Gladbeck. Gestohlen hat er, um seine Sucht zu finanzieren. Das gibt ein 37-Jähriger vor dem Amtsgericht Gladbeck auch zu. Eine weitere Straftat aber nicht.

Die inzwischen verstorbene Mutter war schwer alkoholabhängig, er selbst besuchte die Grund-, später eine Sonder-, zuletzt eine Lernbehindertenschule, lebte im Heim, in einer Pflegefamilie, auf der Straße. Er konsumierte als 13-Jähriger erstmals Marihuana, später auch Amphetamine, hat erfolglose Entgiftungen und zwei abgebrochene Langzeittherapien hinter sich, leidet nach Überzeugung eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie seit seiner Kindheit an ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung), saß mehrfach im Gefängnis, steht unter Betreuung.

Eine echte Chance hatte der 37-jährige M. aus Gladbeck in seinem bisherigen Leben eher nicht. Zur aktuellen Verhandlung vor dem Schöffengericht am Amtsgericht wurde der Angeklagte aus der JVA Hagen vorgeführt.

Bei drei Straftaten des Gladbecker hat es sich um typische Beschaffungskriminalität gehandelt

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Bei drei der ihm vorgeworfenen Straftaten handelte sich um typische Beschaffungskriminalität: An der Schützenstraße soll er eine Autoscheibe eingeschlagen und den Wagen (vergeblich) nach Beute durchwühlt haben. In einem Kiosk an der Humboldtstraße stahl er in einem unbeobachteten Augenblick die Börse mit etwa 25 Euro und Papieren aus der Handtasche der Verkäuferin, aus dem Hinterhof einer Pizzeria in Gelsenkirchen zwei große Müllbeutel mit Pfandflaschen.

An den ersten Vorfall konnte sich M. bei der Verhandlung vorm Amtsgericht in Gladbeck nicht erinnern, war aber anhand eines Blutstropfens und eines zurückgelassenen Basecaps identifiziert worden. Im Kiosk brachte die Video-Überwachung die Polizei auf seine Spur, beim Diebstahl der Pfandflaschen wurde er von Zeugen erwischt. Er gab die beiden letzten Taten zu.

Den vierten Vorwurf bestritt der Angeklagte vehement

Den vierten Vorwurf dagegen bestritt der Angeklagte vehement. Laut Anklage soll er, gemeinsam mit zwei weiteren Männern und einer Frau, im August 2020 auf der Breukerstraße einen Mann geschlagen und getreten haben. Wegen dieses Vorfalls musste sich auch die 49-jährige R. verantworten. Der Haupttäter ist bereits verurteilt. Das Opfer erlitt schwere Verletzungen, musste notoperiert werden. Sie seien zwar mit am Tatort gewesen, sagten die Angeklagten, misshandelt worden sei das Opfer aber nur vom inzwischen verurteilten Bekannten. „Ich habe dem Mann nichts getan“, beteuerte der Angeklagte. „Ich war selber entsetzt.“ Die Mitangeklagte bestätigte seine Version.

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Die Ursache für den brutalen Angriff wurde vor Gericht nicht deutlich. Von Drogenmilieu, schweren Beleidigungen und Eifersucht war die Rede. Widersprüchlich waren die Aussagen der Zeugen. Ein Anwohner, der das Geschehen von Balkon aus beobachtet hatte, will mehrere Männer gesehen haben, die auf das Opfer einschlugen, eine Nachbarin, die sowohl das Opfer als auch die mutmaßlichen Täter kennt, beschuldigte ebenfalls das gesamte Quartett: „Der verurteilte Haupttäter hat ihn vom Rad geboxt, und alle haben den am Boden Liegenden getreten.“

Das Opfer war der Ladung des Gladbecker Gerichts nicht gefolgt

Der dritte Zeuge, der damalige Freund der Angeklagten, der selbst mit den Anderen zum Tatort gefahren war, behauptete dagegen, die Angeklagten seien an dem Angriff nicht beteiligt gewesen. Weil das Opfer der Ladung des Gerichts nicht gefolgt war und zudem der verurteilte Täter noch gehört werden soll, wurde die Verhandlung unterbrochen.