Gladbeck. Ein 22-Jähriger soll in Gladbeck zwei Bifi geklaut haben. Das war 2023. Warum es bis zum Urteil gedauert hat – und das gut für den Dieb war.

Im dritten Anlauf konnte das Urteil verkündet werden – und es fiel deutlich milder aus, als es die Anklage hätte vermuten lassen. Vom Vorwurf des schweren räuberischen Diebstahls, wofür das Gesetz eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Jahren Haft vorsieht, blieben ein Diebstahl geringwertiger Sachen und Nötigung übrig. Der 22-jährige Angeklagte wurde zu 700 Euro Geldstrafe verurteilt.

Bei einem Discounter an der Kirchhellener Straße war er im Oktober vergangenen Jahres beobachtet worden, als er zwei Packungen Bifi in seinem Rucksack verschwinden ließ und das Geschäft verlassen wollte. Als eine Mitarbeiterin in daran hindern wollte und ihn aufforderte, seinen Rucksack zu öffnen, schob er sie beiseite und rannte auf den Parkplatz, verfolgt von einer Gruppe Jugendlicher und einem weiteren Mitarbeiter. Es kam zum Gerangel, der 22-Jährige wurde zu Boden gebracht und festgehalten, bis die Polizei eintraf. Er habe die Mitarbeiterin gegen ein Fenster geschubst und zudem ein Messer bei sich gehabt, so die Anklage. Deshalb: schwerer räuberischer Diebstahl.

Verkaufsleiter und Verkäuferin des Discounters in Gladbeck sagten als Zeugen aus

Das „Schubsen“ relativierten sowohl die Verkäuferin als auch der Verkaufsleiter als Zeugen. Er habe sie zur Seite geschoben, an ihr vorbeigedrängt, um die Tür öffnen und weglaufen zu können. Weil die Prozessbeteiligten das „Messer“, das die Polizei bei ihm fand, in Augenschein nehmen wollten, wurde der erste Verhandlungstag abgebrochen, zum Fortsetzungstermin war der Angeklagte nicht erschienen. Deshalb musste der Fall jetzt neu verhandelt werden.

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Dieses Mal räumte der 22-Jährige die Vorwürfe ein, zeigte Reue. Er sei schwer drogenabhängig gewesen, nach einer Entgiftung im Antonius-Krankenhaus in Kirchhellen („Das Beste, was ich machen konnte, auch wenn ich meine Arbeit verloren habe.“) konsumiere er keine Betäubungsmittel mehr, sei bereit für eine Therapie. Er habe die Würstchen gestohlen und sei, als er ertappt wurde, in Panik geraten. „Ich wollte einfach nur weg.“

Warum das „Messer“ des Angeklagten vom Gericht nicht als gefährliches Werkzeug gewertet wurde

Das „Messer“, das die Polizei in seiner Hosentasche fand, werteten Staatsanwältin, Verteidiger und Gericht übereinstimmend nicht als gefährliches Werkzeug, sondern als Gebrauchsgegenstand, als Essbesteck mit Löffel, Gabel und kurzem Messer, die „Gewaltanwendung“ als Fluchtreaktion in Panik. Selten einig waren sie sich auch mit Blick auf die milde Strafe.