Hattingen. Ein Taubenschwarm hat sich in der Glockenstube des denkmalgeschützten Hattinger Glockenturms eingenistet. Die Hintergründe, die Lösungsideen.

Wiedererklingen ließ eine Gruppe von Glockenspielern seit Anfang 2018 die 25 Stahlglocken im Glockenturm im Krämersdorf. Inzwischen aber sind diese erneut verstummt. Der Grund: In der Glockenstube des Turms der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Johanniskirche hat sich ein Taubenschwarm eingenistet, die Stahlglocken sind verdreckt. Ein Problem, für das sich Heimatvereinsvorsitzender Lars Friedrich eine baldige Lösung wünscht.

Ein Fenster in der Glockenstube nicht wieder verschlossen

Bereits im Frühjahr hatte Friedrich dabei Kontakt mit Ulrich Möller, dem Leiter der städtischen Gebäudewirtschaft, aufgenommen, nachdem er den Turm für TV-Dreharbeiten nicht hatte betreten können. „Aus hygienischen Gründen“, so Friedrich, hatte ihm das Büro des Bürgermeisters damals mitgeteilt. Alsbald dann habe er erfahren, dass nach der Demontage der Stadtwerke-Webcam im denkmalgeschützten Glockenturm vor rund einem Jahr ein Fenster in der Glockenstube nicht wieder verschlossen worden war. Seither bevölkern Tauben diese Turmetage. Mit den bereits genannten Folgen. Friedrich hatte Möller damals geschrieben, dass er es begrüße, „wenn der Turm gereinigt und wieder begehbar gemacht wird“. Schön sei es zudem, „wenn schon bald wieder das Hattinger Glockenspiel erklingen könnte“.

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Doch beides ist bis heute nicht möglich, wie Ulrich Möller auf WAZ-Anfrage bestätigt. Untätig geblieben sei er in dieser Angelegenheit indes nicht. Bereits vor einem guten Jahr habe man Kontakt zum Verein „Stadttauben Bochum“ aufgenommen, erklärt er. Seitdem entnehmen für diesen Verein ehrenamtlich tätige Kräfte regelmäßig Taubeneier aus der Glockenstube und ersetzen sie durch Attrappen in Form von Kunststoffeiern.

Ein 30 bis 40 Tiere großer Schwarm von Stadttauben (hier ein Symbolbild) hat sich in der Glockenstube des Glockenturms im Krämersdorf eingenistet.
Ein 30 bis 40 Tiere großer Schwarm von Stadttauben (hier ein Symbolbild) hat sich in der Glockenstube des Glockenturms im Krämersdorf eingenistet. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Insgesamt schon 291 Eier ausgetauscht

„Insgesamt 291 Eier“, sagt Annabell Maehler, Vorstandsmitglied von „Stadttauben Bochum“, „haben wir aus dem Glockenturm im Krämersdorf schon entnommen.“ Anders als Wildtauben brüteten Stadttauben dabei nicht nur zwei Mal im Jahr, sondern ganzjährig. Und so ging bereits ein Versuch, die Tauben aus dem Glockenturm zu vertreiben, schief, da just zu diesem Zeitpunkt Taubenküken geschlüpft waren, die unter besonderem Schutz stehen. Hätte man also die Taubenmütter aus dem Turm vertrieben, so wären die Küken verhungert, erläutert Annabell Maehler.

„Verwilderte Haustauben“

Stadttauben sind hauptsächlich verwilderte Haustauben, die sich aufgrund von angezüchteter hoher Fortpflanzung das ganze Jahr hindurch vermehren, schreibt der Verein „Stadttauben Bochum“ auf seiner Internetseite (.

„Sie legen bis zu sieben Mal im Jahr jeweils zwei Eier“, sagt Annabell Maehler, Vorstandsmitglied von „Stadttauben Bochum“.

Die Vögel könnten, so der Verein weiter, dabei „nicht auf Bäumen nisten. Deswegen sind sie an unsere Gebäude gebunden. Die Fassaden und Winkel an den Häusern sind ihnen Felsen- oder Taubenschlagersatz. Die Stadt ist ihr Lebensraum“.

Dennoch: Inzwischen hätte man den Taubenschwarm aus dem Glockenturm aussperren, das Fenster anschließend verschließen und die Glockenstube reinigen können, sagt die Taubenexpertin. Was Ulrich Möller in einem Schreiben an Lars Friedrich auch als ursprüngliches Ziel genannt hatte.

Der Verein „Stadttauben Bochum“ hatte zwischenzeitlich indes angeregt, bis zu einer endgültigen Lösung für eine alternative Ansiedlung dieses Schwarms die Tauben im Turm zu belassen und die Eier weiter auszutauschen.

Idee: Umsiedlung innerhalb des Glockenturms

Nach einer gemeinsamen Besichtigung des Glockenturms von Maehler und Möller fanden beide Seiten, dass durch eine Umsiedlung der – grundsätzlich standorttreuen – Stadttauben in die unter der Glockenstube befindliche freie Etage das Glockenspiel wieder nutzbar gemacht werden könne. Zudem könnte die Population des Taubenschwarm dort durch Eiertausch weiterhin kontrolliert werden. Der Zugang zum Treppenhaus, so Möller, lasse sich zudem leicht verschließen, „das ist baulich kein Problem“. Zurzeit kläre er innerhalb der Verwaltung ab, ob diese Lösungsidee realisierbar sei.

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Lars Friedrich ist derweil nicht sonderlich angetan von einer dauerhaften Nutzung des Glockenturms als Taubenhaus. „Ich fände es stattdessen besser, wenn die Stadt ein eigenes Taubenhaus in der Altstadt bauen würde, von mir aus auch im Krämersdorf. Auch, um die historische Substanz des Glockenturms nicht noch weiter zu beschädigen und um diesen künftig auch wieder der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können.“