Gladbeck. Gladbecker Fleischer profitieren vom Tönnies-Skandal – sie stellen eine gestiegene Nachfrage der Kunden fest. Nachwuchskräfte fehlen.

Der Tönnies-Skandal hat viele Verbraucher aufgeschreckt. Die Gladbecker Fleischer profitieren davon – und stellen eine gestiegene Nachfrage fest. Immer mehr Kunden möchten wissen, woher Schnitzel, Wurst und Co. kommen. Ob das Umdenken jedoch von Dauer ist, ist fraglich.

Denn Martina Engberding, Inhaberin der Fleischerei Engberding, kennt das Phänomen bereits. „Immer wenn ein Skandal in der Fleisch-Branche bekannt wird, kommen mehr Kunden zu uns.“ Sobald die Negativ-Schlagzeilen aber wieder aus den Medien verschwinden, verschwinden auch viele Kunden wieder. Dass ein Umdenken oft ein langwieriger Prozess ist, hat die Obermeisterin der Innung zuletzt auch bezüglich des Umweltbewusstseins festgestellt. „Im Moment, da der Klimawandel nicht mehr so präsent ist, werde ich häufiger wieder nach Plastiktüten gefragt. Lange Zeit brachten die Kunden verstärkt ihre eigenen Behälter mit.“

Nach langer Zeit erstmals wieder ein Azubi

Zum August bekommt die Fleischerei Engberding nach langer Zeit mal wieder einen Azubi. „Wir haben enorme Nachwuchsprobleme in der Branche“, sagt Inhaberin Martina Engberding. Auch eine Verkäuferin sucht sie dringend. „Es herrscht Personalmangel.“

Die Fleischerei Engberding hat ihren Sitz an der Friedenstraße 1, die Fleischerei Abbenhaus befindet sich an der Beethovenstraße 1.

Im Zuge des Tönnies-Skandals habe sie nun aber einige Neukunden gewonnen. Noch immer bestehe jedoch immer wieder die Ansicht, dass jeden Tag Fleisch gegessen werden müsse. „Bei mir kommt auch nicht jeden Tag Fleisch auf den Teller“, sagt die Metzgerin. Sie appelliert: Lieber weniger, dafür besseres Fleisch kaufen.

Verstärkt Fragen nach Herkunft des Fleisches

„Die Frage, woher wir unser Fleisch beziehen, haben wir zuletzt sehr, sehr oft gehört“, sagt auch Silke Gymrek, Inhaberin der Fleischerei Abbenhaus in Zweckel. Die Kunden seien deutlich vorsichtiger geworden. Viele fragten auch, ob sie Biofleisch anbiete. Das tut die Fleischerei zwar nicht, aber: „Wir beziehen unser Fleisch von Bauern im Umkreis.“ Überwiegend Stammkunden kauften bei Abbenhaus ein. „In vergangener Zeit haben wir aber verstärkt auch neue Kunden bemerkt“, so Gymrek, die einen Zusammenhang mit dem Tönnies-Skandal sieht.

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Die Metzgerei Engberding bezieht das Schweinefleisch von einem Bauern im Sauerland, „mit spezieller Fütterung und Haltung.“ Die Rinder stammen von einem Familienbetrieb aus der Eifel. „Geschlachtet werden die Tiere auf zwei Schlachthöfen in Duisburg und Unna.“ Zerlegt werden die Tiere erst bei Engberding. Und dann weiterverarbeitet, etwa zu Wurst.

Viele gesellschaftliche Entwicklungen erlebt Martina Engberding hautnah mit. „Auch die Corona-Pandemie haben wir gemerkt.“ Während des Lockdowns hatte die Fleischerei mehr Kunden, da mehr Menschen zuhause gekocht haben. „Die Eltern waren im Homeoffice, die Kinder über Mittag nicht in der OGS-Betreuung, Restaurants hatten geschlossen, das haben wir gemerkt.“

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In Gladbeck gibt es nur noch zwei Metzgereien auf Innungsebene

In Gladbeck gibt es mit Engberding und Abbenhaus nur noch zwei Metzgerein auf Innungsebene. „Wir haben extreme Nachwuchsprobleme“, so Engberding zu den Gründen. Auch sie geht nicht davon aus, dass ihre Kinder eines Tages den Betrieb übernehmen werden. „Nach mir wird Ende sein“, vermutet die 43-Jährige.

Detlef Schedetzki hat 16 Jahre die Landfleischerei Kläsener betrieben. Ende vergangenen Jahres schloss er seinen Hofladen an der Kösheide. Seitdem hat er nur noch einen Partyservice. Schedetzki gab das Geschäft nicht wegen fehlender Kundschaft auf, sondern weil der Betrieb einfach viel zu viel Zeit in Anspruch genommen habe. Doch festgestellt hatte Schedetzki auch: „Ich hatte ein paar Stammkunden, die auf Qualität geachtet haben. Aber davon kann man nicht leben. Die meisten Menschen kaufen ihr Fleisch anonym beim Discounter oder sogar an der Tankstelle.“