Gladbeck. . Es war nur ein Stich - doch der war tödlich. Mit einem Küchenmesser hat ein Gladbecker (18) seinen 17-jährigen Bruder am Sonntag getötet. Den Stich räumt der Ältere ein, zum Motiv äußerte er sich bislang nicht. Ein Richter schickte den 18-Jährigen zur vorläufigen Unterbringung in ein psychiatrisches Krankenhaus.
Am Tag nach dem schrecklichen Familiendrama von Gladbeck hat sich die Staatsanwaltschaft zu näheren Umständen der Tat an der Arenbergstraße geäußert. Der 18-Jährige, der seinen Bruder (17) erstochen hat, wurde am Montag dem Haftrichter vorgeführt: Der entschied sich auf Antrag der zuständigen Staatsanwaltschaft Essen für die Unterbringung des jungen Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus - und gegen die U-Haft. Hinweise auf eine mögliche psychische Erkrankung hätten die Ermittler aus dem Familienkreis erhalten, berichtet Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen.
In seinen ersten Vernehmungen habe der 18-Jährige die Tat eingeräumt, sich aber nicht zur Motivlage geäußert. Bei der Anhörung vor dem Haftrichter schwieg der junge Mann dann. Ein Pflichtverteidiger wird ihm zur Seite gestellt.
„Ganz tragisches Geschehen“
Sein Bruder hatte bei der Tat, die sich am Sonntagmittag ereignete - der Notruf bei der Polizei ging gegen 12.47 Uhr ein - offenbar keine Chance. Ein einziger Stich mit einem Küchenmesser traf den 17-Jährigen in den Hals. Er starb noch am Tatort, der elterlichen Wohnung.
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Durch die schreckliche Tat hätten die Eltern quasi beide Söhne verloren, sagt Staatsanwalt Lichtinghagen, der von einem „ganz tragischen Geschehen“ spricht. Möglicherweise verbleibt der Täter bis zum Beginn der Hauptverhandlung in der Psychiatrie. Anzeichen für die Tat habe es im Vorfeld keine gegeben, sagt Lichtinghagen. Die Familie und der Täter hätten in Zweckel ein „relativ unauffälliges“ Leben geführt.
Der 18-Jährige konnte unmittelbar nach der Tat noch fliehen. Auch mit einem Suchhubschrauber wurde nach dem Mann gefahndet. Die Polizei, die mit einem Großaufgebot im Einsatz war, stellte ihn gegen 18 Uhr am Sonntagabend im Gartenhaus der Familie.
Am Tag danach sitzt der Schock bei den Nachbarn in Zweckel noch tief
Es wird noch lange dauern, bis die Menschen an der Arenbergstraße zur Ruhe kommen. Zu tief sitzt der Schock, zu nahe geht ihnen das, was am Sonntagmittag in ihrer Nachbarschaft geschehen ist. Im Streit hat ein 18-Jähriger seinen 17-jährigen Bruder mit einem Messer tödlich verletzt. Den Täter stellte die Polizei im Gartenhaus der Familie.
Am Tag danach herrscht Ruhe an der Arenbergstraße. Die Reporter sind abgezogen, früh am Morgen hatten sie die Nachbarn aus den Wohnungen geklingelt. Vor dem Haus, in dem am Sonntag ein Junge gestorben ist, weist nichts mehr auf die Tragödie hin. Und doch ist sie allgegenwärtig.
Ungewöhnlich langsam steuern die vorbeifahrenden Autos auf die Kreuzung zur Frentroper Straße zu. „Alle, die hier vorbei fahren, wissen das“, sagt Nachbarin Silvia H.. Sie selbst habe beim Mittagessen gesessen, als Notarzt und Rettungswagen eintrafen. Auch Nachbar Günter G. wurde erst durch die Sirenen aufmerksam auf das, was nebenan geschehen war.
„Die Leute standen auf beiden Straßenseiten“
„Hier waren ganze Hundertschaften im Einsatz“, erzählt Nachbar Günter G. Schnell hatte sich im Viertel herumgesprochen, das etwas schlimmes passiert war. „Die Leute standen auf beiden Straßenseiten“, erzählt Günter G., Dutzende sahen, wie der mutmaßliche Täter abgeführt wurde, nachdem die Polizei ihn in einem Gartenhaus aufgespürt hatte. „Ich glaube, der Hund hat ihn gefunden“, sagt G..
Die Nachbarn wissen nicht viel über die beiden Brüder. „Freundlich waren die beiden, gegrüßt haben die immer“, sagt Nachbarin Silvia H. Den Älteren habe er manchmal im Bus gesehen, sagt Nachbar Gregor W., aber zu tun gehabt habe er nichts mit dem jungen Mann, der bei seiner Verhaftung einen sogenannten Thorshammer um den Hals trug. Ein Symbol, das in der rechten Szene beliebt ist, aber auch bei Anhängern der Heavy-Metal Szene.
„Zurückhaltend und ruhig“
Als aggressiv ist der 18-jährige seinen Nachbarn nie aufgefallen. „Zurückhaltend und ruhig“, sei er gewesen, sagt Christiane W.. Fotos, die in der Boulevardpresse auftauchten, entwerfen ein anderes Bild. Sie zeigen den 18-Jährigen, wie er mit Waffen posiert. Angeblich sei er der Neonazi-Szene zugehörig, heißt es.
Das Mitgefühl der Nachbarn gilt der Familie von Opfer und mutmaßlichem Täter. Sie wurden am Sonntag von einem Notfallseelsorger betreut. „Ich möchte nicht in deren Haut stecken“, sagt Gregor W., der trotz Sonne Gänsehaut hat beim Gedanken an das Geschehene. „Für die Eltern ist es hart – allein in die Wohnung wieder reinzugehen“, sagt Silvia W., „als Mutter könnte ich das nicht aushalten.“