Hattingen. So nutzt die Polizei in Hattingen und im Ennepe-Ruhr-Kreis Facebook und Twitter. Sie warnt, wie einfach man sich versehentlich strafbar macht.
An einem Spielplatz wird ein scheinbar Verdächtiger gesichtet. Auf Facebook werden Warnungen an Eltern veröffentlicht, die Seite der Polizei verlinkt. Und die Beamten reagieren. Für die Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis gehört Social Media längst zum Alltag. „Es ist Fluch und Segen“, betont Polizeisprecherin Sonja Wever. Sie erklärt, wie soziale Medien bei Ermittlungen helfen, warum sie nie den Notruf ersetzen und wie man sich versehentlich strafbar machen kann.
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Im Fall des verdächtigen Mannes ermittelt die Polizei seit Mittwoch in einer Nachbarstadt. „Da wir noch keine Hintergründe dazu haben, bitten wir, von eigeninitiativem Handeln abzusehen und keine impulsiven Entscheidungen zu treffen“, antwortet die Behörde auf die Diskussion auf Facebook. Das aktuelle Beispiel beschreibt Pro und Kontra der sozialen Medien:
Hinweise über soziale Netzwerke und E-Mail
„Wir bekommen darüber oder über E-Mail tatsächlich viel öfter Hinweise“, erklärt Sonja Wever. Das Internet mache es den Menschen einfacher, sich zu melden. „Es ist anonymer, da trauen sich mehr Leute“, weiß die Polizeisprecherin. Dabei sei von „kleinen Steinchen bis zu großen Felsen“ alles dabei – also Hinweise auf Kleinigkeiten ebenso wie echte Hilfen.
Besonders bei Fahndungen helfen die Menschen gern mit, teilen Aufrufe. Vor allem, wenn jemand vermisst wird. „Dadurch haben wir tatsächlich auch schon Erfolge gehabt“, freut sich Wever. Sie erinnert sich an einen Fall, in dem ein Vermisster per Hubschrauber erfolglos gesucht und schließlich in einem Park in Hattingen gefunden wurde. Ein Zeuge hatte den Suchaufruf in sozialen Medien gesehen und die Polizei informiert.
Facebook und Co. nicht für Notrufe nutzen
Die Polizei nutzt ihre Kanäle dazu, die Polizeiarbeit durchsichtiger zu gestalten. Zum anderen können im Notfall – wie bei einer Suche oder Straßensperrung – schnell viele Menschen erreicht werden.
Echte Polizei-Seiten erkennen
Die Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis ist auf Facebook und Twitter vertreten. Ein Instagram-Account besteht bereits und soll in Kürze auch bespielt werden. Es in den sozialen Medien viele Seiten, die echten polizeilichen Angeboten täuschend ähnlich sehen. Die Polizei NRW geht gegen die Betreiber dieser Seiten mit allen rechtlichen Möglichkeiten vor.Eine Seite der Polizei ist an folgenden Merkmalen erkennbar: Es gibt eine einheitliche Namensgebung. Für Facebook bedeutet das facebook.com/Polizei.NRW.Behördenkürzel (www.facebook.com/polizei.nrw.en) und für Twitter @polizei_nrw_Behördenkürzel (@polizei_nrw_en). In der Regel sind die Konten durch den Plattformanbieter zertifiziert (Haken in blauem Kreis). Das trifft auf die Polizei im EN-Kreis bei Facebook derzeit noch nicht zu, bedauert Sonja Wever. Die Zertifizierung ist aber beantragt.Ein Polizeistern mit Behördenlogo ist ebenso zu sehen, wie die Daten zur Kontaktaufnahme außerhalb des sozialen Netzwerkes.
Nicht geeignet sind soziale Netzwerke aber für Meldungen akuter Straftaten oder Notfälle. Denn redaktionell betreut werden die Polizei-Seiten nur zu den Bürozeiten. Dass ein Hinweis rechtzeitig gesehen wird, ist nicht garantiert. Deshalb ist immer die Notrufnummer 110 die bessere Wahl.
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Der Notruf 110 ist übrigens immer geeignet, wenn jemand ein berechtigtes Anliegen hat, die Polizei sprechen zu wollen, betont Wever. Dazu zählt nicht die Auskunft, warum gerade ein Streifenwagen vorbeigefahren ist, sehr wohl aber ein Hinweis auf eine mögliche Tat. Besonders, wenn es zeitkritische Anliegen sind, weil zum Beispiel der Verdächtige noch vor Ort ist, sind soziale Medien ungeeignet zur Kontaktaufnahme. „Melden Sie sich dann sofort über die 110 bei uns, nicht erst nach einer Stunde“, ruft Sonja Wever auf.
Unbeabsichtigte Straftaten in sozialen Medien
Zum Schluss beschreibt sie eine Schattenseite des Netzes. So würden Diskussionen gerade bei emotionalen Themen schnell eskalieren. „In den Kommentaren putschen sich die Leute gegenseitig auf. Es entsteht eine Panik“, erklärt Wever. Oft sei die unbegründet und Auslöser für unbeabsichtigte Straftaten. „Wir beobachten das und versuchen gegenzusteuern.“ Die Polizeisprecherin erinnert sich an private Fahndungsaufrufe mit Fotos. „Jeder, der das teilt, macht sich strafbar.“ Dabei gehe es um Persönlichkeitsrechte, unter Umständen aber auch um Verleumdung.
„Die Leute neigen online dazu, Sachen zu schreiben, die sie im wahren Leben nie aussprechen würden.“ Beleidigungen und andere Straftaten, die in den Kommentarspalten der Polizei-Seiten zu finden sind, werden entsprechend gelöscht, aber auch gesichert und an die Kriminalpolizei weitergeleitet.
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