Gladbeck. Weniger Fleisch, mehr pflanzliche Produkte – auch eine Metzgerei aus Gladbeck spürt die bundesweiten Trends. Warum die Chefin gelassen bleibt.

Fleischermeister wie Martina Engberding aus Gladbeck bringen hauptberuflich Steaks auf den Teller, Hack in die Pfanne und Wurst aufs Brötchen. Doch was, wenn immer weniger Leute Fleisch essen? Auch die Chefin der Gladbecker Fleischerei Engberding spürt den bundesweiten Trend, doch sie gerät nicht in Panik.

Dass die Deutschen immer weniger Fleisch essen, ist seit Jahren nichts Neues. Das Ausmaß des Rückgangs im vergangenen Jahr dürfte Engberding und ihre Kollegen dennoch überrascht haben: Im Vergleich zum Vorjahr haben die Deutschen 2022 im Schnitt über vier Kilo weniger Fleisch gegessen. Das zeigen nun vorläufige Zahlen des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL).

Wie Gladbecker Kunden auf höhere Fleischpreise reagieren

Durchschnittlich hat ein Deutscher im vergangenen Jahr rund 52 Kilogramm Fleisch gegessen. Seit 1989 berechnet das BZL diesen Wert – und noch nie war er so niedrig. 2017 lag der Pro-Kopf-Verbrauch noch bei rund 60 Kilo. Gleichzeitig wächst der Markt für pflanzliche Fleisch- und Milchalternativen, wie eine Studie der Organisation Good Food Institute Europe zeigt.

Metzgerei-Chefin Martina Engberding kennt die Zahlen. Doch Angst vor zu wenig Kundschaft oder einer leeren Ladentheke hat sie nicht: „Unsere Kunden kaufen sowieso nicht massig ein, kommen dafür aber regelmäßig.“ Viele würden das Fleisch vom Metzger genießen und dafür auch mal etwas mehr Geld ausgeben, aber eben nicht dauerhaft darauf verzichten wollen.

Fleischermeisterin Martina Engberding sagt: „Vegane Fleisch-Ersatzprodukte wird es in unserer Metzgerei nicht geben.“
Fleischermeisterin Martina Engberding sagt: „Vegane Fleisch-Ersatzprodukte wird es in unserer Metzgerei nicht geben.“ © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Viele Kunden ließen sich auch nicht von den Preissteigerungen abschrecken, mit denen die Fleischerei Engberding seit dem vergangenen Jahr zu kämpfen hat. Dort kosteten die Produkte nun rund ein Fünftel mehr als noch vor den Preissteigerungen. Das mache sich auch an der Ladentheke bemerkbar – weniger bei der Anzahl der Kunden, aber mehr beim Kaufverhalten: „Viele kaufen jetzt deutlich bewusster ein“, erklärt die Metzgerei-Chefin.

Trend zu vegetarischer Ernährung: Vor allem beim Partyservice ein Thema

Vom Trend zur pflanzlichen Ernährung bekomme Engberding im Tagesgeschäft wenig mit. Vegetarier oder Veganer, die ganz auf Fleisch beziehungsweise tierische Produkte verzichten, blieben der Metzgerei meist fern. Das hat auch seinen Grund, denn von Fleisch-Ersatzprodukten hält die Fleischermeisterin nichts: „Ich werde keine vegetarische Wurst produzieren, die aussehen und schmecken soll wie das Original, aber keine sein darf.“

Beim Mittagstisch und Partyservice hingegen richte sich Engberdings Fleischerei immer öfter nach vegetarischen Alternativen: „Bei fast jeder Feier sind ein paar Vegetarier dabei.“ Das sei bei fertigen Gerichten auch kein Problem: „Es gibt viele tolle vegetarische Gerichte. Bei uns kommt auch nicht jeden Tag Fleisch auf den Teller.“

Die Metzgerei-Chefin bleibt trotz des geringeren Fleischkonsums wohl auch deshalb beruhigt, weil ihre Branche krisenerprobt ist. Das Fleischerhandwerk habe seit Jahren mit wenig Personal und Nachwuchs, aber auch mit einem schlechten Image zu kämpfen. Viele hätten ihren Betrieb aufgeben müssen.

Nur noch zwei Betriebe in Gladbecker Fleischerinnung

Martina Engberding, ebenfalls Obermeisterin der Fleischerinnung Bottrop und Gladbeck, erklärt: „Vor 50 Jahren waren noch 70 Betriebe in der Innung.“ Heute seien es nur noch sechs, davon zwei aus Gladbeck: Die Fleischereien Engberding und Abbenhaus.

Diese Redaktion hat die Fleischerei Abbenhaus für eine Stellungnahme angefragt, ebenso die Metzger-Ketten „Wurst König“ und „Ridderskamp und Hahn“, die Filialen in Gladbeck betreiben. Die drei Unternehmen wollten sich gegenüber der Redaktion jedoch nicht äußern.