Gladbeck. . Roger Kreft vom Gladbecker Bündnis für Courage hat die Wahlergebnisse des rechten Parteienspektrums bei den jüngsten Landtags- und Bundestagswahlen unter die Lupe genommen - und herausgefunden: “Mir glaubt’s ja keiner, aber Gladbeck ist in dieser Beziehung eine Hochburg.“

Roger Kreft vom Gladbecker Bündnis für Courage redet gerne Klartext. Das gilt auch dann, wenn es um Themen geht, die vielen Zeitgenossen unangenehm sind – wie das Verhältnis von (extremen) rechten Parteien und Wählergunst. Kreft sagt klipp und klar: „Mir glaubt’s ja keiner, aber Gladbeck ist in dieser Beziehung eine Hochburg.“ Diese Erkenntnis zieht der Gladbecker aus der detaillierten Betrachtung der Ergebnisse der Landtagswahl 2012 und der Bundestagswahl im September dieses Jahres. Seit gut eineinhalb Jahren arbeitet er als engagiertes Mitglied des Bündnisses für Courage an dieser Analyse. Die WAZ sprach mit Roger Kreft über Resultate dieser beiden Wahlen und über (verändertes) Verhalten der Bürger.

Sie beobachten die Entwicklungen im politisch rechten Spek-trum in Gladbeck seit Jahren. Aus welchen Gründen halten Sie es für notwendig, diese Thematik in die Öffentlichkeit zu tragen?

Viele Menschen sehen überhaupt nicht den Sinn einer solchen Betrachtung und sagen: „Das ist doch alles nicht so dramatisch!“ Ich sehe das anders: Wenn wir jetzt nichts gegen derartige Strömungen unternehmen, haben wir vielleicht irgendwann ein richtiges Problem.

Was sticht Ihnen ins Auge, wenn Sie die jüngsten Resultate bei der Bundestagswahl anschauen?

Bei etwa 75 Prozent der 84 Stimmbezirke hat die NPD mehr Stimmen gewonnen als bei der Bundestagswahl 2009. Teilweise haben die rechten Parteien insgesamt mehr Stimmenanteil als FDP, Grüne und Piraten zusammen.

Wie haben die rechten Parteien insgesamt – auf das Stadtgebiet bezogen – abgeschnitten?

NPD, Republikaner, Pro Deutschland und Die Rechte – eine Partei aus Kameradschaften und Nationalisten in Hamm gegründet – haben ohne AfD (Alternative für Deutschland, Anmerk. der Redaktion) zwischen 0,9 Prozent und 5,3 Prozent erzielt, je nach Wahlbezirk. Mit der AfD erreichte das rechte Spektrum zwischen 3 und 10,7 Prozent.

Sie rechnen die AfD zum rechten Spektrum?

Ich sage ganz klar: ja! Ich würde sie als rechtspopulistisch bezeichnen. Diese Partei ist wie „Pro NRW“ und „Pro Deutschland“ wie ein Wolf im Schafspelz. Das sagen auch Politikwissenschaftler.

Mit welchen Fakten belegen Sie diese These?

In manchen Aussagen im Wahlprogramm ist die AfD identisch mit der Rechten Partei von Le Pen, der Front National in Frankreich. Deswegen wollen wir vom Bündnis für Courage uns auch verstärkt mit der AfD befassen und darüber aufklären, wer und was die Partei überhaupt ist. Und das Schlimmste an den jüngsten Wahlergebnissen ist eigentlich, dass diese Partei so viel Zulauf hat – gerade auch von früheren Republikanern.

Welche Entwicklungen im Wählerverhalten bereiten Ihnen außerdem besonders Kopfschmerzen?

Gravierend ist, dass die NPD in zwei Dritteln aller Stimmbezirke dazu gewonnen hat. Teilweise hat sie in manchen Bezirken bis zum Vierfachen Zugewinn gemacht. Nur in wenigen Wahlbezirken ist das Ergebnis gleich geblieben bzw. hat die NPD Stimmen verloren.

Haben Sie Bezirke in Gladbeck ausgemacht, die Ihnen als besonders augenfällig „rechts“ aufgefallen sind?

Schwerpunkte kann man eigentlich nicht herausheben. Ob Süden, Osten, Westen oder Norden: So richtig sauber ist eigentlich keiner. Es lässt sich aber sagen, dass es Wahlbezirke bei uns gibt, in denen Parteien des rechten Spektrums keine Chance haben, zum Beispiel das Bonhoeffer-Haus.