Essen/Gladbeck. . Kein Zweifel besteht laut Psychiaterin Maren Losch an der Schuldunfähigkeit eines jungen Mannes aus Zweckel, der seinen Bruder getötet hat. „Eine Perspektive, etwas Licht am Horizont“, das wünscht sich dessen Verteidiger vor dem Urteil. Auch die Eltern gehen davon aus, dass ihr Sohn krank ist.

„Eine Perspektive, etwas Licht am Horizont“, das wünscht sich Verteidiger Hans Reinhardt, wenn in der kommenden Woche die III. Essener Jugendstrafkammer über das Schicksal des 19-jährigen Gladbeckers entscheiden wird. Er wird beschuldigt, seinen ein Jahr jüngeren Bruder erstochen zu haben.

Kein Zweifel besteht laut Psychiaterin Maren Losch an der Schuldunfähigkeit des jungen Mannes aus Zweckel. Seit dem 15. Lebensjahr ist er psychisch krank, leidet an einer paranoiden Schizophrenie. Als er am 26. Mai nach dem Essen im Elternhaus ein Fleischermesser in den Nacken seines Bruders stieß, glaubte er fest daran, seine Eltern schützen zu müssen. Denn der Bruder habe gesagt, er wolle Vater und Mutter töten, sagt der 19-Jährige.

Übereinstimmend beantragen Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen und Verteidiger Reinhardt, den Angeklagten wegen Schuldunfähigkeit vom Vorwurf des heimtückischen Mordes freizusprechen und ihn wegen seiner Gefährlichkeit in die geschlossene Psychiatrie einzuweisen. Rechtsanwalt Thorsten Rühl, der die Eltern vertritt, erklärte, warum diese als Nebenkläger teilnehmen: „Sie wollen zeigen, dass sie hinter ihrem Sohn stehen, dass sie von einer Krankheit ausgehen.“

Er fühlte sich beobachtet und abgehört

Das psychiatrische Gutachten bestätigte diese Einschätzung eindeutig. Maren Losch berichtete von vielen Ereignissen der Vergangenheit, die darauf hinweisen: Der Leistungsknick des Beschuldigten, der seine Lehre abbrach und nichts mehr tat. Sein Gefühl, beobachtet und abgehört zu werden. Ein von den Eltern vermitteltes Gespräch mit dem sozialpsychiatrischen Dienst fand im Garten statt, weil der damals 18-Jährige fürchtete, abgehört zu werden. Stimmen hörte er, die es nicht gab. Er glaubte, dass seine Eltern seine Gedanken lesen, dass eine „germanische Sekte“ ihn zum Führer machen wolle. Noch in der Nacht vor der Tat stellte er einen Schrank vor die Tür seines Zimmers, weil er befürchtete, getötet zu werden.

Seit der Tat ist er in der Forensik untergebracht. Die Medikamente wurden mehrfach gewechselt, weil sie nicht anschlugen. Er hat wohl immer noch Wahnvorstellungen. Im Sommer glaubte er, sein Mitpatient wolle ihn töten. Oft schwäche er Berichte über seine Empfindungen sofort wieder ab, sagt die Gutachterin, die ihn weiterhin als gefährlich einstuft. Er selbst nimmt keine Stellung. „Ich habe nichts zu sagen“, lautet sein letztes Wort nach den Plädoyers.