Bochum. Hans-Jürgen Rösner will heiraten. Der Geiselnehmer von Gladbeck, der vor 24 Jahren die Geisel Silke Bischoff erschoss, sitzt noch immer im Gefängnis. Seine künftige Frau findet ihn “irgendwie sympathisch“. Chancen auf eine Entlassung hat er kaum, mindestens bis 2016 bleibt er in Haft.
Einer der beiden Geiselnehmer von Gladbeck, Hans-Jürgen Rösner will heiraten. Das hat sein Rechtsanwalt Rainer Dietz bestätigt. Der 55-Jährige, der in der Justizvollzugsanstalt Rheinbach bei Bonn einsitzt, werde eine Frau heiraten, die er während seiner Haftzeit kennengelernt habe.
Rösner erlangte als "Geiselgangster von Gladbeck" zweifelhafte Berühmtheit. Am 16. August 1988 überfiel er mit seinem Partner Dieter Degowski, der seine Haftstrafe in der JVA Werl verbüßt, eine Bank in Gladbeck. Anschließend begann eine wilde Flucht, in deren Verlauf zwei Menschen ums Leben kamen.
Rösners künftige Ehefrau faszinierte seine Ausstrahlung
Für Rösners zukünftige Frau ist das scheinbar nur eine Nebensache: "Trotz der schlimmen Geiselnahme fand ich Rösner irgendwie sympathisch", sagte sie der "Bild", "Er hatte eine Ausstrahlung, die mich faszinierte."
Zusammen mit Rösners damaliger Freundin Marion Löblich und zwei Bankangestellten, die Rösner und Degowski sich als Geiseln genommen hatten, fuhren sie in einem gestohlenen Auto nach Bremen, wo Rösners Freundin Verwandte hatte. Als sie bemerkten, dass die Polizei ihnen auf den Fersen war, brachten sie einen Bus in ihre Gewalt und nahmen die Fahrgäste als Geiseln.
Auf einer Raststätte töteten die Geiselnehmer ihr erstes Opfer
Mit dem Bus setzten sie ihre Flucht fort. Während einer Pause auf der Autobahnraststätte Grundbergsee an der A1 nahmen zwei Polizisten - offenbar ohne Anweisung der Einsatzleitung - Rösners Freundin fest. Rösner und Degowski stellten der Polizei ein Ultimatum: Wenn Löblich nicht innerhalb von fünf Minuten wieder am Bus wäre, würden sie eine Geisel erschießen. Weil die Polizei - bedingt durch eine misslungene Abstimmung - das Ultimatum verstreichen ließ, schoss Degowski einer Geisel in den Kopf.
Der 15-jährige Emanuele de Giorgi verblutete auf dem Rastplatz, weil kein Rettungswagen bereitstand.
Silke Bischoff starb, als die Polizei Rösner und Degowski überwältigte
Im späteren Verlauf der Flucht ließen Rösner und Degowski einen Großteil der übrigen Geiseln frei, wechselten erneut das Fluchtfahrzeug und fuhren mit zwei Geiseln, darunter Silke Bischoff, nach Köln. In Köln kam es zu skurril anmutenden Szenen, als die Geiselnehmer in ihrem Wagen von einer Horde von Reportern interviewt wurden. Einer der Reporter setzte sich sogar zu den Geiselnehmern ins Auto und lotste sie zurück auf die Autobahn.
Am Mittag des 18. August, mehr als 48 Stunden nach dem Banküberfall gelang es der Polizei, das Auto von Rösner und Degowski auf der Autobahn zu stoppen. Bei dem anschließenden Schusswechsel starb die Geisel Silke Bischoff durch eine Kugel aus Rösners Waffe. Sie war zu dem Zeitpunkt 18 Jahre alt.
Rösners künftige Frau will "alles über das Gladbecker Geiseldrama" gelesen haben
Rösners künftige Ehefrau war damals 20 Jahre alt. Sie habe "alles über das Geiseldrama geguckt und gelesen", sagte sie der "Bild".
Rösner und Degowski wurden 1991 vom Landgericht Essen zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Ein Gnadengesuch von Degowski lehnte Ex-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers 2008 ab. Der Leiter der JVA Werl rechnet nicht damit, dass Degowski bald auf freien Fuß kommt, auch wenn 2013 nach 25 Jahren die schwere der Schuld abläuft.
Heiratsantrag im Gefängnis
Vor drei Jahren stand Rösner erneut vor Gericht, weil in seiner Zelle Heroin gefunden worden war. Da habe sie ihn im Fernsehen gesehen und ihm geschrieben, sagte seine künftige Frau der "Bild", später habe sie ihn im Gefängnis besucht. Im Sommer habe er ihr dann einen Heiratsantrag gemacht.
Auch bei Rösner ist nicht mit einer baldigen Entlassung zu rechnen. Mindestens bis 2016 muss er noch im Gefängnis bleiben. Seine zukünftige Angetraute muss ihn wohl auch weiterhin im Gefängnis besuchen. Dreimal im Monat für jeweils maximal 45 Minuten.
Anmerkung der Redaktion: In der Ursprungsversion hieß es, Hans-Jürgen Rösner sitze in der JVA Bochum. Das war falsch. Seit dem 6. September ist Rösner Häftling der JVA Rheinbach. Wir bitten um Entschuldigung.
Sechs Monate Haft für Rösner wegen Drogenbesitz