Gladbeck. In Gladbeck können Wohnungen extra zum Zocken angemietet werden. Gamer-Teams reisen aus Berlin, Hamburg oder Holland an, um gemeinsam zu spielen.
Eine Ferienwohnung extra zum Zocken anmieten? In Gladbeck ist das seit zwei Jahren tatsächlich möglich. Die Geschäftsmänner Felix Löbbecke (32) und Alexander Bochert (30) haben ein altes Mehrfamilienhaus, das seit 1912 in der Gladbecker Innenstadt steht, zum Gamer-Paradies „esports house“ umgebaut. Seither reisen Profi- und Amateur-Gamer unter anderem aus Hamburg, Berlin, München, Holland und der Schweiz an und zahlen teilweise bis zu 500 Euro pro Nacht, um in Gladbeck auf 120 Quadratmetern zu übernachten, zu essen, zu duschen und eben auch zu zocken.
Im Gespräch mit der WAZ Gladbeck erklärt Löbbecke, warum das „esports house“ für die Stadt einige Chancen bietet, warum gemeinsames Zocken Menschen verbindet – und warum Profi-Gamer oftmals gesünder leben, als man vermuten würde.
E-Sportler kommen in Gladbeck zum Zocken zusammen
Ein Treppenhaus mit Graffiti an den Wänden führt auf jeweils drei Etagen zu den Ferienwohnungen, in denen sich jeweils vier Bundeswehr-Etagenbetten, ein Badezimmer, eine Küche, ein Wohnzimmer und acht Gaming-Plätze befinden. Auf den ersten Blick sieht es aus wie in einer minimalistisch-modern eingerichteten Airbnb-Wohnung. Doch bei genauerem Hinschauen wird klar: Wer hier herkommt, der hat ganz konkrete Pläne. Der Check-in geschieht auf digitale Weise über einen Code auf dem Smartphone. Auf dem Kühlschrank stehen Star-Wars-Küchenrollen, an den Schlafzimmerwänden hängen Marvel-Bilder. Das Wohnzimmer mit großem Ledersofa und Flatscreen-TV kann zum Netflixen oder zur Strategiebesprechung genutzt werden. Im Kickerzimmer haben die spielbegeisterten Gäste die Möglichkeit, ihren Augen eine Bildschirmpause zu gönnen.
„Andere Menschen können sich keine Ferienwohnung ohne Sauna vorstellen, unsere Gäste wollen PCs zum Zocken haben“, erklärt der Gladbecker Felix Löbbecke. Willkommen sei jeder, der mindestens 18 Jahre alt ist. Die ältesten Gäste hätten aus einem Ü50-Zockerteam aus Deutschland bestanden, das bereits seit 20 Jahren zusammen spielt. Die meisten Gäste seien Männer, aber ab und zu buche sich auch schonmal ein „E-Girl“ mit ein. „Es kommen teilweise Teams zusammen, die sich seit Jahren über die Videospiele kennen, sich aber noch nie live gesehen haben“, sagt Löbbecke. „Hier können sie gemeinsam essen, quatschen und auch mal „echte“ soziale Zeit miteinander verbringen. Wir holen die Gamer quasi auch wieder ein bisschen in die Realität zurück.“
Auch für Gladbeck soll das Gaming-Haus Vorteile haben
Und auch für Gladbeck sieht Löbbecke mit seinem Gaming-Haus eine Chance. „Wir holen dadurch Menschen aus aller Welt in unsere Stadt und ins Ruhrgebiet“, sagt er. So würden die wenigsten Gäste rund um die Uhr zocken. „Viele schauen sich auch die Innenstadt oder das Wittringer Schloss an, machen einen Ausflug in den Movie-Park oder ins Centro Oberhausen“, erklärt der Geschäftsmann. Außerdem könne die Gaming-Szene Gladbeck dazu verhelfen digitaler zu werden. „Ich bin Gladbecker seit Tag eins und finde die Stadt toll. Aber wer würde hier von außerhalb ohne einen konkreten Anlass schon groß herkommen?“, betont Löbbecke.
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Einige Teams würden sich für ein verlängertes Wochenende einbuchen, andere blieben sogar bis zu drei Wochen. „Das sind dann meistens die Profi-Gamer“, erklärt Löbbecke. So wird das „esports house“ in Gladbeck unter anderem auch von professionellen E-Sportlern als Trainingscenter genutzt, um sich auf die nächste große Meisterschaft vorzubereiten. Diese reisen dann zum Teil inklusive Psychotherapeut, Krankengymnast und Ernährungsberater an und würden laut Löbbecke gesünder leben als manch anderer.
Gesunder Umgang mit dem Gaming: „Kein Profi-Gamer zockt den ganzen Tag!“
„Profis zocken maximal vier Stunden am Tag“, erklärt der Gladbecker. „Den Rest der Zeit verbringen sie damit, ihre Spielstrategien zu besprechen und sich um ihre mentale und körperliche Gesundheit zu kümmern, damit sie überhaupt langfristig gute Leistungen beim Spielen erbringen können.“ So würden auch selten große Partys in seinen Ferienwohnungen gefeiert werden. „In der Gaming-Szene wird nicht viel Alkohol getrunken“, betont der Gründer.
Die Buchung erfolgt online
Die Ferienwohnungen für Gamer können auf www.esportshouse.de gebucht werden. Es stehen drei Appartements für jeweils acht Personen zu unterschiedlichen Preisen zur Verfügung. Die Preise reichen pro Nacht von 240 Euro bis 392 Euro zuzüglich Reinigungspauschale und Kaution. Am Wochenende sind die Übernachtungen entsprechend teurer als unter der Woche.
Wer Freunden eine Freude machen will, der kann auch einen Wertgutschein für das „esports house“ verschenken. Schreiben Sie dem Team einfach an geschaeftsfuehrung@esportshouse.de eine E-Mail mit Ihrem Namen, dem Namen des Beschenkten, dem Wert des Gutscheins und optional einer Nachricht für den Beschenkten.
Weitere Vorteile von Videospielen seien außerdem, dass Spieler lernen, mit digitalen Geräten und strategischen Themen umzugehen. Auch die Reaktionsfähigkeit würde sich durch viele Spiele verbessern. „Wenn Schach, Dart und Bogenschießen als Sport angesehen wird, wieso dann nicht auch Gaming?“, stellt Löbbecke zur Diskussion. Eine Gefahr für Spieler sieht er dabei nicht zwingend. „Klar, kann spielen auch süchtig machen. Aber das können Alkohol, Arbeit und körperlicher Sport auch.“ Wie mit allen anderen Dingen auch, sei es wichtig, einen gesunden Umgang mit dem Gaming zu finden, und dafür würde der Profisport eine Vorbildfunktion bieten.
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