Gladbeck. Birgit Dusza hatte Corona – unter den Folgen leidet die Gladbeckerin noch immer. Nun freut sie sich auf das erste Weihnachten nach der Infektion.

Behutsam und mit einem Lächeln zündet Birgit Dusza nach und nach die vier Kerzen auf dem Weihnachtsgesteck auf dem Esstisch in ihrem Wohnzimmer an. Ein schöner Brauch, wie er zur Adventszeit in vielen Haushalten Jahr für Jahr gepflegt wird. Für die Gladbeckerin ist dieses Weihnachten ein besonderes Fest, das erste nach überstandener Covid-Infektion. Die 55-Jährige ist dankbar, dass es ihr wieder relativ gut geht. Sie berichtet von der schweren Zeit, die sie und ihre Familie durchlebt haben.

Angesteckt hat sie sich in der Adventszeit vor einem Jahr, so dass das gemeinsame Weihnachtsfest mit ihrem Mann, den drei Kindern (21, 23, 27) und der Familie krankheitsbedingt „nicht stattgefunden hat“. Die psychische Belastung sei bei den Angehörigen anfangs sicher größer gewesen als bei ihr selbst, da diese sich sorgten, ob die Erkrankung lebensbedrohlich wird, sagt Birgit Dusza. „Ich hatte ja genug mit den Krankheitssymptomen zu kämpfen.“

Ein erster Covid-Schnelltest war trotz starker Symptome negativ

Birgit Dusza hat in ihrer privaten Krankenakte das Ergebnis eine Lungenfunktionstestes aufgeschlagen. Obwohl sie als geheilt gilt, hat sie weiterhin long Covid-Beschwerden.
Birgit Dusza hat in ihrer privaten Krankenakte das Ergebnis eine Lungenfunktionstestes aufgeschlagen. Obwohl sie als geheilt gilt, hat sie weiterhin long Covid-Beschwerden. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Sie habe sehr schnell hohes Fieber und Schüttelfrost bekommen, dazu starke Kopf- und Gliederschmerzen, berichtet sie weiter. Ein erster Schnelltest war negativ, gleichwohl sei sie zur Sicherheit zum Hausarzt gegangen, der einen PCR-Test durchführte. „Der war positiv, so dass ich mich dann Zuhause in Quarantäne begeben habe“, so die ausgebildete Krankenschwester.

Wo und wie sie sich genau angesteckt habe, könne nur vermutet werden. Eine Schutzimpfung habe es zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht gegeben. Beruflich sei sie zuvor auf einer gerontologischen Station mit zehn Patienten eingesetzt gewesen, habe freilich eine Schutzmaske getragen. Ein Patient habe während ihrer Schicht heftige Grippe-Symptome gehabt. Im Nachhinein habe sie dann erfahren, dass alle betagten Patienten der Station auf Covid getestet wurden und acht davon erkrankt waren. „Ich habe also faktisch auf einer Corona-Station gearbeitet, ohne es zu wissen.“

Nach sechs Tagen mit 40 Grad Fieber kollabiert

Die Krankheit bei ihr selbst habe sich dann daheim verschlimmert. Nach sechs Tagen mit 40 Grad Fieber kamen Erbrechen und Durchfall hinzu. Am Morgen sei sie dann im Badezimmer kollabiert, ihr Mann alarmierte einen Rettungswagen. Im Krankenhaus wurde die Gladbeckerin behandelt. Sie selbst habe sich trotz vor einigen Jahren überstandener Krebserkrankung nicht als Risikopatientin gesehen. „Ich rauche nicht, versuche mich gesund zu ernähren bin sportlich und war körperlich fit“, so Birgit Dusza, die als aktive Läuferin bei den Fun Runnern regelmäßig auch Langstreckenläufe absolvierte. „Ich habe da auch noch keine Atemnot gehabt und bin nach fünf Tagen auf der Corona-Station wieder nach Hause in die Quarantäne entlassen worden, weil sich mein Zustand stabilisiert hatte.“

