurücklegen. Zunehmend wachsen den Menschen die Kosten durch gestiegene Energiepreise, höhere Mieten und teurere Lebensmittel über den Kopf.“
Die Folgen von Energiekrise und hoher Inflation kommen nach Darstellung von Liane Buchholz auch im Alltag der kommunalen Geldhäuser an. „Beratungsgespräche in unseren Sparkassen sind oft Haushaltsbuch-Diskussion mit dem Ziel, Kundinnen und Kunden vor der Überschuldung zu schützen“, berichtet sie. Sie gehe davon aus, dass auch die Zahl der Insolvenzen steigen werde. Noch verzeichnen die Sparkassen insgesamt einen Zuwachs bei den Einlagen der Kundinnen und Kunden. „Es sind aber vor allem Menschen mit höheren Einkommen, die Geld zurücklegen“, sagt Buchholz. „Vielen anderen Menschen fehlen dafür die Mittel.“
„Wir brauchen weitere Zinserhöhungen durch die EZB“
Angesichts der Krise sieht die Sparkassen-Managerin auch die Europäischen Zentralbank (EZB) gefordert. „Wir brauchen weitere Zinserhöhungen durch die EZB, um die Inflation in den Griff zu bekommen“, fordert Buchholz. Mit Zinserhöhungen versucht die EZB seit Sommer 2022, die Inflation im Euroraum
einzudämmen. Mittlerweile liegt der Leitzins bei 2,5 Prozent. „Der Schritt der EZB war überfällig“, kommentiert dies Buchholz. „Die Energiekrise lässt sich nicht von heute auf morgen lösen. Zur Bekämpfung der Inflation sind weitere Zinsschritte notwendig.“
Generell wirke sich der Kaufkraftverlust auch auf das Konsumverhalten aus. „Die Menschen sind sehr vorsichtig geworden. Die Ausgaben für den Konsum gehen zurück“, so Buchholz. „Ein Beispiel dafür sind die Biomärkte, die an Zulauf verlieren, weil viele Menschen versuchen, bei den Lebensmitteln zu sparen.“
Druck bei Immobilien-Finanzierungen wächst
Mit steigenden Zinsen werden voraussichtlich auch die Kosten für die Immobilienfinanzierung steigen. „Auch das ist ein Effekt der Zinswende“, sagt Sparkassen-Managerin Buchholz. „Wir hatten jahrelang historisch niedrige Immobilienzinsen. Wenn es jetzt wieder Richtung drei Prozent geht, handelt es sich eher um eine Normalisierung des Marktes.“ Die Immobilienpreise seien angesichts der niedrigen Zinsen in den vergangenen Jahren stark gestiegen. „Jetzt ändert sich das Bild: Vielerorts sinken die Preise.“
Der Druck auf Immobilieneigentümer, die ihre Häuser finanzieren müssen und knapp bei Kasse sind, dürfte steigen. „Es ist nicht auszuschließen, dass manche Menschen sich eine eigene Immobilie nicht mehr leisten können“, sagt Buchholz. „Sicher ist: Sparkassen werden ihre Kundinnen und Kunden nicht im Stich lassen, wenn es Probleme gibt, die Immobilienkredite zu tilgen. In aller Regel können Tilgungsraten reduziert werden, auch eine Abzahlung über einen längeren Zeitraum ist möglich.“
Sparerinnen und Sparer könnten immerhin wieder mit einer gewissen Verzinsung ihres Geldes rechnen. „Erste Sparkassen geben bereits wieder Sparzinsen, weitere werden folgen“, sagt Buchholz. Noch seien die Zinsen gering, „aber mit weiteren Schritten der EZB dürfte sich auch dies ändern“.