Gladbeck. Die FDP wünscht sich eine Partnerstadt in Italien für Gladbeck. Was die Stadt dazu sagt, und wie bestehende Partnerschaften gepflegt werden.

Geht es nach der FDP, bekäme Gladbeck eine achte Partnerstadt. Die Liberalen werben dafür, dass Gladbeck sich um eine Partnerschaft mit einer italienischen Stadt bemüht. Die Liberalen verweisen auf eine Initiative von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Dieser habe mit seinem italienischen Amtskollegen Sergio Mattarella jetzt den zweiten deutsch-italienischen Städtepartnerschaftspreis ausgeschrieben. So riefen die Präsidenten die Städte und Gemeinden ihrer Länder dazu auf, sich für gemeinsame Städtepartnerschaften einzusetzen. Diese sollen die engen und guten Beziehungen zwischen Deutschland und Italien auf kommunaler Ebene mit Leben füllen. Die FDP hat nun vorgeschlagen, dass Gladbeck diesem Aufruf folgt.

Gladbecker Verwaltung hat das FDP-Ansinnen zunächst abgelehnt

In Gladbeck lebten seit vielen Jahren schon Menschen mit italienischen Wurzeln, erinnert die FDP an die Bergbauvergangenheit der Stadt. Zudem werde an verschiedenen Schulen der Stadt auch die italienische Sprache unterrichtet.

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Trotzdem, die Stadtverwaltung hat dieses Ansinnen zunächst einmal abgelehnt. Tatsächlich war das Thema Partnerstädte in allgemeiner Form auch Thema der Haushaltsberatungen. Die Grünen hatten beantragt, die Zahl der Austausche und damit die Kosten in dem Bereich zurückzuschrauben. So weit kam es dann nicht, doch war sich die Politik einig, das Thema anzugehen und gemeinsam zu überlegen, wie man die Partnerschaften künftig ausgestalten und modernisieren könne.

Aktuell arbeite man an einem Konzept, sagt Eva Klein, die Abteilungsleiterin für Stadtmarketing in der Verwaltung. Dazu gehöre auch, dass man sich beim Städtetag informiere und sich bei Nachbarstädten umschaue, um zu sehen, wie dort die Städtepartnerschaften gepflegt werden. Am Ende werde das Ergebnis der Politik vorgestellt, die dann darüber berät.

Ähnliche Stadtgeschichte oder persönliche Kontakte als Grundlage

Eva Klein ist bei der Stadt zuständig für die Städtepartnerschaften. Ein Bereich, der ihr sehr am Herzen liege, sagt sie. Trotzdem, allzu schnell wird sie wohl keine offiziellen Kontakte nach Italien betreuen. Wie begründet die Stadt die Absage? „Lebendig und gelebt werden Städtepartnerschaften durch persönlichen Austausch, Begegnungen, Aktionen und Projekte. Dazu müssen allerdings auch die entsprechenden Haushaltsmittel zur Verfügung stehen“, zitiert die FDP aus dem entsprechenden Schreiben von Bürgermeisterin Bettina Weist.

Grundlage einer Städtepartnerschaft könnten eine ähnliche Stadtgeschichte, persönliche Kontakte, gemeinsame Berührungspunkte und Ziele im kulturellen, wirtschaftlichen, politischen oder auch gesellschaftlichen Bereich sein. FDP-Ratsherr Heinz-Josef Thiel verweist in dem Zusammenhang auf einen seit kurzem bestehenden Schüleraustausch zwischen dem Ratsgymnasium und dem „Liceo Scientifico F. Vercelli“ im italienischen Asti.

In der ersten Etage des Gladbecker Ratshauses finden sich Erinnerungsstücke zu den Partnerstädten. Hier hängen hinter Glas die Partnerschaftsurkunden zu den ersten offiziellen Freundschaften mit Marcq-en-Barœul (l.) und Schwechat. 
In der ersten Etage des Gladbecker Ratshauses finden sich Erinnerungsstücke zu den Partnerstädten. Hier hängen hinter Glas die Partnerschaftsurkunden zu den ersten offiziellen Freundschaften mit Marcq-en-Barœul (l.) und Schwechat.  © WAZ | Matthias Düngelhoff

