Hattingen/Witten. . Inhaber müssen sich laut Markus Dürscheidt fünf bis zehn Jahre vorher um die Nachfolge kümmern. Oft schließen Firmen, weil niemand übernimmt.

„Ging es früher zumeist um die Beratung hinsichtlich der Betriebsübergabe, so muss sich die Handwerkskammer Dortmund heute oft eher um Betriebsschließungen kümmern“, sagt Sabine Matuschowski aus Erfahrung. Denn sie kümmert sich um das Thema Betriebsübergaben bei der Handwerkskammer Dortmund, die auch für Hattingen zuständig ist. Denn: Handwerker, die einen Nachfolger für ihre Firmen suchen, haben es heute extrem schwer.

Im Vermittlungsportal der Handwerkskammer im Internet auf www.nexxt-change.de finden sich denn auch 6523 Verkaufsangebote. Ihnen stehen nur 2022 Kaufgesuche gegenüber. Vor einem Jahr hatte dort beispielsweise eine Kosmetikerin aus der Hattinger Innenstadt wegen Umzugs ihr Geschäft inseriert. Einen Käufer indes, sagt sie, hat sie für das Studio, das es zehn Jahre gab, nicht gefunden. „Ich hätte mich sehr für meine Kunden gefreut, wenn es geklappt hätte.“

Viele Meister scheuen das Risiko eines Unternehmens

„Es ist nicht einfach, einen Nachfolger zu finden“, sagt Volkmar Alofs, Inhaber einer Tischlerei. Er ist 56 Jahre alt – und blickt schon in die Zukunft. „Wir arbeiten daran.“ Das Problem sei, jemanden zu finden, der in dem entsprechenden Alter sei – und auch Lust hätte, das Risiko eines Handwerksbetriebs zu tragen, erklärt er.

Dass er sich jetzt schon umsieht, ist gut. Denn, so sagt der Wittener Markus Dürscheidt, stellvertretender Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Ruhr, „man braucht schon fünf bis zehn Jahre Vorlauf, damit der Nachfolger so eingearbeitet werden kann, dass er die Firma weiterführen kann“. Häufig würde das Problem der Firmenübergabe im Tagesgeschäft untergehen, viele Inhaber verpassten den Zeitpunkt. „Ich selbst bin 51 Jahre alt und muss auch bald anfangen, mich zu kümmern“, so der Dachdecker.

Häufig noch übernehmen Kinder den Betrieb

Bestritt ein Firmeninhaber aus dem Verkauf früher oft seinen Lebensabend, so sei es inzwischen „eine Seltenheit geworden, dass jemand von außen kommt und einen Betrieb übernimmt“, sagt Dürscheidt. Eher noch würden Kinder übernehmen – oder ein Mitarbeiter. Das sei häufiger der Fall.

„Inzwischen möchten sich aber viele, die einen Meistertitel haben, lieber selber einen Betrieb aufbauen, möchten klein anfangen und dann organisch wachsen“, weiß er. Denn oft sei auch aufgrund des Fachkräftemangels die Mitarbeiterstruktur in Handwerksbetrieben überaltert, Nachwuchs fehle.

Einige Inhaber verpassen die Digitalisierung

Ältere Unternehmer halten laut Dürscheidt nicht mit der Digitalisierung Schritt. „Sie haben keine Lust, sich in ihren letzten fünf Jahren noch auf etwas Neues einzulassen. Aber wer soll denn eine Firma übernehmen, die nicht zukunftsfähig aufgestellt ist?“ Denn Aufzuhalten sei der Digitalisierungsprozess nicht. „Viel Austausch und viele Projekte gibt es inzwischen auf Plattformen.“ Da müsse man dann einfach auch vertreten sein – sonst bleibe man bei vielen Aufträgen und Informationen außen vor.

Den Dachdeckermeisterbetrieb Jäger gibt es inzwischen seit über 150 Jahren. „Mein Sohn ist jetzt 40 Jahre alt, was danach kommt, weiß ich nicht. Die Enkelin ist erst ein halbes Jahr alt“, sagt Elke Jäger. Und sie weiß auch: Es ist schwieriger geworden mit der Nachfolge. Denn ein Unternehmen zu führen, sei zeitintensiv und anstrengend. „Viele schreckt das ab.“ Wenn man sich dafür entscheide, müsse man einen Betrieb „mit besonders viel Liebe“ führen.