Hattingen. . Ende 2016 waren in Hattingen Briefe und Päckchen verschwunden. Jetzt begann der Prozess gegen einen Postfahrer – mit vielen offenen Fragen.

Hat der Angeklagte 1000 Briefe und 40 Pakete unterschlagen? Durfte er für einen Subunternehmer im Auftrag der Deutschen Post arbeiten? Und hat er überhaupt die Tour gefahren, auf der zwischen Oktober und Dezember 2016 Postsendungen verschwanden? Viele Fragen blieben zum Prozessauftakt vor Gericht ungeklärt. Der Angeklagte schweigt. Deshalb wird die Beweisaufnahme bis zu einem Urteil wohl langwierig und aufwändig.

„Wir müssen jetzt jeden einzelnen Fall durchgehen. Das könnte sich noch bis Ende des Jahres fortsetzen“, sagte Richter Johannes Kimmeskamp am Ende des ersten Verhandlungstages gegen einen 44-jährigen Mann aus Castrop-Rauxel. Diesem wird vorgeworfen, Postsendungen im Wert von 9500 Euro unterschlagen zu haben. Ein Teil der verschwundenden Waren wurde mit ihm in Verbindung gebracht.

Funde bei Wohnungsdurchsuchung

So war bei Nachforschungen des Sicherheitsbeauftragten der Post herausgekommen, dass der Angeklagte die Tour über die Hattinger Postservice-Stellen und Briefkästen gefahren war, wo Pakete verschwanden. Ebenso eine Route in Essen mit gleichen Vorkommnissen. „Zwischen Oktober und Dezember sind in dem Bereich 184 Pakete abhanden gekommen. Die Post hat ihren Kunden 26 622 Euro erstattet“, erklärte der Sicherheitsbeauftragte.

Angeklagt sind die Fälle, die dem 44-Jährigen nach Zeugenaussagen zugeordnet wurden. Darunter ein versandtes i-Phone, das in einem Recklinghäuser Gebrauchthandel auftauchte – verkauft von einem Mann unter dem Geburtsnamen des geschiedenen Angeklagten. Außerdem wurden bei einer Wohnungsdurchsuchung Gegenstände sichergestellt, die Beschreibungen der Absender entsprechen. Zudem eine Postkiste mit Briefen.

Subunternehmer des Subunternehmers

Der Castrop-Rauxeler war offenbar als Angesteller des Subunternehmens eines Subunternehmens der Post unterwegs; der Servicepartner der Post hatte sich seinerseits Unterstützung gesucht. Der Unternehmer sagte aus, er sei im Oktober 2016 gebeten worden, einen neuen Fahrer freizugeben. Weil das polizeiliche Führungszeugnis fehlte, habe er erst im Dezember einen Dienstausweis für den 44-Jährigen bei der Post beantragt. Den habe er erst nutzen dürfen, nachdem die Unterlagen nachgereicht wurden. „Die Filialen dürften ihm ohne Dienstausweis gar keine Sendungen rausgeben“, betonte der Servicepartner der Post.

Der Prozess wird am 22. März am Amtsgericht in Hattingen fortgesetzt.
Der Prozess wird am 22. März am Amtsgericht in Hattingen fortgesetzt. © Walter Fischer

Nachdem ihm Unregelmäßigkeiten gemeldet worden seien, habe er die Route überprüft und festgestellt, dass sein Subunternehmer selbst fuhr, in Begleitung des Angeklagten. Zu einer Überprüfung mittels „Fangsendungen“ als Köder für den Angeklagten war es Anfang Januar 2017 nicht mehr gekommen. Seit dem 28. Dezember 2016 sei der Fahrer nicht mehr zum Dienst erschienen.

Licht ins Dunkel, wer wann gefahren ist, könnte der Chef des Angeklagten bringen. Der war seiner Ladung als Zeuge aber nicht nachgekommen. Er wird nun von der Polizei zum Fortsetzungstermin am Donnerstag, 22. März, gebracht.

>>> Kritik an der Sicherheit bei der Post

Kritik am System der Post übte deren Subunternehmer. So würden Pakete nur bei der Abgabe durch den Kunden und dann erst im Verteilzentrum gescannt. Weder bei der Abholung in der Filiale, noch an einer Zwischenstation werde die Zahl überprüft.

„Wer nur ein wenig kriminelle Energie hat, sieht das sofort“, warnte der Zeuge.