Wer weiß, vielleicht entwickelt sich daraus ja irgendwann noch einmal mehr, denn, so Thiel: „Italien hat nach Deutschland und Frankreich das drittgrößte Bruttoinlandsprodukt. Unsere Fraktion würde es sehr begrüßen, wenn Gladbeck als 17. Stadt in NRW baldmöglichst eine von uns angeregte Städtepartnerschaft anstrebt.“

Bisher jedoch bleibt es bei den bestehenden Partnerschaften. Denn auch aufgrund der aktuellen Haushaltslage sieht man seitens der Verwaltung keinen Spielraum für eine weitere offizielle Partnerschaft. Immerhin hat Gladbeck schon sieben Partnerstädte – in Europa und darüber hinaus. Doch wie werden diesen Freundschaften eigentlich gepflegt?

Marcq-en-Barœul

Das Wappen von Marcq-en-Baroeul.
Das Wappen von Marcq-en-Baroeul. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Mit der 40.000-Einwohner-Stadt Marcq-en-Barœul im Norden Frankreichs ist Gladbeck am längsten verbunden. In diesem Jahr feiern die beiden Städte das 60-jährige Bestehen ihrer Freundschaft. Diese wird nicht nur von offizieller Seite gepflegt, sondern lebt auch vom persönlichen Kontakt. So gibt es in beiden Städten sehr aktive Freundeskreise, die sich gegenseitig besuchen, gemeinsame Aktionen veranstalten und den partnerstädtischen Gedanken auch auf bürgerschaftlicher Ebene leben. Das mache die Partnerschaft besonders lebendig. Das betont Eva Klein, und das betonten zuletzt auch Bürgermeisterin Bettina Weist und ihr Amtskollege Bernard Gérard aus Marcq-en-Baroeul anlässlich eines Austauschs zum Auftakt des Festjahres. Eva Klein spricht hier von einer „sehr großen Herzlichkeit“ im Miteinander.

Der Gladbecker Freundeskreis Marcq-en-Barœul ist sehr aktiv und hält die Partnerschaft lebendig. Im vergangenen Jahr etwa radelte eine Gruppe von Gladbeck nach Nordfrankreich.
Der Gladbecker Freundeskreis Marcq-en-Barœul ist sehr aktiv und hält die Partnerschaft lebendig. Im vergangenen Jahr etwa radelte eine Gruppe von Gladbeck nach Nordfrankreich. © WAZ

Dazu kommen regelmäßige Kontakte auf sportlicher Ebene, bei internationalen Wettkämpfen, bei Jugendbegegnungen und Schüleraustauschen, zählt Eva Klein nur einige Beispiele dafür auf, wie der Kontakt aufrechterhalten wird. Auch die VHS biete regelmäßig eine Tagestour zum Herbstfest nach Marq – so die häufig verwendete Kurzform des Städtenamens – an. Eine Gruppe aus Frankreich ist oft Gast beim Appeltatenfest. Zwei Termine, die auch fürs Jubiläumsjahr schon wieder fix sind. Dazu planten die Städte fürs laufende Jahr den ein oder anderen weiteren „deutsch-französische Schwerpunkt“.

Ein Kuriosum am Rande: Im Ruhrgebiet grenzen Gladbeck und Bottrop direkt aneinander, in Frankreich liegt Marcq-en-Barœul in unmittelbarer Nachbarschaft zu Bottrops französischer Partnerstadt Tourcoing. Das könnte daran liegen, dass es größere Gemeinsamkeiten zwischen dem industriell geprägten französischem Norden und dem Ruhrgebiet gibt, sich daher mehr Verbindungen dieser Art gefunden haben.

Schwechat

Das Wappen von Schwechat.
Das Wappen von Schwechat. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

1966 wurde die Partnerschaft zwischen Gladbeck und dem österreichischen Schwechat besiegelt. Die Stadt hat rund 21.000 Einwohner und liegt in Niederösterreich in unmittelbarer Nähe zu Wien. Auch diese Partnerschaft sei sehr lebendig und werde wirklich gelebt, sagt Eva Klein. Ein Schwerpunkt seien da die herzlichen Kontakte im Sport. Ebenfalls stark getragen werde diese Partnerschaft von den Feuerwehren der beiden Städte, die ebenfalls freundschaftlich miteinander verbunden seien, sagt die Fachfrau aus dem Rathaus. Auch Schwechater Besucher sind regelmäßig zum Appeltatenfest in der Stadt.

