Gladbeck. Ulrich Fränzer (70) und Klaus Tadsen (61) aus Gladbeck sind seit 33 Jahren ein Paar. Wieso heiraten für sie erst vor zwei Jahren zum Thema wurde.

„Homosexuell sein ist heute einfacher als früher“, sagen Ulrich Fränzer und Klaus Tadsen aus Gladbeck. Als das Paar sich vor 33 Jahren lieben lernte, stand der „Schwulen-Paragraph“ 175 noch im deutschen Strafgesetzbuch. Nach Abschaffung der diskriminierenden Klausel im Jahr 1994 folgte ein langer Weg bis zur Ehe für alle. Erst seit 2017 dürfen homosexuelle Paare in Deutschland heiraten.

Ulrich und Klaus blicken trotzdem auf eine glückliche Liebesgeschichte zurück. Davon, nicht akzeptiert zu werden, blieben sie größtenteils verschont. „In meiner Welt war schwul sein immer normal“, erklärt Klaus Tadsen, der 40 Jahre lang als „Lady Tatti“ im Revue Palast Ruhr auf der Bühne stand. So sei ein „schrilles Coming-Out“ für ihn nie nötig gewesen. Nur in seiner Kindheit – da hätte es Hänseleien gegeben. Doch die spielen für den 61-Jährigen heute keine Rolle mehr.

Gladbecker: „Meine Eltern haben es nie erfahren“

Klaus Tadsen ist in einem traditionellen Elternhaus aufgewachsen: Mutter, Vater, Kind. Von seinen Eltern hat er vor allem Beständigkeit, Treue und Durchhaltevermögen gelernt. Werte, an denen der gelernte Friseur bis heute festhält – vor allem dann, wenn es um die Liebe geht. „Meine Eltern sind früh gestorben und haben nie offiziell erfahren, dass ich schwul bin“, sagt Klaus. „Aber ihnen war klar, dass ich anders war als andere Jungs. Ich war immer eher wie ein Mädchen.“

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Wie seine Eltern auf das Thema reagiert hätten, kann Klaus heute nur vermuten. „Meine Mutter hat abgewunken, als meine Biologie-Lehrerin mal zu ihr meinte, dass ich zu viele weibliche Hormone hätte. Bei meinem Vater wäre es ein größerer Konflikt geworden. Er hätte mich vermutlich verprügelt“, erzählt Klaus mit einem Schulterzucken. So seien die Zeiten damals nun mal gewesen.

Friseur Klaus Tadsen berichtet von seinem Leben als homosexueller Mann in Gladbeck.
Friseur Klaus Tadsen berichtet von seinem Leben als homosexueller Mann in Gladbeck. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Gladbecker Paar: „Für schrill sind wir zu konservativ“

Als Klaus im Jahr 1989 Ulrich in einer Disco kennenlernte, hatte er seine Identität als schwuler Transvestit längst für sich definiert. Ulrich hingegen war zu diesem Zeitpunkt noch mit einer Frau verheiratet, lebte von ihr allerdings getrennt. Das Gefühl von Liebe kannte er bereits, nur galt sie diesmal eben einem anderen Geschlecht.

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So führten Klaus und Ulrich fortan ein gemeinsames Leben mit Höhen und Tiefen, das durch „Lady Tattis“ Bühnenkarriere erst kunterbunt und später etwas ruhiger wurde. Der Liebe wegen zog es Klaus, der gebürtiger Moerser ist, dann auch nach Gladbeck. „Wir haben uns als schwules Paar nie versteckt, aber wir mochten es auch nicht schrill nach außen tragen und alles mit der ganzen Welt teilen“, erklärt Ulrich. „Dafür sind wir zu konservativ“, so Klaus.

Bestehende Hürden trotz „Ehe für alle“:

Erst seit dem 1. Oktober 2017 dürfen gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland heiraten. Davor war seit dem Jahr 2001 lediglich eine eingetragene Lebenspartnerschaft möglich. Mit der Öffnung der Ehe sind homosexuelle Paare auch im Adoptionsrecht gleichgestellt und dürfen gemeinsam Kinder adoptieren.

Trotz dieser Fortschritte stellt die Rechtsgrundlage Regenbogenfamilien noch vor zusätzliche Hürden, damit das gemeinsame Kind auch als solches anerkannt wird. Außerhalb des Adoptionsrechts werden nur eine Frau und ein Mann als Eltern des Kindes anerkannt. Laut dem im Mai 2020 beschlossenen Adoptionshilfegesetz müssen nicht-leibliche Elternteile, die ihre Elternschaft durch eine Stiefkindadoption anerkennen lassen möchten, zukünftig eine verpflichtende Beratung durchlaufen.

Die Beratungspflicht entfällt nur dann, wenn der annehmende Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit dem leiblichen Elternteil des Kindes verheiratet ist. Während unverheiratete Väter, die in einer heterosexuellen Beziehung leben, auch als Vater eingetragen werden können, ist bei gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe oder die eingetragene Lebenspartnerschaft also zwingend notwendig.

An heiraten und Kinder kriegen war damals noch nicht zu denken

Trotz ihrer konservativen Werte haben Ulrich und Klaus nie daran gedacht ein gemeinsames Kind zu haben. Auch geheiratet wurde erst vor zwei Jahren – eher aus praktischen als aus romantischen Gründen. „Ich bin noch damit groß geworden, dass sowas als schwuler Mensch nicht geht. Deshalb war das nie ein Thema für mich“, sagt der 61-Jährige.

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Dazu, dass sich diese Dinge mittlerweile geändert haben, trug auch Klaus und Ulrichs Beziehung bei. „Da haben die ganzen CSD-Umzüge und prominenten Outings ganz schön was gebracht“, findet Klaus. Dennoch spiele Homophobie nach wie vor eine Rolle in unserer Gesellschaft. „Es finden immer noch viele Anfeindungen statt“, sagt er. Bis zu dem Punkt, an dem es einfach nur noch um Liebe geht und nicht darum, welches Geschlecht dahinter steckt, liegt also noch ein langer Weg vor uns.