Gladbeck. Illustratorin Lara Wilkin hat bei einem internationalen Designwettbewerb die Jury überzeugt. Kampagne greift Suizidgefahren und Prävention auf.

Mit einem ganz besonderen Thema hat die Grafikerin und Illustratorin Lara Wilkin jetzt beim internationalen renommierten Wettbewerb der weltweiten Designerszene A’Design Award & Competition in Como (Italien) überzeugt. Die Gladbeckerin befasste sich in einer Grafikkampagne gestalterisch mit dem Schwerpunkt Selbstmord und Prävention, wofür sie mit Bronze ausgezeichnet wurde. Das gewählte Thema hat auch einen persönlichen Beweggrund.

Sie habe wie viele andere Menschen auch erlebt, wie die Corona-Pandemie, die Lockdowns und die Isolation viele Menschen belastet haben. „Depressive Tendenzen konnten verstärkt werden, mit der Gefahr, dass betroffene Menschen verzweifelt ihr Leben durch Suizid beenden“, so die 33-Jährige. Die von ihr zum Wettbewerb eingereichte Schwarz-Weiß-Grafik greift auf plakative Weise generelle Faktoren auf, die suizidale Absichten verstärken oder auslösen können, wie Mobbing, Depression, Isolation oder Missbrauch.

„Helfe davon betroffenen Personen und unterbreche die Kettenreaktion“

Lara Wilkin greift mit ihren Kampagnen immer wieder auch kritische Themen auf. Wie hier, wo die Umweltverschmutzung der Natur mit ihren Gefahren für Wildtiere dargestellt und auch von einer Jury ausgezeichnet wurde.
Lara Wilkin greift mit ihren Kampagnen immer wieder auch kritische Themen auf. Wie hier, wo die Umweltverschmutzung der Natur mit ihren Gefahren für Wildtiere dargestellt und auch von einer Jury ausgezeichnet wurde. © Lara Wilkin | Lara Wilkin

Trigger, die in ihrer zum Thema entworfenen Grafik-Apparatur eine Zahnrad-Mechanik spannen, die schlimmstenfalls verschiedenen Möglichkeiten des Suizids auslösen können: Den Selbstmord mit Tabletten, mit einer Pistole oder über einen selbst herbeigeführten Autounfall. Auf Englisch weist ein Satz inmitten der Grafik darauf hin, dass Selbstmord mehr als ein plötzlicher Impuls ist, sondern ein Zusammenwirken verschiedener Reaktionen, aufgrund einer momentanen mentalen Beeinträchtigung. Und dem weiteren Hinweistext: „Gegen Selbstmord – mit Selbstmord-Prävention gegen die belastenden Gedanken. Sei aufmerksam, erkenne Probleme, hole dir Hilfe, oder helfe davon betroffenen Personen und unterbreche die Kettenreaktion!“

Es sei Absicht der ins Auge stechenden Kampagne, „auf Hilfsmöglichkeiten und präventive Angebote hinzuweisen“, erklärt Lara Wilkin. Sie selbst habe traurige und dunkle Momente durchlebt, nachdem sie ihren linken Unterarm in Folge eines Unfalls verloren hatte. Sie sei aber positiv geblieben, habe sich nicht unterkriegen lassen, gekämpft und ein zweites Leben mit Prothese angenommen, „das mir auch neue Wege aufgetan hat, mich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln “, so die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der FH Dortmund, wo sie die grafische visuelle und konzeptionelle Außendarstellung im Fachbereich Informationstechnik leitet.

Für Menschen mit Armprothesen gibt es kaum Ansprechpartner und gute Informationen

Die  bereits mehrfach international ausgezeichnete talentierte Grafikerin und Illustratorin Lara Wilkin aus Gladbeck (33) hat ihre linke Hand verloren. Sie hat ihr „zweites Leben“ mutig und zuversichtlich angenommen.
Die  bereits mehrfach international ausgezeichnete talentierte Grafikerin und Illustratorin Lara Wilkin aus Gladbeck (33) hat ihre linke Hand verloren. Sie hat ihr „zweites Leben“ mutig und zuversichtlich angenommen. © Lara Wilkin | Lara Wilkin

Aufgrund ihrer eigenen Situation habe sie beim Versuch, Informationen über prothetische Möglichkeiten und Hilfen zu erhalten, „feststellen müssen, dass es für Menschen mit Armprothesen kaum Ansprechpartner und gute Informationen gibt“. Sie habe sich selbst über Kontakt zu Orthopädietechnikern und Medizinern weitergebildet, engagiere sich ehrenamtlich im Bundesverband für Menschen mit Arm- oder Beinamputation und sei dort nun deutschlandweit die Beauftragte für Amputationen der oberen Extremitäten. Als Fachfrau auf diesem Gebiet halte sie auf Einladung des Bundesversorgungsamtes bald auch als Referentin Workshops für Ärzte.

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Ihre Faszination für die Möglichkeiten der prothetischen Technik habe dazu geführt, dass sie sich als Autodidaktin immer mehr mit dem Thema befasst habe. Sie habe sich zum Beispiel in die Programmierung ihrer bluetoothfähigen Prothese hineingefuchst, um beispielsweise die Geschwindigkeit der Griffmodi anzupassen und die Möglichkeiten zu optimieren. „Mittlerweile habe ich das Ziel, diesen Schwerpunkt auch beruflich und wissenschaftlich auszubauen“, verrät die Gladbeckerin.

Die Gladbeckerin will jetzt auch bei den Cybathlons für Deutschland punkten

Es ist verblüffend, wie filigran Lara Wilkin mit ihrer fein justierten Handprothese arbeiten kann, um auch kleinste Legoteile behutsam zu greifen.
Es ist verblüffend, wie filigran Lara Wilkin mit ihrer fein justierten Handprothese arbeiten kann, um auch kleinste Legoteile behutsam zu greifen. © Lara Wilkin | Lara Wilkin

Was mit einer optimierten Handprothese alles in Sachen Feinmotorik möglich ist, beweist Lara Wilkin selbst beim Zusammenbasteln von Legomodellen mit immer kleineren Teilen. Sie erstaunte auch Experten über einen Aufgabenkoffer, dessen Inhalt als Benchmark dient, um zu messen, was mit einer modernen Handprothese bewältigt werden kann. Lara Wilkin schaffte es so, viele kleine Teile zu bewegen oder in Vorrichtungen zu stecken, sodass sie den bisherigen Spitzenwert knackte und 97 Prozent der Aufgaben löste.

Mit ihren Fähigkeiten will die Gladbeckerin jetzt auch für Deutschland punkten – als eine von zwei nationalen Athleten, die bei den Cybathlons 2024 in Zürich antreten. Ein internationaler Wettkampf, eine Art Weltmeisterschaft, bei der sich Menschen mit körperlichen Behinderungen (so genannte Piloten) aus verschiedenen Nationen beim Absolvieren alltagsrelevanter Aufgaben mittels technischer Assistenzsysteme messen.