Gladbeck. Die Reiterstaffel der Polizei geht regelmäßig in Gladbeck auf Streife und ist ein beliebtes Fotomotiv. Der Einsatz hat einen besonderen Grund.

Immer wenn Oberkommissarin Svenja Boon und Polizeihauptkommissar Thomas Klapper in Gladbeck auf Streife gehen, begegnen ihnen Passanten mit einem Lächeln und besonders Kinder mit großer Begeisterung. Obgleich beide freundliche Menschen sind und in ihren Uniformen respektabel aussehen, sind sie nicht der Grund für die häufigen kleinen Menschenansammlungen. Das liegt vielmehr an ihren beiden Kollegen – den Polizeipferden Anubis (12) und Caracas (6), auf denen die Beamten auch durch die Fußgängerzone reiten.

Schnell werden Handys gezückt, um die berittene Streife oder das entzückte Kind beim Streicheln zu fotografieren. Und fast immer wird vorher respektvoll gefragt, „darf das Pferd angefasst, darf ein Foto gemacht werden?“. Das Quartett macht Eindruck, sitzen die Polizisten doch in etwa 1,70 Metern Höhe auf den stattlichen Pferden, die mehr als eine halbe Tonne (600 bis 750 Kilo) wiegen. „Vor dem Anfassen zu fragen, sei richtig“, lobt Ausbilder Thomas Klapper (56). Denn man sollte sich den Pferden nur von vorne nähern, denn es handele sich schließlich um Fluchttiere, „und alles was ungesehen von hinten kommt, könnten die Tiere als Gefahr interpretieren“.

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Gladbeck ist ein beliebter Ausbildungsort für neue Polizeipferde

Louis (5) und Sarah di Lorenzi freuen sich, die Pferde der Reiterstreife vor dem Rathaus streicheln zu dürfen. Oberkommissarin Svenja Boon (auf Anubis) und Polizeihauptkommissar Thomas Klapper (auf Caracas) loben die Freundlichkeit der Gladbecker Bürgerinnen und Bürger.
Louis (5) und Sarah di Lorenzi freuen sich, die Pferde der Reiterstreife vor dem Rathaus streicheln zu dürfen. Oberkommissarin Svenja Boon (auf Anubis) und Polizeihauptkommissar Thomas Klapper (auf Caracas) loben die Freundlichkeit der Gladbecker Bürgerinnen und Bürger. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Die Tiere könnten scheuen, einen Menschen so unabsichtlich verletzen. Vor allem, weil auch noch unerfahrene Pferde der Reiterstaffel NRW in Gladbeck auf Steife gehen. „Wir reiten hier auf Streife, um neue Polizeipferde langsam an den geschäftigen Betrieb mit Fahrzeugen und Menschen in einer Innenstadt zu gewöhnen“, erklärt Klapper. In einer kleineren Stadt wie Gladbeck zu beginnen, sei für die Pferde ein entspannteres Lernen, „als wenn wir sofort in die quirlige Innenstadt einer Metropole wie Dortmund reiten würden“.

Um den Azubi auf vier Hufen zu beruhigen, wird er immer von einem schon erfahrenen und ausgebildeten Polizeipferd begleitet. Die Gelassenheit des Kollegen, wenn ein Kind schreit, ein Auto hupt oder ein Fahrrad dicht vorbeisaust, übertrage sich auf den Begleiter. „Das ist nicht anders, als wenn ein erfahrener Polizist mit einem jungen Polizisten auf Streife geht“, sagt Klapper. In Gladbeck habe man bisher nur gute Erfahrungen gemacht. „Die Bürger sind unheimlich freundlich und freuen sich sichtlich, uns zu sehen. Wir führen bei jeder Streife immer sehr gute Gespräche“, lobt Oberkommissarin Boon (33).

