Gladbeck. “Es brennt, es brennt!“: Hilferufe, beißender Qualm, Chaos. Zu Wochenbeginn rückte die Feuerwehr in Gladbeck zu einem Großeinsatz in der Klopstockstraße aus. 40 Rettungskräfte, sieben Fahrzeuge waren vor Ort. Die Höhe des Sachschadens, den der Brand verursachte, ist noch unklar. Menschen kamen nicht zu Schaden - weil die Anwohner äußerst vorbildlich gehandelt haben.
„Wir hatten einen guten Schutzengel“, meinte der soeben Gerettete noch sichtlich geschockt im blinkenden Blaulicht der Feuerwehr am frühen Montagmorgen zu seinem Nachbarn, Frank Kretzer. Im Grunde waren es aber nicht nur ein, sondern gleich mehrere Schutzengel, die an der Klopstockstraße dafür gesorgt haben, dass der pensionierte Lehrer und seine Ehefrau unbeschadet ihr brennendes Einfamilienhaus verlassen konnten und die Feuerwehr schnell vor Ort war. Denn dem Großeinsatz der Gladbecker Feuerwehr am frühen Montagmorgen ging ein Paradebeispiel gelebter, guter Nachbarschaft voraus.
Dicker, schwarzer Qualm
Die ersten Schutzengel waren die Brüder Dominic (18) und René Sega. Beide hatten das Ende der Schulferien noch genutzt, um eine ausgedehnte Runde am Computer zu spielen. „So um 2.15 Uhr hab ich dann so einen komischen Qualmgeruch wahrgenommen“, erzählt René. Die Brüder sehen im Garten nach dem Rechten, könne ringsum aber nichts Ungewöhnliches entdecken. Da der Brandgeruch aber immer stärker wird, wecken sie ihre Mutter Halina und gehen auf die Straße vors Haus.
„Da haben wir gesehen, dass dicker schwarzer Qualm aus den Badezimmerfenstern unserer Nachbarn quillt.“ René rennt sofort ins Haus zurück, um gegen 2.30 Uhr die Feuerwehr zu alarmieren. Zeitgleich hören die Segas die angstvollen Rufe ihrer direkten Nachbarn „es brennt, es brennt“.
Das Ehepaar hat sich vor dem beißenden Rauch auf den rückwärtigen Schlafzimmerbalkon im Obergeschoss geflüchtet. Der Hausbesitzer war aufgewacht, hatte zunächst den beißenden Rauch im Flur bemerkt, und dass der Strom im Haus ausgefallen war. Sofort weckte er seine Frau, um sich auf den Balkon zu flüchten.
Von den Hilferufen aufgeschreckt, ist auch der Nachbar von schräg gegenüber, Frank Kretzer, auf die Straße gelaufen. Er ist noch wach, weil seine Tochter ihren Geburtstag gefeiert und er kurz zuvor deren Freundinnen heim gefahren hat. Der Angestellte einer Sicherheitsfirma reagiert sofort. „Da ich weiß, dass im Brandfall jede Sekunde zählt, hab ich mit meinem Sohn Christopher sofort unsere ausziehbare Leiter geschnappt und bin zu den Nachbarn rüber.“ Der 48-Jährige und sein 20-jähriger Sohn gelangen über die Garage in den Garten des Brandhauses. „Dort haben wir die Leiter an den Balkon angelegt, um die Nachbarn zu retten.“ Als Frank Kretzer oben angelangt ist, erreicht auch der erste Feuerwehrmann den Garten. Gemeinsam geleiten sie das Ehepaar vom Balkon hinab in Sicherheit.
Dann übernimmt die Feuerwehr die Regie. „Für uns war zunächst unklar, wo sich genau der Brandherd befindet“, berichtet Stadtbrandinspektor Josef Dehling. Der Wehrchef hatte Vollalarm ausgelöst, so dass letztlich 40 Kräfte mit sieben Fahrzeugen im Einsatz an der Klopstockstraße sind, die von der Polizei weiträumig abgesperrt wird. Unter Atemschutz dringen Wehrleute vom Balkon in das Haus ein. Den Brandherd können sie schließlich in einem Kellerraum ausmachen, wo auch ein alter Kühlschrank steht. „Ein technischer Defekt kann den Brand ausgelöst haben“, vermutet Frank Kretzner.
Kohlenmonoxid hochgiftig
Das Feuer ist schnell gelöscht, der giftige Qualm aber, der durch die Wohnräume gezogen ist, verhindert eine sofortige Rückkehr der Hausbesitzer. Weitere Nachbarn helfen, gewähren dem geschockten, aber ansonst unverletzten Ehepaar Unterschlupf für die Nacht. Die Höhe des Sachschadens steht noch nicht fest, der genaue Umfang wird noch ermittelt.
„Alle haben beim Brand vorbildlich gehandelt“, zieht Josef Dehling Resümee, nachdem der Einsatz um 5 Uhr beendet werden konnte. „Die Hausbesitzer haben das Richtige getan, indem sie sich unverzüglich vor dem Brand in Sicherheit gebracht haben. Denn über wenige Atemzüge aufgenommenes, hochgiftiges Kohlenmonoxid kann ausreichen, dass jede Hilfe zu spät kommt.“
Und sehr besonnen seien auch die Nachbarn gewesen, indem sie sofort die Feuerwehr alarmierten und selbst mit der Leiter aktiv wurden. „Denn der vorhandene Aufstieg war neben der Personenrettung für unseren weiteren, schnellen Zugriff sehr hilfreich.“