Gladbeck. .

Die Mitglieder des 104 Jahre alten Taubenzüchtervereins „Eilbote“ lieben die Tradition und die Gemeinschaft. Doch ihr Sport ist vom Aussterben bedroht. Denn der Nachwuchs interessiert sich nicht mehr für die „Rennpferde“ des kleinen Mannes.

In einer großen Laube haben sich die Taubenzüchter versammelt. Ein kleiner Gasofen sorgt dafür, dass es trotz eisiger Kälte draußen hier drinnen mollig warm ist. Bei einem Bier erzählen sie von früher und von ihren Tauben. Ein paar von denen sitzen derweil im benachbarten Schlag. Sie schlafen, während die Männer von besseren Zeiten im Taubensport erzählen.

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    Sie sind ein Taubenzüchterverein mit Tradition. Um genau diese fürchten sie nun, die mittlerweile nur noch sechs aktiven Mitglieder des 104 Jahre alten Taubenzüchtervereins „Eilbote“. Und damit stehen sie nicht alleine. Denn die Jugend, das bedauern alle, interessiert sich nicht mehr für die „Rennpferde“ des kleinen Mannes. Und auch die Gegebenheiten lassen das oft nicht mehr zu. „Im Neubaugebiet geht nichts“, weiß Bernhard Wiatrowski. Ihm selbst war der Sport noch in die Wiege gelegt worden. „Früher bist du da rein gewachsen. Als Kinder liefen wir immer, um die Ringe zur Taubenuhr zu bringen. Man kannte das nicht anders. Heute hätte doch keiner mehr Verständnis. Wenn man heute ein Mädchen kennen lernen würde, das macht doch keine mehr mit.“ Folglich fehlt der jugendliche Nachwuchs. Und das in allen Vereinen. „Wenn heute ein Verein drei Mitglieder unter vierzig hat, dann machen die ne Jugendabteilung auf“, schmunzelt Wiatrowski.

    BZV Eilbote auf einen Blick. Dieter Helpa, Erwin Judek, Heinz Hallasch, Heinrich Lindemann, Franz Fischer, Bernhard Wiatrowski, Wilhelm Brand.Foto: Heinrich Jung / WAZFotoPool
    BZV Eilbote auf einen Blick. Dieter Helpa, Erwin Judek, Heinz Hallasch, Heinrich Lindemann, Franz Fischer, Bernhard Wiatrowski, Wilhelm Brand.Foto: Heinrich Jung / WAZFotoPool © WAZFotoPool

    Im Dämmerlicht einer Lampe sitzen die Tauben in ihrem Schlag. Vom Fenster der Laube aus ist das gut zu sehen. Der Schlag ist ihr Reich an diesen kalten Tagen. „Im Winter bleiben die freiwillig drin. Da können sie die Tür aufmachen so weit sie wollen“, erklärt Heinz Hallasch. Und das sei auch eigentlich ganz gut so, denn der Winter ist für die Tiere nicht ungefährlich. „Die fallen dann oft Greifvögeln zum Opfer.“ Vor allem Habichte haben es auf die Tiere abgesehen. Im Sommer sei das nicht so schlimm, erzählen die Taubenväter. Vielleicht, so meinen sie, weil das Angebot für die Greifvögel dann reicher ist.

    „Tribünenflüge sind die Zukunft“

    Der Taubensport hat sich verändert, ist mit der Zeit gegangen. Vieles geht mittlerweile elektronisch, Taubenuhren haben Museumscharakter. „Man sitzt heute bei seinem Schlag und wartet auf die Tauben. Die laufen über die Antenne und sind registriert“, erklärt Heinrich Lindemann. Er ist das jüngste Mitglied und stolzer „Vater“ von rund achtzig Tauben. Auch hierin liegt ein Unterschied zu früher. Tauben hatten damals ihren Wert. Kaum ein Züchter hatte mehr als zwanzig. Doch die Zeiten sind vorbei. „Früher hatte eine Fußballmannschaft elf Spieler und mit Glück drei auf der Bank. Heute ist das ja auch mehr“, macht Bernhard Wiatrowski einen Erklärungsversuch. Sicher ist aber, wer Meister werden will, braucht viele gute Tauben.

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    Dass ihr Sport ganz aussterben könnte, das glauben sie nicht. „Tribünenflüge sind die Zukunft“, wissen alle. Die gibt es andernorts schon. Ein Züchter gibt in diesem Fall seine besten Tauben an einen großen Schlag ab. Dort werden sie gepflegt, nehmen an Wettflügen teil. „Damit macht sich der Züchter dann einen Namen“, so Wiatrowski. Daneben, sind sich die Taubenväter sicher, wird es dann noch Liebhaber geben, die sich den Ziertauben widmen. Immer wärmer wird es in der kleinen gemütlichen Hütte. Die Taubenzüchter genießen die Gemeinschaft offensichtlich. Vier von ihnen sind ohnehin Nachbarn. Die gemeinsamen Treffen sind eine willkommene Gelegenheit zum Austausch über Gott und die Welt. „Im Sommer sind wir an jedem Freitag hier. Dann wird gegrillt, ne Flasche Bier getrunken und geklönt“, schwärmt Franz Fischer.