Dort habe Corona dann aber erst richtig heftig zugeschlagen. „Mit Husten, Atemnot einer Lungen- und schmerzhaften Rippenfellentzündung“. Und der Angst, „dass du einatmest, und das Gefühl hast, dass nicht genug Luft in die Lunge kommt“. Da habe sie sich schon Gedanken gemacht, ob das jetzt noch schlimmer wird, sie vielleicht sogar auf der Intensivstation im künstlichen Koma an der Beatmungsmaschine landet. Die Atemnot habe sich aber nicht verschlechtert, und sie als Krankenschwester habe alles getan, um ihre Lage zu verbessern. „Ich habe mich zur Entlastung auf den Bauch gelagert, auch bewusst und trotz starker Schmerzen Atemübungen gemacht und ein Inhalationsgerät bestellt.“

Nach überstandener Corona-Erkrankung fielen plötzlich die Haare aus

Stichwort „Long Covid“

Laut Weltgesundheitsorganisation leiden etwa zehn Prozent der Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert waren, noch Wochen und Monate nach der Infektion an Spätfolgen. Eine neue Studie geht sogar von 40 Prozent aus. Häufige Symptome von „Long Covid“ sind schnelle Erschöpfungszustände, anhaltende Müdigkeit, Kurzatmigkeit und eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit.

Laut des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen in Bonn zeigen Studien, dass auch die Corona-Schutzimpfung einen positiven Effekt bei Long Covid haben könnte. Das Immunsystem funktioniere nach einer Infektion nicht vollständig, vermuten die Forscher. Eine Impfung könnte das Immunsystem wieder anregen und umprogrammieren.

Nach fast zwei Monaten sei sie wieder so fit und auch PCR-negativ gewesen, „dass ich wieder arbeiten gegangen bin“. Der Schock sei dann im März gekommen. „Als mir plötzlich die Haare zu 80 Prozent ausgefallen sind.“ Das sei das Traumatischste gewesen, „was ich bisher in meinem Leben erfahren habe“, sagt Birgit Dusza. „Weil es so unvermittelt passiert ist.“ Statt auffälliger geliebter Lockenmähne, musste die Krankenschwester eine Perücke tragen. Corona habe sie letztlich psychisch mehr mitgenommen als ihre Krebserkrankung 2014, sagt die Gladbeckerin.

Denn auch körperlich fühle sie sich nach einem Jahr immer noch nicht richtig fit, leide offenbar unter Long Covid. „Mir ist im Sommer aufgefallen, dass ich Konzentrationsschwierigkeiten habe, mir manche Dinge nur schwer wieder einfallen. Auch beim Treppensteigen gerate ich schnell außer Puste, fühle mich nach der Arbeit sehr schlapp und mein Körper braucht grundsätzlich länger zum Regenerieren.“ Sie denke jetzt über eine Reha-Maßnahme nach. Letztlich sei sie aber „froh, nicht schlimmer erkrankt und Corona relativ gut überstanden zu haben“.

Zur Impfung gehen, um die Pandemie in den Griff zu kriegen

Angesichts der vielen Menschen, die die Corona-Infektion nicht überleben, mache das einen auch demütig „und man ist dankbar für die Familie und Freunde, die die schwere Zeit mitgemacht, die mich unterstützt und die mir mentale Kraft gegeben haben“. Jetzt mit ihren Lieben wieder Weihnachten feiern zu können, darauf freue sie sich ganz besonders. Und ob sie einen Weihnachtswunsch hat? „Ich möchte selbst nie wieder an Corona erkranken“, sagt Birgit Dusza. Dieser Wunsch gelte freilich auch für Angehörige und Freunde. Das Virus sei aber noch da, mutiere fleißig, „so dass es auf jeden weiterhin ankommt, sich impfen zu lassen, um die Pandemie im neuen Jahr in den Griff zu bekommen“.