Hattingen. Das Hochwasser bringt die Feuerwehr Hattingen über ihre Leistungsgrenze. Der Chef berichtet, welche Einzelschicksale die Retter besonders bewegen.

Von einer Jahrhundertlage spricht Tomás Stanke, Chef der Feuerwehr in Hattingen, angesichts des Hochwassers. „Wir haben viele Erfahrungen gewonnen.“

Erfahrungen, die keine Vorplanung voraussehen kann. Welche Bereiche sind besonders gefährdet? Wo breitet sich das Wasser wie aus? „Denn das Wasser kommt ja nicht nur aus der Ruhr, sondern auch aus Bächen und es drückt aus der Kanalisation hoch. Wir haben nur Erfahrungen mit Hochwasser bis 6,10 Meter. Mehr gab es in den letzten 40, 50 Jahren nicht.“

Hochwasser bringt Feuerwehr Hattingen an Leistungsgrenze

Die Feuerwehr arbeitet in Vollbesetzung im rollierenden System. „Normalerweise würde ab einer Pegelhöhe von 6,50 Metern überörtliche Hilfe angefordert, aber daran war ja nicht zu denken. Und dabei waren wir bei sieben Metern.“ Ein Krisenstab bei der Stadt wird eingerichtet. Aber während Mitglieder anderer Feuerwehren aus dem EN-Kreis inzwischen in Euskirchen eingesetzt sind, bleiben Hattinger davon am Freitag noch „verschont“, weil „bei uns selbst noch zu viel los ist“.

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Die Feuerwehr Hattingen hat die Einsatzleitung von der Leitstelle für Hattingen übernommen. „Es ist schwer, den Menschen zu vermitteln, dass sie warten müssen, obwohl sie eigentlich eine ganz hohe Priorität haben. Aber so eine Lage bringt die Feuerwehr über ihre Leistungsgrenze.“

Einzelschicksale bewegen die Retter

Die Einzelschicksale der Bürger in Hattingen bewegen die Retter. „Beim Haus Kemnade war die Lage dramatisch. Da flossen Tränen der Eigentümer.“ Oder Neuhausbesitzer, „die nicht sprechen können“, weil ihr Glück vom Eigenheim gerade in den Fluten steht. „Am Büchsenschütz unterhalb vom Poseidon waren die Häuser bis zur Fensterkante umspült“, erinnert sich Stanke.

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Tragisch sei auch die Situation im Restaurant „Diergardts Kühler Grund“ gewesen. „Dort ist der Keller vollgelaufen, brusthoch. Alle Mitarbeiter standen im Keller, versuchten das Wasser aufzuhalten. Wir mussten sie herausholen, weil das Wasser zehn Zentimeter unter der Hauptstromversorgung stand. Das war zu gefährlich.“ Am Ende der Kräfte und verzweifelt sei das Restaurant-Team gewesen.

Feuerwehr-Chef lobt die Einsatzkräfte

Stanke lobt die Einsatzkräfte, die auch mit defekten Pumpen, defekten Kettensägen und Co. zu kämpfen hatten. Material musste organisiert, mit anderen Rettern mussten Wohnungen geräumt werden: „Sie haben bis zur Erschöpfung gearbeitet, viele musste man zur Pause zwingen.“ Er selbst gönnte sich nach 40 Stunden Einsatz eine fünfstündige Pause – dann ging es weiter. Gut habe die Feuerwehr mit THW und DLRG zusammen gearbeitet.

Doppelt so viele Einsätze für die Polizei im Kreis

Die Polizei im EN-Kreis verzeichnet mit 265 Einsätzen am Donnerstag doppelt so viele wie normal, sagt Sprecherin Sonja Wever. „Wir haben unterstützt, wo wir konnten, haben in Hattingen Straßen gesperrt und in Gevelsberg mit Lautsprechern informiert, dass gleich der Strom wieder da ist.“

Am Freitag jedenfalls gehen für alle Kräfte die Einsätze weiter.

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