Gladbeck. Wie sieht eine Beziehung zwischen Menschen mit geistiger Behinderung in Gladbeck aus? Völlig normal! Das Thema Liebe darf niemals ein Tabu sein.
In einer Sache ist sich Monika Miskiewicz aus Gladbeck sicher: Ihren Norbert gibt die 67-Jährige in diesem Leben nicht mehr her. „Er mich aber auch nicht“, sagt sie selbstbewusst, während Norbert sie ganz verlegen von der Seite angrinst. Monika Miskiewicz und der 63-jährige Norbert Maaß leben beide in einer Wohngemeinschaft der Caritas Gladbeck für Menschen mit geistiger Behinderung. Auf der Tilister Straße in Gladbeck teilen sie sich mit sieben weiteren Bewohnern Wohnzimmer, Küche, Bad und Garten, schlafen aber jeweils in ihren eigenen vier Wänden.
„Dann kann man sich auch mal zurückziehen“, erklärt Monika, die ihre GZSZ-Abende mit Freundin Silke nicht missen will, während Norbert gerne dem FC Bayern beim Fußballspielen im Fernsehen zusieht. WG-Betreuer und Heilerziehungspfleger Nico Zaremba ist sich sicher: „Monika und Nobert führen eine rundum gesunde Beziehung. Von den beiden können andere Paare eine ganze Menge lernen.“
Gladbeck: Monika und Norbert sind seid über 20 Jahren ein Paar
Monika und Norbert haben sich im Jahr 2001 kennengelernt. „Er war erst sehr schüchtern und hat mich nicht angesprochen“, erinnert sich Monika. Doch das schien schnell zu verfliegen, denn nur ein Jahr später, am 14. Februar 2002, machte Norbert seiner Monika einen Antrag. „Am Valentinstag“, betont Norbert. „Da sind wir gerade mit dem Bus gefahren.“
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Seitdem geht das verlobte Paar durch dick und dünn. An Wochenenden ist der Movie Park in Brühl das Lieblingsausflugsziel der beiden. Freitagnachmittags geht’s zum Café trinken oder Eis essen in die Stadt. Trotz der gemeinsamen Hobbies kommt eine Hochzeit, zumindest für Monika, jedoch nicht infrage. „Ich möchte keine Ehekrise oder Scheidung. Das kostet nur unnötig Geld“, erklärt die 67-Jährige.
Pädagoge aus Gladbeck: Beziehungen sind wichtige Erfahrungen
Ambulant betreutes Wohnen in Gladbeck
Durch ein ambulant bereutes Wohnen können Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben führen. In Gladbeck ermöglicht das der Caritasverband und die gemeinnützige Jugend- und Behindertenhilfe. Regelmäßig stehen Betreuer zur Verfügung, die den Bewohnern bei Bedarf zur Seite stehen, sie zum Einkaufen oder zu Arztbesuchen begleiten oder einfach nur als Zuhörer da sind. Tätigkeiten wie Küchendienste werden von den Bewohnern selbst erledigt. Bei der Caritas leben neun beeinträchtigte Menschen auf der Tilister Straße in einer ehemaligen Arztvilla ganz in der Nähe des Wittringer Waldes zusammen. Im Rahmen der gemeinnützige Jugend- und Behindertenhilfe leben erwachsene Menschen mit Behinderungen auf der Memelerstraße.
Wohngemeinschaften sind bis heute ein Ort, an dem viele beeinträchtigte Menschen nicht nur die Möglichkeit haben, selbstständig zu leben, sondern auch Erfahrungen mit Sexualität und Beziehungen zu sammeln. Markus Walde, pädagogischer Leiter des ambulant betreuten Wohnen der Gemeinnützigen Behinderten- und Jugendhilfe in Gladbeck, weiß, wie wichtig es ist, offen darüber zu sprechen.
„Das sind ganz normale Menschen, die ein Bedürfnis nach Liebe und körperlicher Nähe habe“, erklärt Walde. „Diese Beziehungen geschehen zu lassen, ist ein wichtiger Schritt, um Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft endlich zu normalisieren und vollständig zu integrieren.“ Gerade für die Sozialisation der jüngeren WG-Bewohner seien Erfahrungen wichtig, die auch andere Teenager und Jugendliche ohne Beeinträchtigungen machen. „Deshalb fahren wir, wenn möglich, am Wochenende auch mal in den Club, anstatt nur Partys innerhalb unserer Wohngruppe zu feiern“, so Walde.
„Sie hört mir zu und nimmt mich genau so wie ich bin“
Auch in der Wohngruppe von Markus Walde in der Memeler Straße in Gladbeck, bilden sich immer wieder neue Liebesbeziehungen – einige davon halten, andere zerbrechen nach einer Zeit wieder. Die 18-jährige Lena Nebich lebt erst seit November 2021 hier und hat sich mit ihrem Einzug gleich in den 29-jährigen Claudio Fuest verguckt. „Wir haben eine ganze Zeit lang über Whatsapp gechattet, bis ich ihm irgendwann meine Liebe gestanden habe“, erzählt Lena. „Seitdem wir zusammen sind, bin ich viel glücklicher, selbstbewusster und lockerer im Umgang mit Menschen geworden.“
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Der 26-jährige Marcel Kuhlmey hat seine große Liebe vor knapp fünf Jahren ebenfalls in der Wohngemeinschaft kennengelernt. Freundin Linda lebt mittlerweile nicht mehr hier, doch die beiden haben täglich Kontakt über Whatsapp und treffen sich, sooft es möglich ist. Mit seiner Freundin hat Marcel nicht nur eine Person gefunden, mit der er gemeinsam lachen, Filme gucken und Lieblingsrezepte kochen kann, sondern auch jemanden, der eine große Lücke in seinem Leben füllt. „Marcel hat keinen Kontakt mehr zu seiner Familie und war immer auf der Suche nach Liebe und Anerkennung“, erklärt sein langjähriger Betreuer Markus Walde. „Linda hört mir immer zu und nimmt mich genau so wie ich bin“, sagt Marcel. „Ein Leben ohne sie ist für mich unvorstellbar.“