Gladbeck. . Im Kulturausschuss erhitzten sich die Gemüter in der Diskussion um die Gestaltung einer Gedenkstätte für Gladbecker Euthanasie-Opfer. Das „Bündnis für Courage“, das die Projekt-Idee hatte, fühlt sich von der Stadtverwaltung über den Tisch gezogen. Eine Mehrheit gab’s lediglich für den Standort.
Man hätte denken sollen, dass dieser Tagesordnungspunkt – vielleicht mit ein paar fachlichen Nachfragen – gestern einmütig den Kulturausschuss passieren würde. Mitnichten. In der Diskussion über eine geplante Gedenkstätte für Gladbecker Euthanasie-Opfer erhitzten sich die Gemüter. Ein wahres Trauerspiel bot sich zu später Stunde den Beobachtern. Einhellige Zustimmung blieb der Verwaltungsvorlage verwehrt, einzig zum Standort ließ sich eine Mehrheit erzielen. Was die Ausgestaltung angeht, ist nachzuarbeiten.
Künstlerischer Aspekt sei ungewollt
Nicht nur Kulturdezernentin Nina Frense fand es „unwürdig, über so ein Thema Streit ausbrechen zu lassen“. Doch Gräben taten sich da gestern Abend auf. Das „Bündnis für Courage“ hatte im November 2013 einen Vorschlag auf den Tisch gebracht, einen Gedenkort für Euthanasie-Opfer in der Stadt zu errichten; mit Vertretern der Stadtverwaltung arbeiteten Mitglieder an dem Projekt (die WAZ berichtete). Dass es unterschiedliche Auffassungen zur Umsetzung gab – kein Geheimnis. Doch in der gestrigen Ausschuss-Sitzung vermittelte dessen Sprecher Roger Kreft, dass sich das Bündnis als Partner von der Verwaltung übergangen fühlt.
Systematische Morde während des Nationalsozialismus’
Unter dem Begriff „Euthanasie“ sind systematische Morde zur Zeit des Nationalsozialismus als Teil der nationalsozialistischen „Rassenhygiene“ zu verstehen.
Opfer wurden Mädchen und Jungen in Krankenhäusern in so genannten Kinderfachabteilungen und Erwachsene.
Ermordet wurden Psychiatriepatienten und Behinderte in Tötungsanstalten und Krankenhäusern sowie KZ-Häftlinge.
Thomas Weijers (Piraten) war es, der ein „Minimum an Fairness“ anmahnte. Das „Bündnis für Courage“ solle doch auch zu Wort kommen. Und dazu bekam Kreft Gelegenheit. Nur durch Zufall habe die Gruppe davon erfahren, dass ein Beschlussentwurf der Verwaltung auf der Tagesordnung stehe: „Wir sind verwundert, dass wir keine Einladung erhalten haben.“
Der von der Verwaltung vorgesehene Platz – am Standort des ehemaligen Gesundheitsamtes (Bottroper Straße 3) auf dem Areal des heutigen Neuen Rathauses – sei keinesfalls auf Gegenliebe des Bündnisses gestoßen. Geschweige denn die vorgeschlagene Gestaltung. Einmal davon abgesehen, dass es sich um 52 Opfer handle. 50 Namensschilder für 50 Einzelschicksale, verstreut angebracht an einer Wand am besagten Ort – diese Idee unterbreitete die Verwaltung. Das „Bündnis für Courage“ würde hingegen eine künstlerische Gestaltung vorziehen, „aber das ist so nicht gewollt“. Eigene Bemühungen seien nicht berücksichtigt worden. Ideal wäre es gewesen, so Kreft, einen Kompromiss zu finden – schließlich gehe es doch um 52 ermordete Menschen. Frense: „Als Fachverwaltung haben wir einen Vorschlag in den Kulturausschuss gebracht.“
Weijers machte den Vorstoß, das Thema zu vertagen – ohne Erfolg. Das Ringen um die Ausgestaltung der Gedenkstätte geht weiter.