Hattingen. Bei einer Party im Swingerclub im Steinenhaus kommt es im November 2019 zum Einsatz der Feuerwehr Hattingen. Alle müssen raus – leicht bekleidet.

Erst gibt es Probleme mit dem ruhenden Verkehr, später dann sorgt ein Zwischenfall für eine ungewöhnliche Ansammlung leicht bekleideter Menschen auf der Straßenkreuzung – der Swingerclub im Steinenhaus bewegt die Menschen, zumeist die aus anderen Städten.

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Es ist Nacht überm Katzenstein, ob es noch der 2. oder schon der 3. November 2019 ist, weiß wohl keiner der Gäste so genau. Denn im Swingerclub steigt gerade ein große Party, so um die 300 Menschen sind im Steinenhaus dabei, obwohl offiziell nur 199 zugelassen sind. Sie haben Spaß, feiern ausgelassen.

Nur notdürftig bekleidet stehen die rund 300 Gäste nach der Evakuierung auf der Verkehrskreuzung Wittener Straße/Hammertal in Hattingen.
Nur notdürftig bekleidet stehen die rund 300 Gäste nach der Evakuierung auf der Verkehrskreuzung Wittener Straße/Hammertal in Hattingen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Plötzlich kollabieren zwei Gäste. Übelkeit, Kopfschmerzen und Schwindel, eine Frau ist nicht mehr ansprechbar. Die Feuerwehr wird gerufen – und das Kohlenmonoxid-Warngerät schlägt an. Gas-Alarm! Alle müssen raus. Auf der Straße stehen sie dann, spärlich bekleidet, mit Bademänteln und Decken notdürftig geschützt, ehe sie in herbeigeschafften Linienbussen untergebracht werden. Nach Untersuchungen durch Notärzte und Sanitäter klagen acht weitere Gäste über Unwohlsein und werden vorsorglich ins Krankenhaus gebracht.

Viel Verkehr gab es an der Wittener Straße immer

Viel Verkehr hat es auf dieser Kreuzung immer schon gegeben: Die Wittener Straße – im 19. Jahrhundert als Chaussee gebaut – verbindet Hattingen und Witten und ist Zubringer zur A 43, im Süden geht es durchs Hammertal nach Sprockhövel, im Norden über die Kemnade und bis nach Bochum. Stiller Beobachter am Fuße des Katzensteins­ das Steinenhaus in Blankenstein, das über die Jahrhunderte immer wieder wechselnde Betreiber hatte.

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Im Sommer 2010 steht das Gebäude wieder einmal leer, als die ersten Gerüchte die Runde machen, dass ein privater Investor hier einen Swingerclub einrichten wolle. Und richtig, die Stadt Hattingen bestätigt diese Gerüchte und erklärt, dass ihr ein entsprechender Bauantrag vorliege, der positiv beschieden wird. Einziges Problem ist der ruhende Verkehr.

Über das Steinenhaus

Im 19. Jahrhundert ist das Steinenhaus ein Zwischenlager und Pferdeverleih, später wird eine Schankwirtschaft eingerichtet. Als aber die Chaussee zwischen Blankenstein und Herbede fertig ist, wird die Schänke wieder geschlossen.

In den 1990er-Jahren nutzen die Städte Hattingen und Sprockhövel das Haus als Wohnheim für Asyl­bewerber.

Die Stadt fordert 45 Parkplätze ein, die für die Aufnahme des Betriebs nachgewiesen werden müssen. Der Betreiber bittet um ein Drittel Erlass, weil das Haus vom Nahverkehr gut erschlossen sei. „Das ist ja keine Schikane“, sagt der damalige Chef der städtischen Bauverwaltung, Gerhard Rohde. „Wir müssen nur sicherstellen, dass belegte Stellplätze nicht zu wildem Parken an und auf Straßen führen.“ Denn hier sind auch zwei Städte beteiligt: Die Straßenseite, auf der das Steinenhaus steht, gehört zu Hattingen, die Straßenseite mit der Tankstelle dagegen zu Witten.

Grünes Licht fürs Rotlicht im Steinenhaus

Außenaufnahme des Swingerclubs im Steinenhaus in Hattingen.
Außenaufnahme des Swingerclubs im Steinenhaus in Hattingen. © FFS | Svenja Hanusch

Nach einigem Hin und Her gibt es dann aber grünes Licht fürs Rotlicht. Und die Gäste kommen – viele, vor allem aus anderen Städten. Die meisten Gäste wollen dann doch lieber unerkannt bleiben.

Wie viele es an diesem Samstagabend sind, als die große Party steigt, ist nicht genau nachzuvollziehen. Feuerwehr und Polizei sprechen zunächst von bis zu 500 Gästen, korrigieren sich später auf 300. Im Internet gibt der Club an, dass er auf seinen 995 Quadratmetern Platz für 299 Menschen hat. Die Stadt Hattingen betont indes, dass die Räumlichkeiten nach der Versammlungsstätten-Verordnung nur für 199 Personen freigegeben sind. Sie kündigt Kontrollen an.

Wenige Tage später werden die Ermittlungen eingestellt

Doch zurück zum Gas-Alarm. Wenige Tage nach dem Vorfall stellt die Polizei die Ermittlungen ein: Kohlenmonoxid war nicht die Ursache, ein technischer Mangel kann ausgeschlossen werden. Die polizeilichen Ermittlungen ergeben, dass bei den beiden Personen andere gesundheitliche Gründe für den Zustand verantwortlich waren.

In der Corona-Pandemie ruht der Verkehr nun wieder seit einem Jahr. Aber die Geschichte des Steinenhaus wird sicher fortgeschrieben.

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