Schwechat ist auch industriell geprägt, hier die Raffinerie der Stadt.
Schwechat ist auch industriell geprägt, hier die Raffinerie der Stadt. © Getty Images | Spitzt-Foto

Im Kulturhauptstadtjahr habe sich anlässlich eines Fotoprojektes auch ein enger Kontakt zwischen der Gladbecker Foto-AG und einer Fotogruppe aus Schwechat entwickelt. Echte Freundschaften, gemeinsame Urlaube und natürlich Fotoprojekte seien das Ergebnis. Solche Kontakte auf Ebene der Bürgerschaft seien es letztlich auch, die dafür sorgten, dass eine Partnerschaft in der Stadtgesellschaft verwurzelt sei und nicht nur offiziell gepflegt werde, sagt Eva Klein – nicht nur bezogen auf Schwechat.

Enfield

Das Wappen von Enfield.
Das Wappen von Enfield. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Der Austausch mit dem englischen Enfield gestalte sich schwierig, sagt Eva Klein. Sie spricht von einem „verhaltenen“ Austausch. Enfileld ist Teil der Metropole London und teilt mit Gladbeck die offizielle Freundschaft zu Schwechat. Außerdem hat der Premier-League-Club Tottenham Hotspurs, neuer Verein von Nationalspieler Timo Werner, hier sein Trainingsgelände.

Der Brunnen im Park in Enfield wurde im Jahr 2000 enthüllt.
Der Brunnen im Park in Enfield wurde im Jahr 2000 enthüllt. © Getty Images | Fela Sanu

Eine Schwierigkeit aus Gladbecker Sicht ist die Besonderheit des Systems in Großbritannien. Dort wechselt der Mayor – also der Bürgermeister – jährlich. Entsprechend schwierig sei es, persönliche Kontakte aufrechtzuerhalten. Und anders als etwa Gladbeck, habe Enfield auch keine finanziellen Ressourcen für Partnerschaften, berichtet Eva Klein.

Doch ähnlich wie auch bei den anderen Städten seien es hier die Sportler, die den Kontakt aufrechterhalten. So veranstalte der TCH Wittringen einmal im Jahr ein Turnier mit dem Hazelwood Lawn Tennis & Squash Club in Enfield. Dazu organisiere das Heisenberg-Gymnasium regelmäßig einen Schüleraustausch mit der englischen Stadt. Eva Klein: „Wir wären interessiert, den Austausch mit Enfield zu forcieren.“

Fushun

Das Wappen von Fushun.
Das Wappen von Fushun. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Die chinesische Stadt Fushun ist eine von zwei nicht-europäischen Partnerstädten Gladbecks. Und die Freundschaft zur Zwei-Millionen-Einwohner-Metropole im Nordosten Chinas unterscheidet sich von den übrigen. Sie geht hervor aus einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem damaligen Gladbecker Unternehmen Hölter. Einen wirklichen Austausch auf Ebene der Bürger hat es nie gegeben. Das allein sei schon aufgrund der Entfernung schwierig, sagt Eva Klein. Zwischen Gladbeck und Fushun liegen gut 8000 Kilometer. Es gebe immer mal wieder einen Austausch auf Verwaltungsebene, berichtet Eva Klein und spricht von einem „Small-Talk-Austausch“.

Wodzisław

Das Wappen von Wodzisław.
Das Wappen von Wodzisław. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

1990 wurde die Partnerschaft mit der Stadt in der polnischen Region Oberschlesien besiegelt. Eva Klein berichtet von einem regelmäßigen Austausch und einer guten Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen. Auch regelmäßige Dienstreisen, also gegenseitige Besuche, gehörten dazu. Einen Schüleraustausch zwischen den beiden Städten gebe es jedoch nicht mehr, bedauert sie.

