Gladbeck. . Vor 60 Jahren ging Klaus Walinski bei einem Bäckermeister in Haltern in die Lehre, vor einem halben Jahrhundert legte er die Meisterprüfung ab. Der 74-Jährige liebt seinen Beruf. Noch immer steht er jeden Tag ab 3.45 Uhr in der Backstube. Der Gladbecker ist Bäcker aus Leidenschaft.

Einen anderen Beruf hätte sich Klaus Walinski einfach nicht vorstellen können. Er wollte unbedingt Bäcker werden. Die Leidenschaft für sein Handwerk hat sich der 74-jährige bis heute erhalten. Tag für Tag steht er ab 3.45 Uhr in der Früh in der Backstube, hilft seinem Sohn Marcus, der den elterlichen Betrieb an der Gildenstraße vor zwölf Jahren übernommen hat.

14 Jahre alt war Klaus Walinski, als er in der Bäckerei Bussmann in Haltern in die Lehre ging. Er hatte es nicht abwarten können – schon ein halbes Jahr vorher half er regelmäßig mit in diesem Betrieb, in dem auch sein Vater arbeitete. Vier Mark im Monat bekam der Lehrling und obendrein Kost und Logis. „Man wohnte damals bei seinem Lehrherrn, damit man jederzeit einsatzbereit war“, erinnert sich Klaus Walinski.

Ehefrau Ingrid im Verkauf

1959 machten sich Vater und Mutter in Bottrop selbstständig, und Klaus Walinski arbeitete mit im elterlichen Betrieb. 1964 – in diesem Jahr starb sein Vater – legte er die Meisterprüfung ab.

In Gladbeck lebt und arbeitet Klaus Walinski seit 1965. Und – wie könnte es anders sein – seine Frau Ingrid lernte er beruflich kennen. Sie arbeitete als Bäckerei-Fachverkäuferin. 1967 – die beiden hatten geheiratet und Sohn Marcus war gerade sechs Wochen alt – übernahmen Klaus und Ingrid Walinski die Bäckerei Bugzel an der Gildenstraße 11. „Meine Frau hat in den ersten Jahren Tag für Tag frühmorgens 500 Brötchen ausgefahren und mittags Brot“, erzählt Walinski. „So haben wir uns das Geschäft aufgebaut.“ Es lief so gut, dass sie 1989 das Wohnhaus Gildenstraße 5 kaufen und zur Bäckerei umbauen konnten.

Die goldenen Zeiten des Bäckerhandwerks sind vorbei. Fabriken und Großbetriebe machen den Familienunternehmen zu schaffen. „Als wir 1967 hier anfingen, gab es in Gladbeck 24 Bäckereien, vier sind übrig geblieben.“ Für einen Betrieb wie Walinski bedeutet das zum Beispiel: „Früher konnten wir jeden Tag eine breite Palette an Kuchen und Torten anbieten, heute machen wir das Gros nur noch auf Bestellung. Sonst müssten wir viel zu viel wegwerfen.“

Immerhin: Bäckermeister Marcus Walinski beschäftigt noch zwei Gesellen in der Backstube und zwei Verkäuferinnen. Und dann sind da ja noch die Eltern als unverzichtbare Helfer. „Wir machen das, um unseren Sohn zu unterstützen, aber auch, weil es immer noch Spaß macht“, sagt Klaus Walinski. Und seine Frau ergänzt: „Meine Schwiegermutter hat mit 80 Jahren noch im Laden gestanden. Jeder kannte Oma Walinski. Jetzt bin ich die Oma und mache weiter, so lange es geht.“

Innungsgeschäftsführer Streich überreichte die Auszeichnung 

Vor 50 Jahren hat Klaus Walinski seine Meisterprüfung abgelegt. Jetzt wurde er von der Kreishandwerkerschaft Emscher-Lippe-West mit dem Goldenen Meisterbrief geehrt. Die Auszeichnung überreichte ihm Innungsgeschäftsführer Egbert Streich.

Bäckermeister Walinski hat viele Jahre junge Leute ausgebildet. Heute, sagt er, sei es fast unmöglich, Auszubildende zu finden. „So früh aufstehen und am Wochenende arbeiten – das will niemand mehr.“

Natürlich hat sich im Laufe der Jahrzehnte vieles verändert im Bäckerhandwerk. Ohne Maschinen geht in einer Backstube nichts mehr. Bei Walinskis ist einiges noch so, wie es immer war: Der Drei-Stufen-Sauerteig zum Beispiel, von Hand angesetzt und natürlich ohne chemische Zusätze, wird innerhalb von zwölf Stunden, um 4 Uhr, um 9 Uhr und um 21 Uhr, bearbeitet. Und auf dem Apfelkuchen liegen keine in der Fabrik geschälten Äpfel aus dem Plastikbeutel: „Wir benutzen noch eine Schälmaschine – den Unterschied schmeckt man.“