Die Beamten hoch zu Ross sind im Dienst und können angesprochen werden

Auf dem Parkplatz am Wasserschloss Wittringen werden die Polizeipferde abgeladen und für den Streifendienst in Richtung Gladbecker Innenstadt aufgezäumt.
Auf dem Parkplatz am Wasserschloss Wittringen werden die Polizeipferde abgeladen und für den Streifendienst in Richtung Gladbecker Innenstadt aufgezäumt. © Reiterstaffel | Klapper

Dies ist gewollt, schließlich sind die Beamten im Dienst und nehmen auch Anregungen oder Meldungen auf. Sie leisten zudem Hilfe, wenn nötig. „Wir haben auch schon mal einen Verkehrsunfall aufgenommen, weil wir in direkter Nähe waren“, so Klapper. Die Ausbildung der Pferde ist aber zudem das Metier des Polizeihauptkommissars, der seit 27 Jahren bei der berittenen Polizei im Dienst ist. „Ich kann mir beruflich nichts Schöneres vorstellen“, sagt der Ausbilder. Und der Spruch, „das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde“ mag einem in den Sinn kommen. Glücklich ist auf jeden Fall auch Luis (5), nachdem er sich vor dem Rathaus getraut hat, ein Polizeipferd zu streicheln. „Die haben so schöne Farben und fühlen sich ganz warm an“, sagt er. Zuletzt sei er auch selbst mal geritten. „Das war auf dem Nauerhof in Bottrop, da haben wir Spenden für die Ukraine abgegeben“, so Mama Sarah die Lorenzi, die freilich auch ein Erinnerungsfoto macht.

Landesreiterstaffel an neuem Standort

Im Jahr 2003 sind aus Kostengründen und Effektivität die zwölf Reiterstaffeln in NRW aufgelöst worden. Im Jahr 2006 wurde dann die neue Landesreiterstaffel mit zwei Standorten aufgezäumt, in Willich bei Düsseldorf und Dortmund mit insgesamt 20 Pferden und 24 Beamten.

Im Jahr 2015 wurden die beiden Standorte zusammengelegt und die Reiterstaffel dem Polizeipräsidium Bochum angegliedert. Eine neue Liegenschaft mit Dienstgebäuden, Ställen, Reithalle, Weideflächen etc. wurde auf 36.000 Quadratmetern Fläche errichtet und im Sommer 2021 bezogen.

Zur Landesreiterstaffel zählen 42 Beamtinnen und Beamten und 32 Pferde. Sie werden zudem erstmals von acht angestellten Pferdewirten und einer Pferdewirtschaftsmeisterin unterstützt. Dies sorgt für eine gute Rundumversorgung unabhängig von Dienstzeiten und Urlauben der berittenen Polizisten.

Mindestens ein Jahr dauert die Ausbildung eines Polizeipferdes. Wobei etwa die Suche nach einer vermissten Person oder im Zusammenspiel mit einer Hundertschaft eine Demonstration mit laut protestierenden Menschen simuliert werden, oder wie Pferde der Reiterstaffel geordnet vorrücken, „um gewaltbereite Fußballfans verschiedener Lager voneinander fern zu halten“. Denn nicht die Idylle in der ruhigen Gladbecker Fußgängerzone, sondern der Einsatz bei Fußballspielen, „von der ersten Bundesliga bis zur Regionalliga West“, seien das Hauptgeschäft der Reiterstaffel.

Junge Pferde zur Verstärkung der Reiterstaffel werden gesucht

Anubis und Caracas freuen sich übrigens über Verstärkung. „Wir suchen noch junge Pferde zwischen vier und acht Jahren zur Ausbildung, die ein Stockmaß von mindestens 1,68 Meter haben“, so Thomas Klapper. Stuten haben dabei aber keine Chance, denn die Reiterstaffel ist ausschließlich Walachen vorbehalten. Also gelegten Hengsten, die zwei entscheidende Teile Männlichkeit verloren haben, „dann sind die Tiere auch ruhiger“. Ein gutmütiges gelassenes Wesen ist zudem von Vorteil, schließlich müssen die behuften Polizeibeamten auch immer wieder starke Nerven auf ihren nicht ungefährlichen Einsätzen beweisen. Kontakt zur Landesreiterstaffel: 0234-909 64 01.