Gladbeck. Vor 40 Jahren wurden die Grünen in Gladbeck gegründet. Mit den Jahren haben sie einiges erreicht, doch es gibt natürlich immer noch neue Ziele.

Treffpunkt am Windrad auf der Mottbruchhalde – so schlagen es die Grünen vor zum Gespräch zum 40-jährigen Bestehen der Partei in Gladbeck. Kein schlechter Ort, steht das Windrad doch für den Wandel der Bergbaustadt – wenn es auch kein Projekt der Grünen ist. Und doch war es die Partei, die sich zumindest als erste dafür ausgesprochen hat, das Windrad auf der Halde zu akzeptieren und den langwierigen Rechtsstreit zu beenden.

1983 gründete sich der Ortsverband der Grünen in Gladbeck. Im März desselben Jahres waren die Grünen erstmals in den Bundestag eingezogen, als Folge davon gründeten sich in den Städten und Gemeinden zahlreiche Ortsgruppen dieser neuen Partei. „Im Moment haben wir viele, die 40-jähriges Bestehen feiern“, sagt dann auch Frederic Uschmann, Vorsitzender der Gladbecker Grünen.

Schwarz-Grünes Bündnis in Gladbeck war das erste seine Art

1989 trat Markus Holt den Gladbecker Grünen bei, war später auch Mitglied des Rates. Rückblickend sagt er: „Es gab damals ein großes politisches Feld, das unbeackert blieb – vorsätzlich. Da hat die SPD was liegen gelassen.“ Und so haben die Grünen das Thema Ökologie aufgegriffen. Doch in all den Jahren, so sieht es Simone Steffens, aktuell Ratsfrau der Grünen, habe sich die Partei breiter aufgestellt. Die Themen Zusammenleben, Bildungsgerechtigkeit oder auch Frauenthemen nähmen heute mehr Raum ein.

Gleichwohl habe man sich in den ersten Jahren vor Ort auch schon umfassend um die lokalen Themen gekümmert – etwa die Stadtplanung, sagt Markus Holt. Zumal die Geschichte der Grünen in Gladbeck ja durchaus eine Besonderheit bot, gab es doch hier ab 1994 das erste schwarz-grüne Bündnis auf kommunaler Ebene in NRW. Die linke Tageszeitung TAZ schrieb damals: „Ausgerechnet im Revier steigt der erste schwarz-grüne Pakt auf städtischer Ebene in Nordrhein-Westfalen.“

Aktuell gibt es im Gladbecker Rat keine feste Koalition

Der damalige Grünen-Ratsherr Franz Wegener beschreibt die Politik der Gladbecker CDU in dem Artikel als „sozial orientierte, arbeitnehmerfreundliche Politik“, wogegen die SPD vor Ort eine „rechtskonservative Partei“ sei, „so rechts wie wohl kaum irgendwo sonst“. Den damals noch ungleichen Partnern war wichtig, dass diese Gladbecker Koalition kein Alternativmodell für Bund und Land sei, es sich vielmehr um einen „Sonderfall“ handele. Laut TAZ haben sie das gar in den Koalitionsvertrag geschrieben. Schaut man 40 Jahre später auf die Landesregierung in Düsseldorf, so scheint derartiges kaum mehr nachvollziehbar.

Doch auch in Gladbeck hat sich die Politik verändert, zuletzt haben die Grünen mit der SPD koaliert, aktuell gibt es im Rat gar keine feste Koalition. Eine Neuauflage von Schwarz-Grün – für Frederic Uschmann, seine Vorstandskollegin Sandra Borgwerth und Simone Steffens undenkbar. „Nicht mit dieser CDU“, so Uschmann.

Grüne Pläne für autofreie Gladbecker Innenstadt musste in der Schublade bleiben

Markus Holt erinnert sich an andere Zeiten, damals habe man grüne Ideen einbringen und durchsetzen können. Man habe damals mit beiden großen Parteien gesprochen und gemerkt, dass die SPD da zu gar nichts bereit gewesen sei. Mit der CDU seien Projekte wie eine Neubausiedlung in Zweckel mit – für damalige Verhältnisse – hohem ökologischen Standard möglich gewesen, sogar Solar-Modellhäuser seien damals dort entstanden, dazu gab es Förderung für Dach- und Fassadenbegrünung – heute wieder ganz aktuell. Auch die erste Baumschutzordnung gehe auf diese Zeit zurück, so Holt.

Wobei klar sei, alles habe man auch nicht durchsetzen können. So hatten die Grünen Pläne für eine autofreie Innenstadt in der Schublade liegen, die mussten aber in selbiger bleiben, erinnert sich Markus Holt. „Das ist eben der Fluch oder auch der Segen der Demokratie – je nach Sichtweise“, sagt der Ex-Ratsherr mit einem Lachen. Ein Erfolg der Grünen in den vergangenen Jahrzehnten – nicht nur in Gladbeck – sei es gewesen, die Themen Umwelt- und Klimaschutz fest in den Köpfen zu verankern, so dass sie mitgedacht werden, sagt Simone Steffens im Rückblick.

Fehlender Grünen-Nachwuchs in Gladbeck

Ein Thema, das die Gladbecker Grünen schon lange begleitet – die Pläne zum A52-Bau. Vor Ort sprechen sie sich dagegen aus; gleichzeitig gibt es auf Bundesebene Pläne, den Ausbau zu beschleunigen. Ausgerechnet der grüne NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer musste entsprechende Unterlagen unterschreiben. Uschmann: „Man kann sich natürlich vorstellen, dass wir darüber nicht glücklich waren.“ Aus Sicht der Grünen ist etwa überhaupt nicht klar, ob der zugesagte Tunnel finanzierbar ist.

Ebenfalls im Blick habe man die Baustelle rund ums Riesener-Gymnasium. Den Architekturwettbewerb werden man konstruktiv begleiten, wichtig sei, dass am Ende ein zukunftsfähiger Bau entstehe. Das Thema Biodiversität vor Ort liegt zudem der Biologin Sandra Borgwerth am Herzen. Nicht nachlassen werde man zudem beim Kampf gegen Rechts, gegen die AfD, kündigt Frederic Uschmann an. Das sei ganz klar in der DNA der Grünen verankert.

Und welche Schlagzeilen würden die Grünen gern in den kommenden 40 Jahren über Gladbeck lesen wollen? Klar, dass ganz vorn der Wunsch einer klimaneutralen Stadt steht, in der der Verkehr größtenteils mit dem Rad oder dem ÖPNV abgewickelt wird. „Eine schuldenfreie Stadt mit einem guten ökologischen Fußabdruck“, wünscht sich Frederic Uschmann. Und für die Partei? Hier hoffen die Grünen auf Nachwuchs, leider sei es nie dauerhaft gelungen, eine Grüne Jugend vor Ort zu etablieren, zum Glück gebe es nun zumindest einen Anlauf auf Ebene des Kreises. Grundsätzlich aber hätten Annalena Baerbock und Robert Habeck den Grünen gut getan und ihnen neue Mitglieder beschert.

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