Gladbeck / Bottrop. Vor vier Jahren wurden bei einem rassistischen Anschlag neun Menschen in Hanau getötet. Jusos aus Gladbeck und Bottrop erinnern an ihre Namen.
Kerzen brennen auf der Rathaustreppe, Jugendliche halten Zeichnungen mit den Gesichtern von den neun Menschen hoch, die vor vier Jahren bei dem rassistisch motivierten Anschlag in Hanau ermordet worden sind. „Erinnern heißt verändern“, mahnen die Jungsozialisten (Jusos) aus Gladbeck und Bottrop, die zu der Veranstaltung auf den Willy-Brandt-Platz geladen haben. Sie schließen sich damit einer Kampagne an, die von der „Partnerschaft für Demokratie“ in Hanau unter dem Hashtag „#SayTheirNames“ initiiert wurde.
Knapp 100 Menschen gedenken in der hereinbrechenden Dunkelheit der Opfer des Anschlags, bei dem der rechtsextreme Täter innerhalb nur weniger Minuten neun Menschen erschoss. Vor dem Rathaus werden die Namen der jungen Leute gleich mehrfach verlesen, die am 19. Februar 2020 ums Leben kamen. „Sie sollen nicht in Vergessenheit geraten“, so Furkan Efe, Vorsitzender der Jusos in Gladbeck. Die Co-Vorsitzende Berfin Ergün sagt: „Es hätte auch uns treffen können.“ Ihre Veranstaltung wollen die Jusos auch als Protest gegen den Rechtsextremismus und Ausländerhass im Jahr 2024 verstanden wissen. Menschen mit Migrationshintergrund verdienten es, als akzeptierter und wertgeschätzter Teil der Gesellschaft gesehen zu werden, so die junge Gladbeckerin.
Gladbecks Bürgermeisterin: Rechtspopulisten treiben Keil zwischen die Menschen
Gladbecks Bürgermeisterin Bettina Weist erinnert an drei der neun Opfer aus Hanau – zum Beispiel an Mercedes Kierpacz, 35 Jahre jung und Mutter von zwei Kindern. Oder an den 21-jährigen Said Nesar Hashemi, der eine Ausbildung beim Reifenhersteller Goodyear absolvierte und Hanau als seine Heimat betrachtete. Weist: „Sie hatte alle noch so viel vor in ihrem Leben.“ Der Täter von Hanau habe sich angemaßt, über Tod und Leben zu entscheiden. Heutzutage wollten die Rechtsextremen zwischen guten und weniger guten Deutschen differenzieren. Aber niemand, so die Bürgermeisterin, habe außerhalb des Gesetzes das Recht zu entscheiden, wer nach Deutschland gehöre und wer nicht.
Die Rechtspopulisten würden Unsicherheit schüren und einen Keil zwischen die Menschen treiben. Ihre „Überlegenheitsfantasien“ würden sich gegen Nachbarn, Freunde oder Arbeitskollegen richten. Aber es dürfe nicht sein, dass Menschen mit Migrationshintergrund mehr oder weniger in Angst leben müssten. „In Gladbeck“, sagt Weist, „sollen Menschen, egal welcher Herkunft, friedlich und gerne leben können.“ Vielfalt sei einer der Stärken der Stadt.
Gladbeckerin hält Kundegebung wie diese für lange überfällig
Der Landtagsabgeordnete für Gladbeck und Bottrop, Thomas Göddertz (SPD), betont, dass der Kampf gegen Rassismus und Ressentiments nicht nur eine politische Aufgabe sei, sondern die ganze Gesellschaft gefordert sei. Vielfalt sei keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung für die Gesellschaft. Er dankt den Jusos, dass sie ein Zeichen setzen würden gegen den Hass und die Menschenverachtung.
Auch Ältere haben sich auf den Weg zum Marktplatz gemacht – Renate Uecker zum Beispiel. „Man darf bestimmte Tendenzen nicht akzeptieren“, sagt sie. Solche Kundgebungen seien schon lange überfällig.
Bürgermeisterin hält Gegendemo der Gladbecker AfD für „Provokation“
Die AfD Gladbeck hatte zu einer Gegendemonstration aufgerufen. Rund 20 Personen stehen hinter Baustellenbaken am Rande der Hochstraße. Die Stadt hat zwei Müllfahrzeuge zwischen den Gruppen geparkt – sozusagen als Sichtschutz, wie Bürgermeisterin Bettina Weist sagt. Sie hält die Aktion der AfD für eine „bewusste Provokation“. Die Teilnehmer halten Plakate mit Gesichtern von Mordopfern hoch. Sie seien, sagt der AfD-Fraktionsvorsitzende Marco Gräber, von Menschen getötet worden, die eigentlich hätten ausgewiesen werden müssen. Den Jusos wirft er vor, mit zweierlei Maß zu messen. Den Anschlag von Hanau bezeichnet er als einen „bedauernswerten, traurigen Einzelfall“.
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Aber gegen eine solche Sichtweise verwahren sich die Jusos. Nils König aus Bottrop: „Es ist an uns allen, Taten wie die in Hanau zu verhindern, indem wir uns klar gegen rechtsextreme, rassistische und antisemitische Positionen stellen.“
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