Hattingen. Auf dem Hattinger Kirchplatz steht das Denkmal Hattingia. Der Platz hat fünf schmale Zugänge – das hat historisch bedingte Gründe.
Die Verstorbenen um die Kirche herum zu beerdigen, war früher üblich. Und so war auch der heutige Kirchplatz als Kirchhof bis 1813 Begräbnisstätte. Bis 1608 begruben auch die Blankensteiner hier ihre Toten. Hygienische Gründe waren es dann, die dazu führten, dass der Friedhof vor die Mauern der Stadt kam.
Die über 400 Jahre alten Fachwerkhäuser rund um die St.-Georgs-Kirche entstanden auf Kirchenland. Als Grundsteuer wurde nicht Geld, Haustiere oder Getreide verlangt, sondern Bienenwachs. Damit nämlich konnten Kerzen für die Beleuchtung der Kirche hergestellt werden. Darum heißen die Häuser am Kirchplatz auch Wachszinshäuser.
Der Kirchplatz in Hattingen liegt erhöht und sollte gut zu verteidigen sein
Der Platz liegt erhöht und ist über fünf absichtlich schmale Zugänge erreichbar. Denn die Stadtmitte sollte gut zu verteidigen sein – auch der Turm mit 2,20 Meter dicken Wänden diente der Verteidigung. Er erhielt übrigens seinen spitzen Helm-Turm nach 1424 – nach dem Überfall der Bergischen, die das damalige Dach zerstörten.
Die Zugänge werden auch „Röster“ genannt, weil sie mit Eisenrosten versehen waren, um herumlaufende Haustiere wie Schweine von Kirche und Friedhof fernzuhalten. Die heutige Zufahrt, so steht es auch in der Broschüre „Hattingen historisch“, ist erst durch den Abbruch eines Wohnhauses geschaffen worden. Früher wurden die Häuser fortlaufend durchnummeriert – und so erklärt sich, warum beispielsweise das einstige Haus Nr. 250, in dem ein Drechsler wohnte, heute die Adresse Kirchplatz 11 trägt.
Einige Gebäude auf dem Kirchplatz haben eine besondere historische Bedeutung
Einige Gebäude um den Platz haben eine besondere historische Bedeutung. An der Stelle der Münze steht das Haus Kirchplatz 15. Kirchplatz 17 und 19 waren einst Schulen. Und die Löwenapotheke war 330 Jahre lang – bis 1982 – an der Adresse Kirchplatz 6-8 zu finden.
Mittelpunkt des Platzes ist die St. Georgs-Kirche, gebaut im 13. Jahrhundert, zuvor gab es einen Vorgängerbau. Seit der Reformation ist die St.-Georgs-Kirche Hauptkirche der evangelischen Gemeinde.
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Die Glocken in dem schiefen Turm wurden im Ersten Weltkrieg vom Kriegsminister beschlagnahmt – und kamen 1926 dann wieder zurück.
1942 gab es eine neue Treppe vom Kirchplatz in Hattingen hin zum Alten Rathaus
1942 war es, als es eine neue Treppe zum Alten Rathaus gab – veranlasst vom Heimatverein Hattingen. 1943 wurde dann auch die Treppe zu Johannisstraße hin erneuert. Klagen erhoben sich in den 1960er Jahren darüber, dass der vom Platz aufwirbelnde Staub den Hausfassaden schade. 1964 bekam der Kirchplatz dann für 150.000 Deutsche Mark eine neue Decke.
Das Königgrätzdenkmal auf dem Kirchplatz wurde abgerissen
Einst stand neben der Hattingia ein zweites Ehrenmal auf dem Kirchplatz: das Königgrätzdenkmal vor dem Hauptportal der St.-Georgs-Kirche. Es wurde 1969 entfernt.
Es erinnerte an die Männer, die im Krieg von 1864 Preußen und Österreich gegen Dänemark und im Krieg von 1866 Preußen gegen Österreich ihr Leben ließen.
2014 ersetzte und erneuerte die Stadt die 200 Jahre alten kaputten Kalksandsteinplatten auf dem Gehweg rund um St. Georg und verlegte andere neu. Kosten: 30 000 Euro, die sich Kirche und Stadt teilten, weil der Platz der Kirche zwar gehört, doch die Stadt für die Verkehrssicherung zuständig ist. Dass nur die Gehwegplatten repariert wurden, ärgerte damals Pfarrer Udo Polenske, denn auch sonst seien überall Steine hochgedrückt.
Kirchplatz ist alljährlich romantischer Ort für den nostalgischen Weihnachtsmarkt
Der Kirchplatz, auf dem alljährlich der nostalgische Weihnachtsmarkt seinen romantischen Ort hat, bietet auch ein Denkmal: Das Kriegerdenkmal Hattingia stammt aus 1876. Zum Gedenken an die Gefallenen im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 wurde am 5. August 1876 auf dem Kirchplatz diese Marmor-Statue eingeweiht. „Hattingia“ trägt eine fünftorige Mauerkrone auf dem Haupt, das Wappenschild des St. Georgs ist zu sehen. In den Händen hält sie einen so genannten Immortellenkranz als Zeichen ihrer Unsterblichkeit. Sie stammt vom Hildesheimer Bildhauer Küsthardt. Auf den Marmortafeln ist außer den 50 Namen der Gefallenen die Widmung eingemeißelt: „Ihren für Deutschlands Einheit im glorreichen Kriege 1871 gefallenen Söhnen zum ehrenvollen Andenken die dankbaren Bürger von Stadt und Amt Hattingen“.