Gladbeck. Aus fremden Ländern eingewanderte Pflanzenarten wuchern auch in Gladbeck. Eine Plage, die die Biovielfalt bedroht. Das ist zu beachten.

Die derzeit schwül-warme Witterung begünstigt das Wachstum vieler Pflanzen in freier Natur. Wer mit dem Rad oder beim Spazierengehen auf grüne Haine trifft, kann das gut feststellen. Dabei mögen besonders mit sattem Grün in die Höhe schießende Pflanzen mit großen Blättern ins Auge fallen. Diese Vegetation ist für Fachleute aber kein Grund zur Freude. Die Rede ist vom japanischen Staudenknöterich. Einer sich stark ausbreitenden Art, die nicht nur in Gladbeck für Probleme sorgt. Die Bekämpfung ist aber wichtig.

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„Wir sprechen hierbei von einem invasiven Neophyten“, erklärt Ralf Sonnenberg, beim Zentralen Betriebshof Gladbeck (ZBG) zuständiger Abteilungsleiter der Grünflächenunterhaltung. „Also einer nicht heimischen zugewanderten Pflanze, die sich in unseren Breiten wohlfühlt und stark vermehrt.“ Der bis zu vier Meter hohe japanische Staudenknöterich könne in Grünstreifen an Radwegen, aber auch mitten in der Stadt, wie im Bürgerpark Butendorf oder in naturbelassenen Grünbereichen von Naturschutzgebieten, etwa an Halden, festgestellt werden.

Ein Dilemma, das der Mensch verursacht hat

Ralf Sonnenberg vom ZBG mit einem Ast des invasiven Japanknöterichs der, falls abgerissen, auch über seine Nodien (Sprossachsen) neue Pflanzen austreiben kann.
Ralf Sonnenberg vom ZBG mit einem Ast des invasiven Japanknöterichs der, falls abgerissen, auch über seine Nodien (Sprossachsen) neue Pflanzen austreiben kann. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Ein menschengemachtes Dilemma, so der Experte, da der japanische Staudenknöterich im 19. Jahrhundert als Zierpflanze nach Deutschland eingeführt worden sei. Jetzt sei er für die Grünflächenunterhaltung wie auch die heimische Natur ein Riesenproblem, „denn der Staudenknöterich drängt alle anderen Arten zurück, die an den Standorten zuvor heimisch waren, wie beispielsweise den Spitzwegerich, die Goldrute oder den Natternkopf“. Letztere sei auch eine wichtige Futterpflanze für Wildbienen, andere schützende Pflanzen Lebensraum etwa von Kleintieren. Der Knöterich könne so die gesamte Biodiversität an einem Standort stören und gefährden. Er habe auch für andere Tiere oder Insekten keinen Nutzen, da er keine Fresspflanze sei.

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Um die Plage einzudämmen und den wuchernden Eindringling in relevante Bereichen in Schach zu halten, fechten die Grünpflege-Teams des ZBG einen ständigen Kampf. „Wir versuchen die Pflanze durch regelmäßiges Mähen in Schranken zu weisen.“ Bei Jungpflanzen und kleinen Beständen ein probates Mittel, um den Knöterich auszumerzen, das bei Beseitigung des jungen Wurzelwerkes auch in Privatgärten wirke, so Sonnenberg. Bei älteren Beständen, wie erwähnt, aber ein Dauerkampf, „da der Staudenknöterich ein verzweigtes Wurzelwerk ausbildet, das ein Meter, bei Altpflanzen sogar bis zwei Meter in die Tiefe reicht“. Somit existierten gut überdauernde Rhizome, über die der Überlebenskünstler immer wieder in die Höhe austreiben könne. Sonnenberg: „Um die Beseitigung verlässlich zu garantieren, müsste also der Boden metertief ausgekoffert und bestenfalls noch chemisch mit Unkrautvernichtungsmittel behandelt werden, was in der Fläche auch finanziell nicht darstellbar ist.“

Die Untere Naturschutzbehörde des Kreises hat die Invasoren im Blick

Der Riesenbärenklau (Herkulesstaude) ist auch eine problematische invasive Art, die sich im Kreis Recklinghausen ausgebreitet hat.
Der Riesenbärenklau (Herkulesstaude) ist auch eine problematische invasive Art, die sich im Kreis Recklinghausen ausgebreitet hat. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Der Japanknöterich ist freilich nicht nur in Gladbeck, sondern im gesamten Kreis Recklinghausen ein Problem und die Untere Naturschutzbehörde hat den Eindringling im Blick, wie auch weitere invasive Arten „etwa die Herkulesstaude (Riesenbärenklau) oder die Beifußambrosie“, zählt Ulrike Mathes auf, die mit ihrer Kollegin Marieke Sauermann für die invasiven Neophyten zuständig ist. Letztere erklärt, „das Neophyten aus dem griechischen übersetzt einfach neue Pflanzen bedeutet“. Und als Neophyten klassifiziert würden alle Pflanzen, „die nach der Entdeckung Amerikas 1492 beabsichtigt oder unbeabsichtigt mit Hilfe des Menschen nach Europa eingebracht wurden, also in Gebiete, in denen sie ursprünglich nicht vorkamen“. Die schon vor Columbus beheimateten Pflanzenarten würden Archäophyten genannt. Zu den Neophyten zählten auch nicht mehr wegzudenkende Nahrungspflanzen wie Tomaten oder Mais.

Andere invasive Arten seien in Gladbeck kein großes Problem, sagt Ralf Sonnenberg. „Der Riesenbärenklau wächst auffälliger an nur zwei Standorten im Braucker Südpark und am Regenrückhaltebecken am Frochtwinkel in Zweckel. Der vermeintlich wegen der Ähnlichkeit ins Auge fallende Bestand im Naturschutzgebiet an der Welheimer Straße zur Halde Brauck sei kein Riesenbärenklau, „sondern Wiesenbärenklau der unbedenklich ist“.

Das EU-Recht har bei neuen Arten auch eine klare Vorgabe

Die Ausbreitung invasiver Arten, die zum Beispiel aus wärmeren Regionen stammten, werden durch die Klimaerwärmung begünstigt, sagt Forstwirtschafts-Ingenieurin Ulrike Mathes. Da ältere heimische Arten teils weniger gut mit stärkerer Sonneneinstrahlung zurecht kommen. Um die Ausbreitung invasiver Arten nicht zu begünstigen, die die Flora und Fauna in Gladbeck weiter bedrohen könnten, sollte man auf die Einbringung von Pflanzen etwa aus Urlaubsgebieten verzichten, so die Fachfrauen. „Das EU-Recht verbietet auch, neue Arten in die Landschaft zu pflanzen“, ergänzt Geografin Marieke Sauermann.