Gladbeck. Es galt als „schönstes Stellwerk Deutschlands“, nun kommt es unter den Hammer. Interessenten haben Pläne, doch sie müssen Vorschriften beachten.
Es dürfte sich um das derzeit ungewöhnlichste Immobilienangebot in Gladbeck handeln. Die Bahn lässt das ehemalige Stellwerk Zweckel versteigern. Am 9. Dezember kommt das kleine Häuschen an der Bahnstrecke im Gladbecker Norden unter den Hammer.
Zugegeben, ein Schmuckstück ist das Häuschen derzeit nicht gerade, und wer sich nicht auskennt, der würde wohl kaum darauf kommen, dass dieser Klinkerbau eine ganze Zeit als „schönstes Stellwerk Deutschlands“ bezeichnet wurde. Dieser Ehrentitel geht vor allem auf den opulenten Blumenschmuck zurück, den ein Fahrdienstleister dort regelmäßig angebracht hatte – sehr zur Freude der Zweckeler aber auch der Fahrgäste in den vorbeifahrenden Zügen.
Fenster des Gladbecker Stellwerks sind mit Sperrholzplatten verrammelt
Inzwischen ist davon nicht mehr viel zu sehen. Die Fenster sind mit Sperrholzplatten verrammelt, seit 2018 ist es nicht mehr in Betrieb. Die Westdeutsche Grundstücks AG versteigert das Objekt im Auftrag der Bahn. Im entsprechenden Auktionskatalog heißt es dann auch folgerichtig: „Das Objekt befindet sich in einem sanierungsbedürftigen Zustand.“
Weiter wird erläutert, dass es keine Heizung in dem Gebäude gibt, es früher mittels Elektroheizung und Gasofen beheizt wurde. Inzwischen aber sei die Gaszufuhr abgetrennt worden, eine Funktionsüberprüfung habe nicht stattgefunden, so die Warnung an potenzielle Interessenten.
Mindestgebot für das Zweckeler Stellwerk liegt bei 4000 Euro
Die müssen übrigens mindestens 4000 Euro auf den Tisch legen, um das alte Stellwerk zu übernehmen. Und nach einem möglichen Kauf können sie dort auch nicht schalten und walten, wie sie wollen. Denn: Das Gebäude und auch die Stellwerkstechnik in dem Häuschen stehen unter Denkmalschutz, dürfen also nicht verändert oder gar abgebaut werden.
Den Stellwerkfreunden Zweckel ist das selbstverständlich bewusst. Schon lang setzen sie sich für den Erhalt ein, sprechen davon, daraus eine Landmarke für Zweckel machen zu wollen. Dass nun endlich der Versteigerungstermin feststeht, sorgt bei den Verantwortlichen für Erleichterung. Schließlich sind inzwischen fast vier Jahre vergangen, seitdem die Verantwortlichen angefangen haben, sich für den Erhalt des Stellwerks einzusetzen.
Nicht nur die Stellwerkfreunde Zweckel haben Interesse an dem Gebäude
Zwei Vorstandsmitglieder werden sich an dem Tag nach Köln aufmachen, und mitbieten, berichtet Christoph Wiechers von den Stellwerkfreunden. Am Donnerstag habe es vor Ort einen Besichtigungstermin gegeben, an dem neben den Zweckelern auch andere Interessenten teilgenommen haben. Wie viele davon nun ernsthaftes Interesse haben, kann natürlich niemand genau sagen.
Die Stellwerkfreunde jedenfalls haben ihr Mindestgebot bereits hinterlegt. Zuletzt habe man noch einmal eine großzügige Spende von der Sparkasse erhalten, zusammen mit anderen Spenden und den 2500 Euro aus dem Gewinn des Heimatpreises sei der Verein aber in der Lage, im Zweifel auch höher zu bieten, so Wiechers. Und alles, was beim Kauf übrig bleibe, könne dann genutzt werden, um die Renovierung zu finanzieren.
