Bottrop/Gladbeck/Recklinghausen. 420 Extra-Stellen bekommt die Polizei NRW, zehn davon sollen ab September nach Recklinghausen gehen. Was die Polizeigewerkschaft dazu sagt.

Im dritten Jahr in Folge bekommt die Polizei in NRW mehr Stellen. Zum 1. September sollen fast zehn neue Stellen für Polizistinnen und Polizisten im Polizeipräsidium Recklinghausen geschaffen werden, das auch für Gladbeck und Bottrop zuständig ist; dazu kommt eine knappe Stelle für einen Regierungsbeschäftigten. „Ein Schluck aus der Pulle“ nach „sehr harten“ Jahren des Personalabbaus: So ordnet Norbert Sperling die Entwicklung ein als Personalrat und Kreisgruppenleiter der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Sein Landesvorsitzender Michael Mertens weist darauf hin, dass die Aufstockung der letzten drei Jahre längst nicht ausreichen, um den Personalabbau der Vorjahr auszugleichen: „In den langen Jahren zuvor ist die Polizei in NRW personell kaputtgespart worden. Der Personalaufbau muss lange weitergehen, um die Minus-Jahre auszugleichen.“

Sperlings Lieblings-Rechnung wirft ein Schlaglicht die personelle Unwucht bei der Personalausstattung der NRW-Polizeibehörden. „Im Polizeipräsidium Recklinghausen sorgen 1700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Sicherheit von 738.000 Bewohnern im Vest und in Bottrop. Für Köln mit 1,025 Millionen Bewohnern sind es 5000. Deshalb sagen wir seit Jahren: Es gibt 46 Kreispolizeibehörden – und Köln.“

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„Die Zuwächse werden die Belastungen nicht signifikant abfedern“

420 zusätzliche Polizistenstellen für ganz NRW: Diese Ankündigung von Innenminister Herbert Reul (CDU) klingt erstmal gut. Doch erstens steht noch nicht fest, ob alle angehenden Polizisten auch in den Behörden ankommen, weil die Kommissarsanwärter ihre letzten Prüfungen erst noch bestehen müssen.

Und zweitens gehen 60 dieser Stellen direkt an zentrale Kripo-Ermittlungseinheiten: 36 in den neuen Aufgabenbereich „Digitale Tatorte“ zur Bekämpfung der Cyber-Kriminalität und 24 zur Ermittlung gegen Geldautomatensprengungen. Das ist „richtig und zeitgemäß“, sagt GdP-Chef Mertens. Das bedeute aber auch: „Die Zuwächse in diesem Jahr werden die Belastungen in den Kreispolizeibehörden nicht signifikant abfedern.“

„Wir müssen nachdenken über den großen Wurf“

Noch ist die Zahl der Bewerber für den Polizeiberuf stabil, sagt Sperling. Aber das werde nicht so bleiben wegen des sich weiter verstärkenden Fachkräftemangels und der dadurch wachsenden Konkurrenz um den Nachwuchs, der zudem den künftigen Arbeitgebern mit höheren Erwartungen etwa an die Arbeitszeitgestaltung begegnet. GdP-Chef Mertens: „Im Ringen um Fachkräfte konkurriert die Polizei NRW mit ihren Gehältern und Arbeitszeiten mit der freien Wirtschaft.“ Norbert Sperling sieht deshalb „überbordende Schwierigkeiten bei der Personalrekrutierung“ voraus.

Aus Sperlings Sicht muss das Land deshalb vor allem drei Entwicklungen anstoßen, um die Polizei in NRW auf Sicht zukunftssicher aufzustellen: Die Arbeitsbedingungen müssten attraktiver werden, die Ausbildung müsse sich wieder stärker am Berufsalltag orientieren. „Und wir müssen nachdenken über den großen Wurf: eine Strukturreform, die Synergien freisetzt.“

„Mit dem Thema Sicherheit lässt sich gut Wahlkampf machen“

Ein Vorschlag einer Expertenkommission liegt dazu seit Jahren auf dem Tisch. Im sogenannten „Zentralisierungsmodell“ könnten die 47 Kreispolizeibehörden zu zwölf zentralen Einheiten zusammengefasst werden; dadurch könnten landesweit mehr als 1600 Planstellen zusätzlich für mehr Polizeipräsenz vor Ort eingesetzt werden. Der erste Vorschlag der Kommission enthielt die Zusammenlegung der Behörden Recklinghausen und Gelsenkirchen.

Inzwischen, sagt Sperling, sollen aus der Kreis Borken der neuen Behörde zugeschlagen werden. Dabei spielt aber Politik vor allem im Münsterland eine wichtige Rolle. Die Landräte verlören die Zuständigkeit für die Kreispolizeibehörden. Das werde auf Widerstände stoßen, sagt Sperling: „Mit dem Thema Sicherheit lässt sich bisher gut Wahlkampf machen.“