Bochum. Der Gladbecker Geiselgangster Hans-Jürgen Rösner ist wegen Drogenbesitz zu sechs Monaten Haft verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte zehn Monate Haft gefordert. Rösner nahm das Urteil an - und ließ durchblicken, dass es ihm ohnehin egal ist.
Der Gladbecker Geiselgangster Hans-Jürgen Rösner ist wegen Drogenbesitzes vom dem Bochumer Amtsgericht zu sechs Monaten haft verurteilt worden. Laut Staatsanwaltschaft wurde er bei einer Routinekontrolle in seiner Zelle mit sieben Gramm Heroin erwischt. Der Schwerverbrecher sitzt bereits eine lebenslange Freiheitsstrafe ab, weil er mit seinem Komplizen Dieter Degowski 1988 eine Bank in Gladbeck überfallen und mehrere Geiseln genommen hatte. Zwei wurden erschossen. Außerdem starb ein Polizist bei einem Unfall während der Verfolgung.
Bewacht von maskierten SEK-Beamten war Rösner (52) am Morgen vor das Bochumer Schöffengericht geführt worden. Alle vier SEK-Kräfte trugen Schusswesten und schwarze Handschuhe. Sie blieben auch während des Prozesses im Saal anwesend. Zwei postierten sich direkt hinter Rösner, ihre Augen blitzten äußerst wachsam durch die Sehschlitze ihrer schwarzen Masken. Der seit 1988 eine lebenslange Haftstrafe verbüßende Angeklagte trug über seinem fülligen Leib einen Blaumann. Im Gesicht wächst ein markanter Oberlippenbart, der an den Seiten jeweils weit herunterhängt.
"In den tiefsten Keller sperren"
Im Prozess beschwerte er sich hauptsächlich über den Leiter der JVA Bochum, Henning Köster (61). Dieser verhänge ständig überzogene Disziplinarmaßnahmen gegen ihn. Gäbe es das Strafvollzugsgesetz nicht, "würde der mich in den tiefsten Keller sperren". Und: "Der hat mich von Anfang an gefressen". Köster wies den Vorwurf zurück: "Das ist Quatsch, dass ich was gegen ihn habe. Dann hätte ich viel tun: Wir haben fast 800 Gefangene." Nachdem sich Rösner und sein Anwalt über viele weitere Zwangsmaßnahmen und damit eine angebliche Ungleichbehandlung beklagt hatten (Trennscheibe bei Besuch, Reduzierung der persönliche Habe in der Zelle, vier Wochen Arbeitsverbot), war es Oberstaatsanwalt Wolfgang Dörsch offenbar leid: "Haben wir jetzt der Larmoyanz von Herrn Rösner genug geopfert?!"
Den Anklagevorwurf gab Rösner im Grunde zu. Ein Mitgefangener habe ihm das Heroin in einer Freistunde übergeben, damit er es portioniere und aufbewahre. Das habe er gemacht. Er habe dann auch etwas von dem Zeug geraucht, "vom Blech", wie es im Drogenjargon heißt. Am 25. März um 22 Uhr war dann plötzlich seine Zellentür aufgeflogen: Haftraum-Kontrolle! Rösner saß mit dem Rauschgift gerade am Tisch. Gefunden wurden laut Anklage sieben Gramm.
"Er möchte das Ende seiner Haftzeit noch erleben"
Rösner bekam damals als sofortige Buße unter anderem zwei Wochen strengen Arrest. Den Namen jenes Mithäftlings verriet er im Prozess nicht. Sein Verteidiger August Vordemberge: "Er ist nicht lebensmüde. Er möchte das Ende seiner Haftzeit noch erleben." Als Erklärung für seinen Heroinkonsum gab Rösner an, dass er damals psychische Probleme gehabt habe. Grund: "Keine Perspektive, Hoffnungslosigkeit." Deshalb habe er damals, seit Januar schon, auch weitere "zehn-, fünfzehnmal" Heroin geraucht.
Vordemberge beantragte, das ganze Verfahren einzustellen. Weil Rösner nach nunmehr 21 Jahren Gefängnis ja sowieso noch mindestens acht weitere Jahre einsitzen müsse. Das aber lehnte Oberstaatsanwalt Dörsch ab. "Es gibt in der JVA keinen rechtsfreien Raum." Würde man das Verfahren einstellen, würde man damit Häftlingen signalisieren, "dass sie im Knast machen können, was sie wollen. Das halte ich für eine Absurdität, die ich nicht mitmachen kann."
"Das geht mir, auf Deutsch gesagt, am Arsch vorbei"
Gegen 16.15 Uhr fiel dann das Urteil: sechs Monate Haft - die Staatsanwaltschaft hat zehn Monate beantragt. Rösner hatte sich schon vor Urteilsverkündigung davon wenig beeindruckt gezeigt: "Glauben Sie, dass mich zehn Monate beeindrucken, dass ich dann keine Drogen mehr nehme?", fragte er in die Runde und fügte hinzu: "Das geht mir, auf Deutsch gesagt, am Arsch vorbei. Das ist nicht rotzfrech gemeint, sondern eine Tatsache."
Rösner sitzt mindestens noch bis Februar 2016. Erst danach wird geprüft, ob er vorzeitig freikommen könnte. Allein die Prüfung durch zwei voneinander unabhängige Gutachter wird aber rund ein Jahr dauern.