Gladbeck. Der 19-jährige Gladbecker, der im Mai seinen Bruder erstochen hat, muss auf unbestimmte Zeit in die geschlossene Psychiatrie. Dieses Urteil verhängte das Essener Landgericht. Der Richter sprach von einem “tragischen Unglück“. Der junge Mann leidet seit seinem 15. Lebensjahr an einer paranoiden Schizophrenie.
An Rache denkt niemand, als die III. Essener Jugendstrafkammer den Strafprozess gegen den 19-Jährigen beschließt, der seinen zwei Jahre jüngeren Bruder erstochen hat. Die Richter schicken den Galdbecker in die geschlossene Psychiatrie und hoffen, dass er dort gesund wird. „Ein tragisches Unglück“, so nennt Richter Günter Busold die Tat.
Die Eltern des Beschuldigten und seine Schwester gehen nach dem Urteil zu dem 19-Jährigen, verabschieden sich von ihm und umarmen ihn. Auch das Gericht hatte ihm alles Gute gewünscht. Busold: „Wir alle hoffen, dass Du, Stefan, die Möglichkeit hast, entlassen zu werden.“ Aber noch gilt er ohne Behandlung als zu gefährlich für die Allgemeinheit.
Psychisch krank
„Er hat in einem Wahnsystem gelebt“, fasst Busold die psychische Erkrankung des 19-Jährigen aus Zweckel zusammen. Stimmen hatte der junge Mann schon seit längerer Zeit vernommen, abgehört fühlte er sich. Busold sprach die Eltern an: „Das Tragische ist, dass sie die Krankheit erkannten und ihn zum Arzt drängten.“ Aber die ärztliche Hilfe hatte noch nichts geändert, Medikamente nahm Stefan nur unregelmäßig ein.
Völlig überraschend kam deshalb am 26. Mai die Tat. Der 19-Jährige glaubte, dass sein Bruder die Eltern töten wolle. Nach dem Mittagessen an jenem Sonntag, die Eltern standen im Garten, holte er aus der Küche ein Fleischmesser und stach es dem Jüngeren von hinten in den Hals. „Mensch, Stefan...“, sagte der Bruder, bevor er starb. „Verzeih mir“, antwortete Stefan. Richter Busold erinnerte daran, dass der Tod innerhalb kürzester Zeit eintrat, weil der Stich mehrere große Gefäße durchtrennt hatte: „Wenn es überhaupt Trost gibt, dann den, dass Jan nicht lange gelitten hat.“
Zeitweise Neonazi-Kreisen angeschlossen
Seit seinem 15. Lebensjahr leidet der Beschuldigte an einer paranoiden Schizophrenie. In der Schule glitt er ab, brach eine Lehre ab, schloss sich zeitweise Neonazi-Kreisen an. Seit August 2012 ging er zu einem Psychiater. Strafrechtlich, so Richter Busold, sei der Beschuldigte für den objektiv heimtückischen Mord nicht schuldig. Die psychiatrische Gutachterin Maren Losch hatte dem 19-Jährígen volle Schuldunfähigkeit bescheinigt. Busold: „Der Fall ist vergleichbar mit einer bakteriellen Infektion. Wenn Stefan krank ist und seinen Bruder ansteckt, hätte das genauso enden können.“