Hattingen. Wut und Empörung zum Missbrauch in der Kirche kommt in den Briefen der Aktion Klagemauer zum Ausdruck. Wie nun der Bischof reagiert.
Wut, Enttäuschung und Empörung über die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche haben Gläubige der Pfarrei St. Peter und Paul mit der Aktion „Klagemauer“ zum Ausdruck gebracht. Vertreter der Hattinger Kirche überreichten jetzt alle 120 Schreiben an den Essener Ruhrbischof Overbeck. Die Gemeinden wollen aber nicht locker lassen, sondern drängen auf Veränderungen.
Aktion in Hattingen nach Vorwürfen gegen Papst Benedikt gestartet
Nach einer neuen Studie über Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, in der auch schwere Vorwürfe gegen Papst Benedikt erhoben wurden, startete in St. Peter und Paul eine Initiative, die aufhorchen ließ. Die Menschen waren aufgerufen, Frust und Unmut schriftlich zu äußern.
Inzwischen haben man die anonym verfassten Zettel ausgewertet, so die Pfarrgemeinderatsvorsitzende Marlies Meier. Viele Beteiligte haben danach das Vertrauen in die Amtskirche verloren, als Vorbild kommen für sie Amtsträger nicht mehr in Betracht. Einige Verfasser schrieben, dass die Kirchenoberen eine enorme Arroganz an den Tag gelegt hätten und sich nun eine große Enttäuschung breit mache. Andere wiederum hoben hervor, froh darüber zu sein, ihre Traurigkeit über die Kirche äußern zu können.
Verfasserin hat selbst als junges Mädchen sexuellen Übergriff erlebt
Massive Kritik an den kirchlichen Hierarchien und Strukturen komme in zahlreichen Reaktionen zum Ausdruck, so Meier. Sehr berührt hat sie ein Text, den eine Frau verfasst hat, die als Mädchen selbst einmal einen sexuellen Übergriff erlebt habe. Sie habe die Tat nie zur Anzeige gebracht und auch nicht weiter darüber gesprochen, aber der Vorfall beschäftige sie bis heute.
Bischof Overbeck erklärte bei dem Treffen nach Angaben des Bistums, dass er allen dankbar sei, die sich an der Klagemauer-Aktion beteiligt hätten. Aus den „aufrichtigen und persönlichen Beiträgen“ könne er eine tiefe Überzeugung ablesen, aktiv an der Gestalt von Kirche mitwirken zu wollen und gemeinsam Schritte in die Zukunft zu wagen.
Pfarrei will mit Ansatzpunkten aus der Initiative Klagemauer weiterarbeiten
In einem Begleitbrief an Overbeck und den Generalvikar Klaus Pfeffer hatte der Pfarrgemeinderat sich dankbar für die Haltung der Bistumsleitung gezeigt. Danach bestehe Hoffnung, dass sich die Kirche „drängenden Fragen stellen muss und nicht bleiben kann, wie sie ist“.
Was aber genau passieren soll in der Pfarrei, „das wollen wir nun in verschiedenen Gremien der Pfarrei und mit den Gläubigen besprechen“, so Marlies Meier. Man wolle vor Ort einen Prozess der Veränderung entwickeln. „Vor wir Jahren haben wir bereits einen Pastoralplan geschrieben, der nun noch mal zur Hand genommen werden kann, um daran weiterzuarbeiten.“ Die Zuschriften der Aktion Klagemauer bieten vielerlei Ansatzpunkte, mit denen sich das Gemeindeleben verbessern lasse, erklärt die Vorsitzende.
Präventionskonzept wird derzeit neu aufgestellt
Der Alltag in der Pfarrei habe sich durch Corona bedingt ohnehin sehr gewandelt. Kirchenbesucher blieben aus, die Gemeindearbeit habe gelitten. Nun komme es darauf an, sich erneut auf den Weg zu machen und aktuelle Aufgabenfelder zu bestimmen.
Bereits begonnen habe die Pfarrei damit, das Präventionskonzept im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch zu erneuern. Die bisherigen Vorgaben würden derzeit überarbeitet, um möglichst niederschwellig Beschwerdemöglichkeiten zu schaffen.