Verein will das Stellwerk als Denkmal erhalten
Dem Verein sei es wichtig, das Stellwerk als Denkmal zu erhalten, sagt Wiechers. Zusätzlich schwebt den Verantwortlichen vor, das Haus zu öffnen, Raum für Begegnungen und vielleicht auch kleine Ausstellungen zu schaffen – kein leichtes Unterfangen bei einer Fläche von gerade einmal 40 Quadratmetern und der sperrigen Technik, die ja erhalten bleiben muss. Auch das Grundstück ist mit 271 Quadratmetern – so die Angabe in der Verkaufsanzeige – nicht besonders groß.
Zunächst gehe es ja aber auch darum, bei der Auktion erfolgreich zu sein, danach könne man dann die Ideen konkreter fassen und prüfen, was überhaupt möglich ist. Denn auch Wiechers weiß, dass womöglich noch einige Fallstricke lauern.
Verhandlung mit Stadt Gladbeck über Zugang zum Gelände
So ist dem Exposé zu entnehmen, dass der Zugang über ein Grundstück erfolgt, das nicht der Bahn gehört, folglich auch nicht Teil des Angebots ist. Laut Wiechers handele es sich um ein städtisches Grundstück. Die Stellwerkfreunde hoffen, sich bei einem Kauf mit der Stadt einigen zu können und eventuell diese Fläche nutzen zu dürfen.
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Denn auf der anderen Seite grenzt das Stellwerk an die Bahntrasse. Hier müsse aus Sicherheitsgründen Abstand gehalten werden, erläutert ein Bahnsprecher. Es müsse sichergestellt sein, dass eventuelle Anbauten nicht in den Schienenbereich ragen und bei Veranstaltungen auch niemand den Gleisen zu nahe kommt. Das sei zum einen lebensgefährlich, zum anderen drohten empfindliche Geldstrafen.
Bauarbeiten in der Nähe der Gleise sind nicht so einfach möglich
Auch eine Einfriedung – etwa durch einen Zaun – sieht man bei der Bahn skeptisch. Denn solche Bauarbeiten an den Gleisarbeiten erforderten eigentlich eine Streckensperrung. Denkbar sei am ehesten noch, dass der Verein gegebenenfalls eine sowieso anstehende Sperrung für den Bau einer Einfriedung nutzt.
Zusätzlich aber müssten Bahn-Gebäude nach einem Verkauf entwidmet werden, erläutert der Bahnsprecher. „So wird sichergestellt, dass sie mit dem Bahnbetrieb nichts mehr zu tun haben.“ Unter anderem gehe es dabei darum, sämtliche Verbindungen zu den Gleisanlagen zu kappen. Es dürfe keinen Bezug mehr zur DB-Infrastruktur geben. Zumindest das aber sei in Zweckel schon weitestgehend der Fall.
Inwieweit weitere formale Schritte zur Entwidmung nötig seien? Wiechers verweist auf einen ihm bekannten Fall aus Herdecke, da sei ein Stellwerk, das als Industriedenkmal gilt, nicht entwidmet worden.
Stellwerkfreunde sammeln weiter Spenden
Insgesamt kommen am 9. Dezember 25 Immobilien unter den Hammer. Die Westdeutsche Grundstücksauktionen AG versteigert dort unter anderem Immobilien und Grundstücker der Deutschen Bahn und der Bundesanstalt für Immobilien. Das Unternehmen ist aber auch tätig für private und kommerzielle Eigentümer sowie Kreditinstituten oder Insolvenzverwalter.
Los geht es um 12 Uhr im Hilton Cologne Hotel. Das Stellwerk Zweckel ist laut Auktionskatalog das erste Objekt. Wer mitsteigern möchte, der muss sich zuvor registrieren und schon im Vorfeld ein Gebot abgeben, alle Infos dazu gibt es unter: www.wdga-ag.de.
Die Stellwerkfreund Zweckel haben im Vorfeld Spenden gesammelt, hoffen aber auf weitere Unterstützer, schließlich muss das Gebäude nach einem möglicherweise erfolgreichen Zuschlag saniert werden. Es gilt: „Alles, was von der Versteigerung übrig bleibt, geht in die Sanierung“, so Christoph Wiechers von den Stellwerkfreunden. Weitere Infos zu Verein, Mitgliedschaft und Spendenmöglichkeit unter: www.stellwerkfreunde.de