Der zentrale Platz in Wodzislaw.
Der zentrale Platz in Wodzislaw. © Getty Images | tupungato

Der Seniorenbeirat arbeite jedoch daran, eine Partnerschaft zum polnischen Pendant wiederaufleben zu lassen. Durch einen Todesfall habe es auf polnischer Seite personelle Veränderungen gegeben, und wie so oft müssen erst einmal neue persönliche Kontakte geknüpft werden. Außerdem plane man den Austausch zwischen den Feuerwehren zu forcieren, da gebe es Interesse, berichtet Eva Klein. Sie erinnert daran, dass auch schon ausrangierte Krankenwagen aus Gladbeck den Weg zur Feuerwehr nach Wodzisław gefunden haben. In der Vergangenheit haben sich sogar schon Gladbecker Feuerwehrleute mit dem Rad auf die mehr als 1100 Kilometer lange Strecke nach Wodzisław gemacht.

Alanya

Das Wappen von Alanya.
Das Wappen von Alanya. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Im vergangenen Jahr feierten die beiden Städte das 30-jährige Bestehen ihre Partnerschaft mit einem Konzert und einer Ausstellung. Auch diese Partnerschaft wird getragen von großem bürgerschaftlichem Engagement im Freundeskreis Alanya. Dort gibt es zahlreiche persönliche Kontakte und einen regelmäßigen Austausch und gemeinsame Reisen in die Türkei. Das Appeltatenfest ist auch hier einer der Fixpunkte. Regelmäßig sind türkische Gäste zu dem Zeitpunkt vor Ort und es ist gute Tradition, dass die neue Appeltatenmajestät eine Einladung in die Partnerstadt erhält.

Die malerische Altstadt von Alanya an der türkischen Spdküste.
Die malerische Altstadt von Alanya an der türkischen Spdküste. © Getty Images | tunart

Zuletzt habe diese Freundschaft aber auch im Zeichen der humanitären Hilfe gestanden. Nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei im vergangenen Jahr hat der Freundeskreis – wie auch andere Gruppen – Spenden gesammelt. Die Stadt habe aber noch einen weiteren Anknüpfungspunkt im Blick, sagt Eva Klein. Und wieder spielt der Sport dabei eine Hauptrolle. In Alanya gebe es einen Triathlon-Wettbewerb, der sich für einen Austausch womöglich auch anbiete.

Wandlitz

Das Wappen von Wandlitz.
Das Wappen von Wandlitz. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Erst im September vergangenen Jahres ist das brandenburgische Wandlitz zu einer offiziellen Partnerstadt Gladbecks aufgestiegen. Die Kontakte gehen aber viel weiter zurück in die Zeit der Wiedervereinigung. Damals übernahmen zahlreiche westdeutsche Städte Patenschaften für ostdeutsche Gemeinden, um sie beim Aufbau von Verwaltungsstrukturen oder generell beim Aufbau Ost zu unterstützen.

Die Ruine des historischen Schlosses Dammsmuehle in Wandlitz. aufgenommen 2019.
Die Ruine des historischen Schlosses Dammsmuehle in Wandlitz. aufgenommen 2019. © Getty Images | TeleMakro Fotografie (Ina Hensel)

Doch diese Zeiten seien ja nun lange vorbei, sagt Eva Klein. Mit der Beurkundung der Partnerschaft sei jetzt auch offiziell deutlich, dass es sich längst um eine Partnerschaft auf Augenhöhe handele. Nun gehe es darum, diese neue Verbindung auch auf bürgerschaftlicher Ebene Schritt für Schritt mit Leben zu füllen. Das wolle man in Angriff nehmen. Anknüpfungspunkte sind da unter anderem die regelmäßig stattfindende internationale Jugendkonferenz, zu der auch Gäste aus anderen Partnerstädten anreisen. So seien etwa Kontakte über den Jugendrat denkbar. Zusätzlich sei auch ein Austausch über die Feuerwehren denkbar.

Hilfe aus dem Rathaus

Wer sich bei den Städtepartnerschaften einbringen will oder auch Vereine, Verbände und Institutionen, die Kontakte zu Einrichtungen in Gladbecker Partnerstädten knüpfen möchte, finden Unterstützung im Rathaus.

Dazu gehört sowohl die Suche nach entsprechenden Kontakten in den Partnerstädten als auch die Hilfe, wenn es darum geht, etwa Fördermittel zu finden, um einen solchen Austausch auch mitzufinanzieren, sagt Eva Klein.