Gladbeck/Bottrop/Gelsenkirchen. Eine Bande von Bankräubern soll zwischen September 2010 und August 2012 insgesamt vier Banken im nördlichen Ruhrgebiet überfallen haben. In der Nationalbank in Gladbeck gelang ihnen ihr größter Coup: Sie erbeuteten über 100.000 Euro. Der mutmaßliche Kopf der Bande, ein 41-jähriger Bottroper, saß bereits lange in Haft.
Der mutmaßliche Kopf der Bande schweigt: Bis zur Anklageerhebung hat sich der Bottroper André L. nicht zu dem geäußert, was ihm die Staatsanwaltschaft Essen vorwirft. Mit wechselnden Mittätern soll der 41-Jährige zwischen September 2010 und dem August 2012 insgesamt vier Banken im Ruhrgebiet überfallen und dabei 161.000 Euro erbeutet haben. Ab der kommenden Woche stehen L. und drei Mitangeklagte wegen schwerer räuberischer Erpressung vor dem Essener Landgericht. Im Falle einer Verurteilung drohen den Männern aus Bottrop (41 und 40 Jahre alt), Gelsenkirchen (38) und Pulheim (50) empfindliche Freiheitsstrafen. Für L. wäre es keine neue Erfahrung: Der 41-Jährige ist schon einmal zu elfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Der Prozess gegen die mutmaßliche Bankräuber-Bande, zu dem die Angeklagten aus der U-Haft vorgeführt werden, ist ein Ergebnis kriminalistischer Puzzle-Arbeit. Im Januar dieses Jahres hatten Spezialeinsatzkräfte der Polizei drei der jetzt angeklagten Männer festgenommen. Die Ermittler glaubten, genügend Indizien dafür zu haben, dass das Trio im August 2012 am Überfall auf die Sparkassen-Filiale im Bottroper Stadtteil Fuhlenbrock beteiligt war - die Beute: rund 10.000 Euro. Bei ihren Ermittlungen fand die Polizei zudem Beweismittel, die in Verbindung mit dem Überfall auf die Filiale der Nationalbank in Gladbeck im November 2010 standen - es war der wohl spektakulärste Coup der Bande.
Gesondertes Verfahren vor dem Schöffengericht
Mit einer vermeintlichen „Kofferbombe“ am Arm schickten die Männer eine Bekannte L.s - ebenfalls aus Bottrop - in die Bank. Die zum Tatzeitpunkt 33-Jährige erklärte in der Filiale, sie sei entführt worden und werde nun erpresst. Die Angestellten füllten einen zweiten Koffer mit 114.000 Euro, der einem Taxifahrer übergeben wurde, der damit zu einem vorher vereinbarten Treffpunkt fuhr. Am 1. Februar dieses Jahres wurde nach den jetzt Angeklagten auch die Frau festgenommen. Den Ermittlern gegenüber gab sie zu, in die Pläne der Bankräuber eingeweiht gewesen zu sein. Freiwillig habe sie mitgemacht. Ein Viertel der Beute sollte die Bottroperin dafür als Lohn erhalten. Die Frau muss sich in einem gesonderten Verfahren ab dem 13. August vor dem Schöffengericht in Gladbeck verantworten. Bis dahin befindet sie sich auf freiem Fuß.
Der Überfall auf die Sparkasse in Bottrop entpuppte sich im weiteren Verlauf der Ermittlungen als Spitze eines Eisbergs. Denn bereits im September 2010 soll die Bande in der Filiale Scholven der Sparkasse Gelsenkirchen zugeschlagen haben - ebenso wie im Oktober 2011 in der Sparkassen-Filiale Gelsenkirchen-Bismarck. Die Beute in diesen beiden Fällen: Rund 15.000 beziehungsweise rund 22.000 Euro. Bei ihrer ersten Tat hatten die Räuber Pech: Auf der Flucht explodierte ein Farbbeutel und machte die Beute unbrauchbar. Das Geld aus den übrigen Überfällen dürften die Täter aufgeteilt und ausgegeben haben. Bis heute ist kein Cent wieder aufgetaucht.
Angestellte in Sparkassen mit Schusswaffe bedroht
Der mutmaßliche Chef André L. soll an allen vier Überfällen beteiligt gewesen sein. Bei den Sparkassen-Überfällen in Bottrop und Gelsenkirchen soll er es gewesen sein, der die Angestellten in den Banken mit einer Schusswaffe bedroht hat. Vor und nach den Überfällen ging L. seiner geregelten Arbeit als Lagerist nach. Damit dürfte es für einige Zeit vorbei sein. Während L. die Aussage verweigert, waren seine Mitangeklagten den Ermittlern gegenüber gesprächiger. Vor allem der 38-jährige Gelsenkirchener hat bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Verfahrens umfassende Angaben gemacht und seine Mittäter belastet. Auch der 50-jährige Pulheimer, der ebenfalls beim Coup in der Nationalbank dabei war, hat die Überfälle eingeräumt. Auch für ihn wäre eine Haftstrafe bei einem Urteilsspruch keine Premiere.